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Medien-Monitoring in Belarus: Opposition kommt nicht zu Wort

16. Februar 2006

Der Belarussische Journalistenverband hat eine Studie zur Wahlkampf-Berichterstattung in den belarussischen Medien vorgelegt. Die Ergebnisse zeigen: Lukaschenko ist allgegenwärtig, alternative Kandidaten kommen kaum vor.

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Aleksandr Milinkewitsch, der gemeinsame Kandidaten der Opposition, wird meist negativ dargestellt

Im Prinzip ist Kritik an der Staatsmacht in Belarus fast unmöglich, denn die Opposition kommt nicht zu Wort. Das geht aus der vom Belarussischen Journalistenverband veröffentlichten Studie zur Wahlkampf-Berichterstattung in den belarussischen Medien hervor. In den Nachtrichten des Fernsehsenders ONT kamen die Gegner von Präsident Aleksandr Lukaschenko im Zeitraum einer Woche zwischen zehn und 15 Sekunden vor, Lukaschenko hingegen eine halbe Stunde. Die staatlichen Medien nutzen jeden Anlass, um etwas Positives über den Präsidenten zu berichten. Kritik an ihm kommt überhaupt nicht vor.

Positives Lukaschenko-Bild

Die Studie über die Wahlkampf-Berichterstattung in den belarussischen Medien basiert auf den Ergebnissen eines Monitorings, das zwischen dem 28. Januar und dem 10. Februar durchgeführt wurde. Die Verfasser der Studie betonen, dass in den staatlichen Medien ein positives Bild von Präsident Lukaschenko dominiert. Alternative Kandidaten kommen praktisch nicht vor. Einige Medien machen für den gemeinsamen Kandidaten der Opposition, Aleksandr Milinkewitsch, jedoch eine Ausnahme.

"Böser Milinkewitsch"

In dem vom ersten Kanal des Staatsfernsehens ausgestrahlten Film "Satanisches Imperium" von Jurij Asarenok werden die USA als Land bezeichnet, in dem "offen der Satan verehrt" wird. Zu Beginn des Films wird Milinkewitsch gezeigt, worauf eine Stimme sagt: "Sie sind bereit... wie Lakaien jeden Wunsch der Regierung jenes Landes zu erfüllen."

Insgesamt, so die Autoren der Studie, wird die Opposition in einer nicht personalisierten Form dargestellt, vor allem in einem negativen oder sehr negativen Licht. Ihr böses Image wird mit Medieneffekten geschaffen. Beispielsweise schreibt der Chefredakteur der Zeitung "Sowjetskaja Belorussija" und Mitbegründer der Zeitung "Presidentskaja administrazija", Pawel Jakubowitsch: "Ich werde das Gefühl nicht los, dass Milinkewitsch trotz seines respektablen Aussehens ein gefährlicher Mann ist."

Wenn der Präsident küsst

Noch vor der offiziellen Registrierung der Präsidentschaftskandidaten strahlte der Sender ONT ein weiteres Propaganda-Produkt aus. Auf einem ihrer Konzerte sagte die Sängerin Ilona Bronewizkaja vor ihrem Publikum: "Ich hatte das Glück und die Ehre auf der Bühne des Slawischen Bazars zu stehen. Es kam Aleksandr Grigorjewitsch [Lukaschenko]. Er überreichte uns Blumen und küsste uns. Mein Gott, ein richtiges Beben erfasste mich! Hoch lebe Belarus!"

Schweigen beim Staatsfernsehen

Der Parlamentsausschuss für Menschenrechte und Medien wollte sich zu den Ergebnissen des Monitorings nicht äußern. Der Deutschen Welle wurde lediglich mitgeteilt, beim Ausschuss seien zwei Vertreter für Pressefragen zuständig, von denen einer gerade nicht da und der andere beurlaubt sei. Der Vorsitzende des Ausschusses sei ebenfalls im Urlaub. Versuche, herauszufinden, wie die Belarussische Fernseh- und Radiogesellschaft die Studie bewertet, schlugen ebenfalls fehl. Die Pressestelle lehnte jegliche Stellungnahmen ab. Es gelang nur, die Meinung des Sekretärs der Zentralen Wahlkommission, Nikolaj Losowik, herauszufinden. Er betrachtet die Berichterstattung in den staatlichen Medien über Lukaschenko nicht als Wahlkampf-Werbung.

Jelena Danejko, Minsk
DW-RADIO/Russisch, 15.2.2006, Fokus Ost-Südost