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PolitikKenia

Massiver Widerstand gegen Steuergesetz in Kenia

21. Juni 2024

In Kenia will die Regierung die Steuern erhöhen. Doch seit Tagen protestieren Tausende gegen ein entsprechendes Gesetz. Nun ist ein junger Demonstrant an einer Schussverletzung gestorben.

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Ein Demonstrant in Nairobi läuft vor einer Tränengaswolke davon
Die Polizei setzt in Nairobi Tränengas gegen Demonstrierende einBild: TONY KARUMBA/AFP/Getty Images

Bei den Demonstrationen gegen das Steuergesetz im ostafrikanischen Kenia ist ein 24-jähriger Mann seinen Verletzungen erlegen. Er hatte am Donnerstagabend an den Protesten in Nairobi teilgenommen, mit denen Tausende im ganzen Land die Parlamentsdebatte und -abstimmung über das umstrittene Steuergesetz begleiteten. Nach Angaben eines Anwalts der Familie hatte der Mann eine Schussverletzung am Bein durch die Polizei erlitten und war an den Folgen des massiven Blutverlusts gestorben, nachdem er mehr als 20 Minuten keine medizinische Versorgung erhalten hatte.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International teilte mit, allein in der Hauptstadt Nairobi seien bei den Protesten mindestens 200 Menschen verletzt worden. Dies liege unter anderem am Einsatz von Tränengas. Überdies sollen mehr als 100 Personen festgenommen worden sein.

Ein Demonstrant versucht sich in Nairobi mit einem Regenschirm gegen Wasserwerfer zu schützen
Ein Demonstrant versucht sich in Nairobi mit einem Regenschirm gegen Wasserwerfer zu schützenBild: LUIS TATO/AFP/Getty Images

Leere Staatskasse

Am frühen Donnerstagabend hatte das Parlament mit einer Mehrheit von knapp zwei Dritteln für das umstrittene Gesetz gestimmt. Zur Begründung für das Steuergesetz verwies die Regierung von Präsident William Ruto auf die Notwendigkeit, die leere Staatskasse zu füllen und die Abhängigkeit Kenias von ausländischen Krediten zu verringern.

Seit Dienstag protestieren vor allem junge Menschen im ganzen Land gegen das Vorhaben. Sie koordinieren ihre Proteste unter den Hashtags #OccupyParliament und #RejectFinanceBill2024. Auch in kleineren Städten gingen Hunderte auf die Straße. Etliche Demonstrierende wurden im Lauf der Woche festgenommen. In der Hauptstadt Nairobi setzte die Polizei Tränengas und Wasserwerfer ein.

Wasserwerfer gegen Demonstrierende in der kenianischen Hauptstadt
Wasserwerfer gegen Demonstrierende in der kenianischen HauptstadtBild: LUIS TATO/AFP/Getty Images

Anfang Juni hatte die katholische Bischofskonferenz des Landes gewarnt, dass Steuererhöhungen zahlreiche Kenianer verarmen ließen. Nyeris Erzbischof Anthony Muheri betonte, dass die Menschen "nicht mehr atmen" könnten. Der Staat müsse andere Einnahmequellen finden.

Erste Zugeständnisse der Regierung

Angesichts des Widerstandes hatte die Regierung bereits am Dienstag Abschwächungen ihres Vorhabens bekannt gegeben. Unter anderem soll die ursprünglich geplante Mehrwertsteuer auf Brot in Höhe von 16 Prozent doch nicht eingeführt werden. An anderen Steuererhöhungen hält die Regierung jedoch fest. Die Protestierenden fordern im Gegenzug, dass das Gesetzvorhaben komplett gekippt wird.

Viele Kenianer befürchten angesichts der Gesetzesnovelle eine kaum mehr zu bewältigende Steigerung der ohnehin schon hohen Lebenshaltungskosten, während Unternehmer und Geschäftsleute deutliche Einbußen angesichts zurückgehender Kaufkraft erwarten.

Eine aufgebrachte Menschenmenge wendet sich in Nairobi gegen Steuererhöhungen
Eine aufgebrachte Menschenmenge wendet sich in Nairobi gegen SteuererhöhungenBild: SIMON MAINA/AFP/Getty Images

Sie habe "Angst" um ihre Zukunft, sagte die 26-jährige Demonstrantin und Arbeitssuchende Ivy der Nachrichtenagentur AFP. "Dieses Gesetz darf nicht verabschiedet werden. Es wird uns vernichten. Wir haben keine Arbeit. Wir können nicht einmal Geschäfte eröffnen, wir können in diesem Land nichts machen", sagte sie.

Kenia gilt mit seinen etwa 58 Millionen Einwohnern eigentlich als Wirtschaftsmotor Ostafrikas. Die Weltbank prognostiziert bis 2026 eine durchschnittliche Wachstumsrate von 5,2 Prozent. Die Armutsrate lag 2023 bei 35,1 Prozent und hat sich im Vergleich zum Vorjahr kaum verändert.

kle/sti (kna, dpa, epd, afp)