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Problem-Beziehung

17. August 2009

Früher waren sie Bruderländer vereint in der Sowjetunion, heute verbinden sie hauptsächlich Konflikte. Jetzt hat der russische Präsident Medwedew ein Machtwort gesprochen, das international für Aufsehen gesorgt hat.

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Medwedew vor einer Russischen Flagge (Foto: dpa)
Russlands Präsident Medwedew (Archivfoto: Mai 2008)Bild: picture-alliance/ dpa

Ein Sonnenuntergang am Meer, am Horizont zieht ein Schiff vorbei: Vor dieser Kulisse hatte der russische Präsident Dmitrij Medwedew einen brisanten Auftritt. Auf dem Balkon seiner Sommerresidenz in Sotschi erklärte er am Dienstag (11.08.2009) vor laufenden Kameras, dass er der politischen Führung der Ukraine einen Brief mit unerfreulichem Inhalt geschickt habe. "Die Spannungen zwischen Russland und der Ukraine übertreffen das erträgliche Maß: Als das georgische Regime von Saakaschwili Südossetien angegriffen hat, hat die Führung in Kiew eine antirussische Position eingenommen. Mit ukrainischen Waffen wurden friedliche Bürger und russische Friedenssoldaten getötet", sagte Medwedew. Außerdem vertreibe man in der Ukraine die russische Sprache aus den Medien, aus der Kultur, aus der Wissenschaft.

Russland übt seinen Einfluss aus

Eine Uhr an einer Gasleitung (Foto: dpa)
Im Januar 2009 bekam Europa den Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine zu spürenBild: picture-alliance/ dpa

Medwedew sieht viele Belege für einen antirussischen Kurs der Ukraine. Das Verhalten des Landes im Gasstreit, ein Verzerren der gemeinsamen sowjetischen Geschichte und vor allem der Konflikt um den Hauptstützpunkt der russischen Schwarzmeerflotte auf der zur Ukraine gehörenden Halbinsel Krim.. Zwar darf die Flotte den Stützpunkt bis 2017 behalten, doch die Ukraine wies vor kurzem den für die Flotte zuständigen russischen Diplomaten aus. Das brachte für Russland das Fass zum Überlaufen: Medwedew entschied, den neuen russischen Botschafter in der Ukraine erst einmal nicht zu entsenden.

Das sei mit einem Abbruch diplomatischer Beziehungen vergleichbar, sagt Wiktor Misien, Experte für Internationale Beziehungen an der Moskauer Universität MGIMO. Der allgemeine Ansatz der russischen Politik sei klar: "Russland hat auf der Welt wieder an Einfluss gewonnen und macht anderen Ländern klar, dass es gewisse Linien gibt, die niemand übertreten darf. Und wenn das geschieht, reagiert man - so wie jetzt Medwedew - sehr grob darauf."

Einstige Freunde werden zu Gegnern

Zwei Männer gehen mit ausgestreckten Händen aufeinander zu (Foto: AP)
Die Beziehungen der beiden Staaten sind belastet (Archivfoto: Juni 2008)Bild: AP

Im Schacht der U-Bahnstation Kiewskaja in Moskau erinnern folkloristische Mosaike mit ukrainischen Bauern und Arbeitern an die einstige Freundschaft zwischen Russland und der Ukraine - ein Relikt aus Sowjetzeiten. Heute sinkt das Ansehen der Ukraine in Russland: Laut einer Umfrage des unabhängigen Lewada-Zentrums standen 2001 noch 71 Prozent der Russen der Ukraine positiv gegenüber - heute sind es nur 44 Prozent.

Präsident Medwedew rief nun sogar das ukrainische Volk auf, bei den Präsidentschaftswahlen im Januar 2010 eine neue Führung zu wählen - und nicht den ukrainischen Präsidenten Wiktor Juschtschenko zu bestätigen. Russland hätte sich in diesen Wahlkampf nicht einmischen sollen, sagt Wiktor Misien von der Moskauer Universität. "Aber für die Beziehungen unserer Länder ist eine neue Führung in der Ukraine wichtig. Die muss verstehen: Ohne gute Beziehungen zu Russland hat die Ukraine keine große Zukunft - weder politisch noch wirtschaftlich."

Spätestens der Auftritt von Medwedew hat gezeigt: Russland und die Ukraine streiten um viel mehr als nur ums Gas.

Autorin: Mareike Aden
Redaktion: Julia Kuckelkorn