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Literatur

Made in Germany: Hommage an Lucky Luke

Nadine Wojcik
3. Mai 2019

Seit mehr als 70 Jahren reitet Lucky Luke durch den Wilden Westen. Noch nie wurde er dabei von einem Deutschen gezeichnet. Wie man in derart legendäre Cowboystiefel schlüpft, erzählt Zeichner Mawil im DW-Interview.

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Comic Lucky Luke sattelt um
Bild: Lucky Comics, 2019. By Mawil

Deutsche Welle: In "Lucky Luke sattelt um" haben Sie den Westernhelden erstmalig vom Pferde- auf den Fahrradsattel umsteigen lassen. Ein ungewöhnliches Gefährt für einen Cowboy.

Mawil: Ich bin ein großer Fahrrad-Fan. In meinen Geschichten steckt immer etwas von dem, was mir selbst Spaß macht. Ich fahre in Berlin jeden Tag rund eine Stunde Fahrrad, habe mit meinem Diamant-DDR-Rad auch eine Fahrradtour durchs Baltikum und eine Mountainbike-Tour durch die Berge von Georgien und Aserbaidschan hinter mir. Meine Lucky-Luke-Hommage ist sozusagen eine Liebeserklärung an dieses Verkehrsmittel. Ich denke, die Welt wäre ein besserer Ort, wenn mehr Menschen mehr Fahrrad fahren würden.

Gemeinsam mit Lucky Luke erfährt der Comic-Leser bei einer rasanten Fahrt quer durch den Wilden Westen, wie das moderne Rad die damaligen Hochräder ablöste. Dabei stellen Sie die früheren US-amerikanischen Fahrradhersteller Pope und Overman einander als knallharte Konkurrenten gegenüber. Eine wahre Geschichte?

So, wie ich sie darstelle, sicherlich nicht. Ich habe die Geschichte von modernen Fahrrädern recherchiert und bin auf mehrere Hersteller in den USA gestoßen.

Selbstportrait von Mawil mit mittellangen braunen Haare, Stoppelbart und Brille (Copright: Mawil).
Selbstportrait von Mawil, 2018

Pope war historisch gesehen der größte und Overman einer der ersten, der eine Lizenz für die Herstellung von Rädern hatte. Der Rest - die Jagd nach dem Prototyp durch den Wilden Westen, der unfreiwillige Stop am Indianer-Marterpfahl, das Fahrradrennen in San Francisco - sind ausgedacht.

So machte es übrigens auch Lucky Lukes Erfinder Morris. Er bediente sich an historischen Personen wie beispielsweise den Daltons (Bankräuber und Pferdediebe im Wilden Westen, Anmerkung d. Red.) und entwickelte daraus seine eigenen Figuren.

Dabei hat Lucky Luke nicht nur mit Ganoven und Indianern zu kämpfen...

Ich habe einige Fahrrad-Ärgernisse der Neuzeit untergebracht. Zum Beispiel das häufige Problem, dass man sein Rad im Zug nicht mitnehmen darf. Die Bahngesellschaft kommt in meiner Geschichte nicht gut weg. Ich bin aber ein Fan der Institution Deutsche Bahn und deren Schaffner; meine Hommage ist eher der Chefetage gewidmet, die nur an Profit denkt.

Vor mehr als 70 Jahren schuf Morris den einsamen Cowboy, der schneller als sein Schatten schießt. Sicherlich keine leichte Aufgabe, in diese Cowboy-Stiefel zu schlüpfen?

Am Anfang hatte ich einen Riesen-Respekt, nicht nur vor dem Erbe, sondern auch, weil es das erste Mal war, dass ich eine Figur zeichnete, die nicht meine eigene Erfindung ist. Aber dann habe ich einfach angefangen - ich musste ja schließlich irgendwann fertig werden.

