Manipulationen in Berliner Herzklinik
22. August 2014Der Manipulationsskandal des Deutschen Herzzentrums Berlin (DHZB) scheint handfest zu sein. Die Klinik hat möglicherweise dafür gesorgt, dass ihre Patienten bei der Vergabe des lebenswichtigen Organs gegenüber Patienten anderer Kliniken bevorzugt wurden.
Zwischen 2010 und 2012 sollen Patienten hochdosierte herzstärkende Medikamente bekommen haben, ohne dass dies ausreichend medizinisch begründet wurde, wie der Berliner "Tagesspiegel" und die "Berliner Zeitung" berichten. Solche Mittel werden verschrieben, wenn der Gesundheitszustand der Patienten sehr kritisch ist und die Mittel signalisieren, dass die Patienten wahrscheinlich nicht mehr lange leben werden. So sollen Patienten auf der bundesweiten Warteliste für Organspenden bessere Positionen eigenommen und eher ein Spenderherz erhalten haben.
Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung
Berlins Gesundheitssenator Mario Czaja sei informiert worden. Das Klinikum erstattete Selbstanzeige. DHZB-Sprecherin Barbara Nickolaus bestätigte, das Zentrum habe Ermittlungen veranlasst. Nun prüfe die Staatsanwaltschaft Berlin den Verdacht der fahrlässigen Tötung.
Am 1. April soll eine Kommission, die nach dem Organspende-Skandal 2012 in Göttingen eingesetzt wurde, bei einer Überprüfung der Organtransplantationen im Herzzentrum auf Auffälligkeiten in neun Fällen gestoßen sein. Im Juli forderte die Kommission dann die Akten von 19 weiteren Patienten an. Insgesamt soll es sich dem Bericht nach um etwa 30 Patienten handeln, denen eine Oberärztin hohe Dosen bestimmter Medikamente verschrieben haben soll.
Bundesweit zu wenige Organspenden
Dies wäre ein Skandal für das international renommierte Herzzentrum. Denn durch diesen Betrug wären Patienten anderer Kliniken, die dringender ein neues Organ benötigt hätten, benachteiligt worden und womöglich während des Wartens verstorben. Deswegen ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen fahrlässiger Tötung.
Der Chefmediziner der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO), Axel Rahmel, ist besorgt, dass die Vorwürfe einen Einfluss auf die Organspenderzahlen haben könnte. "Jede Organspende kann nach wie vor Menschenleben retten", sagte er der Nachrichtenagentur DPA. Es sei für das Vertrauen der Bevölkerung aber unerlässlich, dass das Organ auch den Empfänger erreicht, für den es nach den Regularien vorgesehen ist.
Die bundesweite Warteliste für Herztransplantationen soll garantieren, dass gespendete Herzen nur nach medizinischer Notwendigkeit vergeben und nicht gegen hohe Geldsummen verkauft werden. Denn die Konkurrenz um Spenderorgane ist groß. In Deutschland warten 10.000 schwer kranke Menschen auf das lebensrettende Spenderorgan. Alle acht Stunden stirbt nach Angaben des DSO einer von ihnen, weil ein geeignetes Organ nicht rechtzeitig zur Verfügung steht. Allein im Jahr 2013 standen bundesweit nur 867 Organspender bereit - Tendenz sinkend. Das ist eine Folge des Organspende-Skandals 2012. Dort kam ans Licht, dass zwei Mediziner der Göttinger Universitätsklinik Akten gefälscht und eigene Patienten beim Empfang von Spenderlebern bevorzugt haben sollen. In den folgenden Monaten wurden Manipulationen bei der Organvergabe in weiteren Krankenhäusern bekannt.
pab/ sti (KNA, dpa)