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Madrid Open: Ein umstrittenes Turnier

Mathias Brück
12. Mai 2023

Die Madrid Open wurden von Vorwürfen über Sexismus und von Ungleichbehandlung der Geschlechter überschattet. Die besten Tennisspielerinnen der Welt haben ihre Empörung zum Ausdruck gebracht.

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Coco Gauff (l.) und Jessica Pegula sitzen auf der Bank neben einem Tennisplatz
Coco Gauff (l.) und Jessica Pegula sind erzürnt über ihre Ungleichbehandlung in MadridBild: Oscar J. Barroso/ZUMA Wire/IMAGO

"Ich weiß nicht, in welchem Jahrhundert alle lebten, als sie diese Entscheidung trafen oder ein Gespräch führten und beschlossen: 'Wow, das ist eine großartige Entscheidung, und es wird keine Gegenreaktion geben'." Zwei Tage nachdem die WTA-Tennisspielerin Jessica Pegula und ihre Doppelpartnerin Coco Gauff bei den Madrid Open das Doppelfinale verloren hatten, war die Enttäuschung und Wut noch allzu präsent. Mit dem Ergebnis hatte das allerdings nichts zu tun. Nachdem die Trophäen an das Siegerpaar Victoria Azarenka und Beatriz Haddad-Maia sowie die Zweitplatzierten Gauff und Pegula überreicht worden waren, warteten die Spielerinnen auf ihre üblichen Siegesreden.

Sie lächelten und hielten ihre Trophäen vor den versammelten Fotografen hoch, aber es war kein Mikrofon in Sicht. Pegula sagte, sie habe während eines kontroversen Turniers in Madrid Spannungen hinter den Kulissen gespürt und "geahnt, dass so etwas passieren würde". Sie hatte jedoch nicht damit gerechnet, dass die Organisatoren den Spielerinnen  die Ansprache an die Menge verweigern würden.

Ein gefährlicher Präzendenzfall

"Ich habe noch nie in meinem Leben gehört, dass wir nicht miteinander sprechen können", sagte Pegula. "Es sprach für sich selbst. Wir waren verärgert als das passierte und uns während der Zeremonie gesagt wurde, dass wir nicht sprechen dürfen. Das hat uns irgendwie bestätigt."

Die Folgen der Entscheidung wurden deutlich, als Coco Gauff ihre Frustration darüber zum Ausdruck brachte. Für Gauff stellt der Vorfall einen gefährlichen Präzedenzfall für die Zukunft dar. "Ich habe viele Finals, also geht es nicht darum", sagte sie gegenüber Reportern. "Es geht mehr um das Prinzip dahinter, damit so etwas Frauen zukünfig nicht mehr passieren kann und ihnen diese Chance genommen wird." 

Es wird davon ausgegangen, dass die WTA-Vertreter erst Mitte des Doppelfinales über die Entscheidung informiert wurden, den Spielerinnen den Zutritt zum Mikrofon zu verweigern, so dass sie keine Gelegenheit hatten, zu reagieren. Die Finalisten des Herrendoppels und der beiden Einzelturniere durften dagegen nach ihren jeweiligen Matches sprechen.

Die Turnierorganisatoren haben zwar keine Angaben dazu gemacht, warum die vier Spielerinnen nicht zu Wort kamen, doch waren den Ereignissen am Sonntag Vorwürfe über Sexismus und Geschlechterungleichheit während der gesamten zweiwöchigen Veranstaltung vorausgegangen. Ein Teil der Kritik bezog sich auch auf die unterschiedliche Größe der Siegerkuchen, die den männlichen und weiblichen Einzelsiegern überreicht wurde.  

Die aus Weißrussland stammende Aryna Sabalenka erhielt nach ihrem Sieg im Damenfinale eine einstöckige Torte, während der Sieger im Herreneinzel, Carlos Alcaraz, eine mehrstöckige Torte überreicht bekam, die von mehreren Personen für einen Fototermin hochgehalten werden musste. Fans und Spielerinnen waren wütend über die Optik der beiden Fotos, was viele dazu veranlasste, das Turnier als frauenfeindlich zu bezeichnen.

Ballmädchen in kurzen Röcken

Die zweimalige Grand-Slam-Siegerin Azarenka meldete sich nach dem Vorfall auf Twitter zu Wort und deutete an, dass die unterschiedlichen Kuchengrößen die Behandlung der beiden Geschlechter durch das Turnier widerspiegelten. "Die Behandlung könnte nicht eindeutiger sein", schrieb sie. Die Madrid Open, die weithin als eines der wichtigsten und prestigeträchtigsten Turniere außerhalb der vier Grand Slams gelten, sorgten zudem mit ihrer umstrittenen Entscheidung, Ballkinder durch Models in freizügigen und feminisierenden Outfits zu ersetzen, für weitere negative Schlagzeilen.

Bei den Spielen der Männer auf dem Hauptplatz wurden ausschließlich Ball-Mädchen eingesetzt, die kurze Faltenröcke und knappe Oberteile trugen, während die jüngeren Mädchen und Jungen auf den Außenplätzen traditionellere Kleidung trugen. 

Eine Form sexistischer Gewalt

Die spanische Staatssekretärin für Gleichstellung, Soledad Murillo, hat die Turnierleitung daraufhin kritisiert und erklärt, die Einführung von Models trage dazu bei, "eine eindeutige Diskriminierung von Frauen zu schüren, die als einfache Dekorations- und Unterhaltungsobjekte erscheinen". Die Sprecherin des spanischen Verbands für Frauen im Profisport, Pilar Calvino, sagte über die Kleiderordnung: "Letztlich handelt es sich um eine Form von sexistischer Gewalt, die so weit verbreitet ist, dass die Menschen sie nicht einmal bemerken."

Tennisprofi Carlos Alcaraz geht durch ein Spalier von Ballkindern auf den Tennis-Platz
Siegte im Männerwettbewerb der Madrid Open: der Spanier Carlos AlcarazBild: Laurent Lairys/PanoramiC/IMAGO

Nach dem Eklat wurden die Outfits für das Finale der Männer zwischen dem Spanier Carlos Alcaraz und dem Deutschen Jan-Lennard Struff geändert. Die Ballmädchen trugen dreiviertellange Röcke.

Pegula, die Mitglied des WTA Player's Council ist, hofft, dass sich die Ereignisse bei den Madrid Open nicht wiederholen werden. "In diesem Jahr gab es in Madrid eine Menge Drama wegen verschiedener Dinge, es gab eine Menge Spannungen und es wurde immer schlimmer", sagte sie. "Bei all dem Drama geht es letztlich darum, Lösungen zu finden. Das darf nicht wieder passieren - das muss geändert werden."

Der Text wurde aus dem Englischen adaptiert.