Machtwechsel in Kirgisistan offiziell vollzogen
16. April 2010Eine Woche nach dem blutigen Volksaufstand im zentralasiatischen Kirgisistan hat der gestürzte Präsident Kurmanbek Bakijew seinen Rücktritt erklärt und sich ins benachbarte Kasachstan abgesetzt. Wie die Chefin der Übergangsregierung, Rosa Otunbajewa, in der Nacht zum Freitag (16.04.2010) in Bischkek mitteilte, erhielt sie eine entsprechende Erklärung Bakijews.
Nach Angaben des Kreml hatte Russland die Ausreise organisiert. Präsident Dmitri Medwedew habe das Verteidigungsministerium in Moskau angewiesen, zur Entspannung der Lage entsprechende Schritte einzuleiten. Wie die Aufständischen in Kirgisistan hatte auch Medwedew Bakijew Korruption und Vetternwirtschaft vorgeworfen. Scharfe Kritik kam ebenso vom Moskauer Regierungschef Wladimir Putin.
Gefahr eines Bügerkriegs gebannt
Der 60-jährige Bakijew hatte sich gut eine Woche nach dem Volksaufstand, bei dem mehr als 80 Menschen getötet und rund 1600 verletzt wurden, im Süden Kirgisistans mit schwer bewaffneten Leibwächtern verschanzt. Kasachstan, das als erste Ex-Sowjetrepublik derzeit den Vorsitz in der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) innehat, bezeichnete Bakijews Aufnahme als Beitrag zur Stabilität in ganz Zentralasien.
Die kirgisische Übergangsregierung unter der pro-westlichen Politikerin Rosa Otunbajewa drängte seit Tagen auf eine Lösung des Schicksals von Bakijew. Beobachter befürchteten bis zuletzt, dass sein Verbleib im Land zu einem Bürgerkrieg führen könnte.
Obama und Medwedew als Strippenzieher
Die OSZE teilte mit, die politische Lösung in Kirgisistan sei durch die Vermittlung von Medwedew und US-Präsident Barack Obama zustandegekommen. Das zentralasiatische Land hat große strategische Bedeutung, sowohl Russland als auch die USA unterhalten dort Militärstützpunkte. Zuvor hatte sich die internationale Gemeinschaft schon dazu bereiterklärt, die neue Führung um Otunbajewa wirtschaftlich, humanitär und politisch zu unterstützen. Das Hochgebirgsland ist völlig verarmt.
Erst mit dem Amtsverzicht des "blutigen Diktators", wie seine Kritiker ihn nennen, ist der Machtwechsel in Bischkek vollzogen. Der Staatschef hatte sich dazu bereiterklärt, im Gegenzug aber Sicherheitsgarantien verlangt. Otunbajewas Regierung sicherte Bakijew unmittelbar vor seinem Abflug überraschend wieder Immunität zu. Noch am Mittwoch hatte das Kabinett erklärt, ihn vor Gericht stellen zu wollen. Darauf wurde - nach Beratungen mit westlichen Sondergesandten - jedoch verzichtet. Unklar ist derzeit, ob Bakijew in Kasachstan bleiben wird. Auch das autoritär regierte Weißrussland hatte ihm Asyl angeboten.
Autor: Stephan Stickelmann (dpa, rtr, apn, afp)
Redaktion: Martin Schrader