Bei meinem Comic handelt es sich um eine Hommage, die insgesamt dritte Hommage, zuvor hatten zwei französische Zeichner jeweils eine gezeichnet. Das heißt, ich musste mich nicht so wie die bisherigen Nachfolge-Zeichner genau an die Vorgabe halten, wo jedes Ohr und jede Hand genauso wie das Original aussieht.

Rund ein Jahr saßen Sie an den mehr als 600 Einzelbildern. Wie gingen Sie dabei vor, um nicht den Überblick zu verlieren?

Das Schwerste für mich war erstmal, eine Idee zu haben. Als dann die Geschichte mit dem Fahrrad stand, musste ich mir eigentlich nur noch lustige Sachen rund ums Fahrradfahren ausdenken, diese auf die Spitze treiben - und in den Wilden Westen transformieren. Als erstes setze ich mich dafür ans Storyboard. Dafür schrieb ich alle Gags auf, die mir so eingefallen sind und brachte sie in eine Dramaturgie.

Dann zeichnete ich alle Seiten, so wie sie später im Buch aussehen sollten, grob vor. Für Außenstehende kaum zu verstehen; da sieht man nur Strichmännchen in irgendwelchen Kästchen. In dieser Zeichenphase passiert es sehr oft, dass ich etwas ändere, Kästchen ausschneide und auf die nächste Seite klebe. Erst wenn für mich der Rhythmus des Storyboard stimmt, mache ich mich an die Reinzeichnungen.

Zeichnung von Mawil zeigt einen Zeichner, der über einen Scheibtisch voll von Notizen und Zettel gebeugt ist (Copyright: Mawil).
Mawil bei der Arbeit, Selbstportrait

Reine Handarbeit?

Ja, bei mir sind alle Zeichnungen per Hand und am liebsten mit Bleistift. Eigentlich nutzen die meisten Bleistift nur für die Vorzeichnung und ziehen die endgültige Linie mit einem Fine-Liner nach. Bei mir ist auch die endgültige Linie aus Bleistift, weil ich diese lebendige, kratzige Linie so mag. Und dann scanne ich alle Einzelbilder ein und füge die Farben am Rechner ein.

Auf eine Hommage an einen der bekanntesten Comic-Helden kann man sich sicherlich nicht einfach so bewerben. Wie kamen Sie zu dieser Ehre?

Ich hätte mir das selbst nie zugetraut - der Verlag kam auf mich zu. Die haben natürlich keine Anzeige geschaltet, sondern mich unter vier Augen gefragt, ob ich mir das vorstellen könnte. Sie kannten bereits meine vorherigen Bücher und haben mir das anscheinend zugetraut.

Ein Ritterschlag für einen Comic-Autor?

Ja klar. Schon als Kind war ich Comic-Fan. Ich bin im Osten aufgewachsen, da gab es nicht so viele, und ich habe alles verschlungen, was mir in die Hände kam. Manche Comics habe ich nachgezeichnet, unter anderem auch Lucky Luke. Damals hätte ich mir nie träumen lassen, dass ich selbst einmal so ein offizielles Buch veröffentlichen würde.

Cover Comic Lucky Luke sattelt um
Bild: Lucky Comics, 2019. By Mawil

Lucky Luke sattelt um. Hommage 3 - by Mawil.  Egmont Comic Collection ist seit 2. Mai 2019 auf dem Buchmarkt.

Markus Witzel alias Mawil ist ein Berliner Comic-Zeichner. Er zeichnet für zahlreiche Magazine, zudem arbeitet er als Illustrator für Tageszeitungen und war unter anderem auch als Zeichner für ein Musikvideo der Band "Wir sind Helden" tätig. Mawils Geschichten sind oftmals autobiografisch und porträtieren einen liebenswerten Verlierer. Für seinen rund 300-Seiten-Comic "Kinderland" über  die Kindheit in der DDR erhielt er 2014 den Max-und-Moritz-Preis in der Kategorie "Bester deutschsprachiger Comic". "Lucky Luke sattelt um" erscheint zunächst nur in deutschsprachiger Ausgabe.