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ReiseEuropa

Mallorca: Schluss mit lustig

16. Juli 2020

Nachdem deutsche Partyurlauber auf Mallorca die Hygieneregeln missachtet hatten, greift die Balearen-Regierung hart durch.

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Spanien Mallorca Coronavirus Urlaub Tourismus
Bild: DW/J. Martiny

Tomeu Mestres ist den Tränen nahe. Der Inhaber des Restaurants San Siro an der Playa de Palma hat soeben erfahren, dass er sein Lokal für zwei Monate schließen muss. "Das ist doch absurd", sagt der Mallorquiner, "völlig schwachsinnig". Am Wochenende hatten in der ein paar hundert Meter entfernten "Bierstraße" Dutzende deutsche Touristen auf den Terrassen der dortigen Lokale eine Freiluftparty gefeiert, ohne die auf Mallorca geltenden Hygieneregeln einzuhalten: Niemand trug Atemschutzmasken, niemand hielt den Sicherheitsabstand ein, wie auf Fotos zu sehen war. "Aber das ist doch nicht unser Fehler", sagt Mestres. "Wir haben hier bei uns immer alle Regeln respektiert."

Werbetafel mit der Aufschrift "So.. nimmt das kein gutes Ende", Mallorca
Werbekampagne der Stadt Palma gegen SaufexzesseBild: DW/J. Martiny

Selbst im fernen Deutschland hatten die Bilder der dicht gedrängten Urlauber für Wirbel gesorgt. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn sagte: "Wir müssen sehr aufpassen, dass der Ballermann nicht ein zweites Ischgl wird." Das wiederum führte auf der Insel zu hektischen Reaktionen und zur Schließung einer Reihe von Lokalen an der Playa de Palma sowie in der Hauptvergnügungszone in der britischen Urlauberhochburg Magaluf. Auch dort hatten sich einige feierwütige Touristen daneben benommen. "Wir dürfen nicht zulassen, dass unser Image im Ausland wegen des Fehlverhaltens einiger weniger leidet", sagte der balearische Tourismusminister in einer Pressekonferenz am Mittwochmittag. "Unsere Botschaft ist: Die Balearen sind ein sicheres Reiseziel."

Die monatelange Corona-Ausgangssperre in Spanien hat die Insel besonders hart getroffen. Eben erst hatte der internationale Tourismus wieder etwas Fahrt aufgenommen, von dem Mallorcas Wirtschaft abhängig ist. Ein Großteil aller Arbeitnehmer ist in dem Sektor beschäftigt. "Das schlechteste, was uns jetzt passieren kann, ist ein größerer Infektionsherd", sagte Ministerpäsidentin Francina Armengol. Das Geschäft mit den Urlaubern soll nun wenigstens in den verbleibenden Sommermonaten reibunglos laufen.

Leerer Strand in der Hochsaison, Mallorca
Kein Gedränge und viel Platz: An den Stränden von Mallorca ist die Welt in OrdnungBild: DW/J. Martiny

Das Schmuddelimage wäre man gerne los

Das erklärt die drastische, mit Gewerkschaften und Unternehmerverbänden abgestimmte Reaktion der Regierung. Dass nicht etwa nur die Wirte in der "Bierstraße" mit der Schließung ihrer Lokale bestraft werden, sondern auch Leute wie Tomeu Mestres, liegt daran, dass sich sein Restaurant in der sogenannten "Schinkenstraße" befindet – beide Straßen gelten gleichermaßen als wichtigste Ausgehmeilen am "Ballermann", dem bei vielen deutschen Urlaubern so beliebten Partystrand vor den Toren Palmas. Der sommerliche Trubel dort ist den Verantwortlichen in der Balearen-Regierung seit langer Zeit ein Dorn im Auge. Das schmuddelige Image einer billigen Saufdestination wäre man nur allzu gerne los. Dass es im San Siro keine zügellosen Besäufnisse, sondern ganz zivilisiert Tapas zu essen gibt, half Tomeu Mestres nicht weiter. Es ist ein Kollateralschaden.

Spanien Palma de Mallorca | Coronavirus | Touristen
Dichtes Gedränge am Wochenende auf der "Bierstraße" - das wird es so vorerst nicht mehr gebenBild: picture-alliance/dpa/M. Wrobel/Birdy Media

Die Wirte auf der "Bierstraße" wiederum werben in einer gemeinsamen Erklärung um Verständnis. Man wolle den Touristen ihren Urlaub einfach trotz der schwierigen Bedingungen so schön wie möglich gestalten. "Ok, es standen mal ein paar zu viele Leute auf der Straße und es hatte vielleicht auch nicht jeder eine Maske an, aber wo ist das bitte nicht so?", heißt es in der Mitteilung. Auch in anderen Gegenden an der Playa de Palma sei es zu Verstößen gegen die Hygieneregeln gekommen.

Tatsächlich ist der "Ballermann" viel mehr als nur diese beiden Straßen, in denen sich insgesamt noch nicht einmal ein Dutzend Lokale befinden. Im Umkreis von wenigen hundert Metern können Urlauber in zahllosen anderen Bars, Cafés und Restaurants einkehren. Wie etwa im Münchner Kindl. Hier informiert eine Papptafel gleich am Eingang die Gäste über die Hygieneregeln. "Nicht tanzen, sitzen bleiben", steht da. Und: "Spaß haben erlaubt." Manager Marcel Kortboyer kennt Mallorcas Problem-Klientel seit 20 Jahren. "Die jungen Leute trinken viel und vergessen dann irgendwann ihre gute Erziehung."

"In jedem deutschen Biergarten ist das Gedränge größer"

Auch die beiden jungen Männer aus Frankfurt, die etwas verloren in der verrammelten "Bierstraße" stehen, sind zum Party machen gekommen. "Dann gehen wir eben woanders hin", sagen sie. "Es gibt ja noch genug Auswahl." Dass sie sich auf der Insel mit dem Corona-Virus anstecken könnten, glauben sie nicht, auch wenn beide vorschriftsmäßig eine Maske tragen. "Es geht hier total entspannt zu", sagen sie. "Da ist in jedem deutschen Biergarten das Gedränge größer." Tatsächlich ist von ausgelassener Partystimmung selbst am späten Abend nichts zu spüren. Die allermeisten Leute sitzen vollkommen gesittet an ihren Tischen. "Kein Wunder", sagt Marcel Kortboyer vom Münchner Kindl: "Man hat ja jetzt gesehen, dass die Regierung ernst macht. Das schreckt ab."

Ein Wirt auf Mallorco hält ein Schild mit Hygieneregeln in der Hand
Marcel Kortboyer nimmt es genau mit den HygieneregelnBild: DW/J. Martiny

Tomeu Mestres hat derweil die Gitter vor seinem Tapas-Lokal heruntergelassen. In der Anrichte liegen noch Unmengen Tortillas, Gambas schwimmen in Knoblauchöl, die Miesmuscheln in Tomatensauce. "Das kann ich jetzt alles wegwerfen", sagt er und schüttelt den Kopf. Elf Mitarbeiter, die er gerade erst nach dem Ende der mehrmonatigen Ausgangssperre wieder voll beschäftigt hatte, muss er nun wieder entlassen. Seine einzige Hoffnung ist, dass die erneute Zwangspause für ihn vielleicht doch etwas kürzer ausfällt als angedroht.

Jonas Martiny -  Travel Online-Autor
Jonas Martiny Reporter, Korrespondent