1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Mehrere Frauen in Schlüsselpositionen im britischen Kabinett

6. Juli 2024

Der neue britische Premierminister Keir Starmer hat die ersten Ministerposten besetzt. Er ernannte Rachel Reeves zur ersten Finanzministerin des Landes und Angela Rayner zur Vize-Premierministerin.

https://p.dw.com/p/4hxbt
Der neue britische Premier Keir Starmer und seine Stellvertreterin Angela Rayner
Der neue britische Premier Keir Starmer und seine Stellvertreterin Angela Rayner (Archivbild)Bild: Paul Ellis/AFP/Getty Images

Kurz nach seinem Amtsantritt hat der neugewählte Premierminister Keir Starmer mit der Aufstellung seines Ministerteams begonnen. Einige Schlüsselpositionen im Vereinigten Königreich vertraute er Frauen an. So ernannte er Angela Rayner zu seiner Stellvertreterin und Rachel Reeves zur ersten Finanzministerin des Landes. Yvette Cooper soll das Innenministerium führen und Shabana Mahmood das Justizministerium.

Reeves hatte bei der Parlamentswahl in Großbritannien am Donnerstag ihren Wahlkreis gewonnen. Die neue Schatzkanzlerin arbeitete früher als Volkswirtin bei der Bank of England und gilt aus ausgewiesene Wirtschaftswissenschaftlerin. Die 45-Jährige wurde in der Labour Party 2021 zur Verantwortlichen für Finanzpolitik bestimmt. Reeves wird dafür verantwortlich sein, die strengen Haushaltsregeln von Starmers Labour-Partei einzuhalten und zugleich einige Steuererhöhungen durchzusetzen. Dazu gehört, Steuerschlupflöcher für wohlhabende Ausländer und Privatschulen zu schließen sowie die Übergewinnsteuer für Öl- und Gaskonzerne auszuweiten, um Starmers Pläne zu finanzieren.

Die neue britische Schatzmeisterin Rachel Reeves
Sie übernimmt das Schatzamt: Rachel Reeves Bild: Jack Hill/The Times Ceo Summit/PA Media/dpa/picture alliance

Rayner wird Vize-Regierungschefin

Mit Angela Rayner, die seit 2020 stellvertretende Labour-Chefin ist, übernimmt eine weitere Frau ein wichtiges Regierungsamt. Die 44-Jährige ist neue stellvertretende Premierministerin und zudem als Ministerin zuständig für die schwierigen Themen Wohnungsbau sowie "Levelling Up" - damit ist die Angleichung der Lebensverhältnisse im Land gemeint. 

Yvette Cooper muss sich als Innenministerin vor allem darum kümmern, die hohe Zahl irregulärer Migranten über den Ärmelkanal zu senken. 

David Lammy soll als Außenminister und John Healey als Verteidigungsminister fungieren. Lammy, dessen Vorfahren Sklaven aus dem südamerikanischen Guyana waren, will das Vereinigte Königreich wieder der EU annähern, ansonsten sind keine großen Änderungen in der Außenpolitik unter Labour zu erwarten. Lammy und Healey übernehmen ihre Posten in einer Zeit zweier Kriege. Sie haben bereits angekündigt, die Ukraine im Konflikt mit Russland weiter zu unterstützen und auf einen Waffenstillstand im Gazastreifen zu drängen.

Der neue Außenminister David Lammy
David Lammy übernimmt das Außenministerium in LondonBild: Maja Smiejkowska/REUTERS

Wes Streeting wurde zum Gesundheitsminister ernannt und übernimmt damit ein Ressort, das sich um den angeschlagenen Nationalen Gesundheitsdienst (NHS) kümmern wird. Ed Miliband, der frühere Vorsitzende der Labour-Partei, wurde zum Klima- und Energieminister ernannt. Bridget Phillipson soll als Bildungsministerin fungieren.

Erdrutschsieg für Labour

Die Labour Party hatte bei der Parlamentswahl am Donnerstag 412 der 650 Sitze im Unterhaus und damit 210 mehr als bei der letzten Abstimmung gewonnen. Mit dem überlegenen Sieg erreichte die Partei beinahe ihr Rekordergebnis von 1997 unter Tony Blair, als sie 418 Mandate gewonnen hatte. Die regierenden Tories verloren 244 Mandate und erhielten nur noch 121. Das ist nach 14 Jahren an der Macht das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte.

Labour-Chef Starmer wird neuer britischer Premier

Starmer löste am Freitag den ehemaligen Investmentbanker Rishi Sunak ab, der seit Oktober 2022 Regierungschef war. Er ist der erste Premier, der bei einer Parlamentswahl nicht im Amt bestätigt wurde. Sunak kündigte umgehend seinen Rücktritt als Parteivorsitzender an.

Der neue sozialdemokratische Premier kündigte an, seine Regierung werde "Großbritannien wieder aufbauen", indem sie "in jeder Gemeinde Wohlstand schaffen" werde. Kurz zuvor hatte König Charles III. den 61-jährigen Starmer zum neuen Premierminister ernannt. Der neuen britischen Regierung stehen nicht zuletzt innenpolitisch gewaltige Aufgaben bevor. Die Bevölkerung leidet unter dem maroden öffentlichen Dienstleistungssektor, gestiegenen Preisen und ist der leeren Versprechen der Politiker überdrüssig geworden. Auch die Mängel beim staatlichen Gesundheitsdienst NHS, bei dem Patienten oft Monate auf Arzttermine oder eine Operation warten müssen, spielten im Wahlkampf eine wichtige Rolle. Jenseits dieser vielen Baustellen hat Starmer nach den skandalerfüllten Jahren der Tory-Regierungen eine Rückkehr zu politischer Integrität als Ziel ausgegeben.

Hilfszusage für Kiew

In seinem ersten Telefonat mit US-Präsident Joe Biden hat der neue Premier die "uneingeschränkte" Unterstützung seines Landes für die Ukraine im Krieg gegen Russland zugesichert. Die beiden Staatenlenker hätten "ihr unerschütterliches Engagement für die Ukraine" bekräftigt und der Premier habe betont, "dass das Vereinigte Königreich die Ukraine uneingeschränkt unterstützt", erklärte Starmers Büro. Die beiden Politiker werden nächste Woche beim NATO-Gipfel in Washington aufeinandertreffen. Biden hatte Starmer zuvor zum haushohen Wahlsieg gratuliert.

Aus für Ruanda-Deal?

Am ersten Tag seiner Amtszeit hat Starmer einem Zeitungsbericht zufolge den umstrittenen Plan der Vorgängerregierung für Abschiebungen nach Ruanda gestoppt. Das Vorhaben sei "effektiv tot", berichtet der "Telegraph" unter Berufung auf Insider. Der Labour-Politiker hatte den Schritt im Vorfeld der Parlamentswahl angekündigt. In den vergangenen Jahren sind Zehntausende Migranten nach Großbritannien gekommen. Oft nehmen sie den riskanten Weg über den Ärmelkanal in kleinen Booten. Ein Gesetz der konservativen Vorgängerregierung sah vor, dass alle illegal Eingewanderten nach Ruanda geschickt werden sollten. Das afrikanische Land sollte im Gegenzug Geld von London erhalten.

kle/pg (rtr, afp, dpa)