1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Machtkampf bei Europas Sozialisten?

Christian F. Trippe30. Januar 2013

Den europäischen Sozialdemokraten droht ein Machtkampf um die Spitzenkandidatur für die Europawahl 2014. Der Präsident des Europa-Parlaments, Martin Schulz, könnte Konkurrenz aus den eigenen Reihen bekommen.

https://p.dw.com/p/17U7f
die dänische Regierungschefin Helle Thorning-Schmidt (rechts) und der Präsident des Europaparlaments, Martin Schulz (Foto: AP()
Bild: dapd

Bisher galt der SPD-Politiker Martin Schulz, derzeit Präsident des Europa-Parlaments, als einziger Anwärter für die Spitzenkandidatur. Nun erwarten führende Sozialdemokraten, dass auch die dänische Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt (im Artikelbild zusammen mit Schulz) antreten könnte. "Dann haben wir eben eine Kampfabstimmung", heißt es in der sozialistischen Fraktion in Brüssel.

Der Kampf um den ersten Listenplatz bei den Europawahlen ist politisch brisant, weil damit eine Vorentscheidung über die Nachfolge von EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso fallen könnte. Das Europa-Parlament wird im Sommer 2014 neu gewählt, kurz darauf endet Barrosos Amtszeit. Die großen europäischen Parteifamilien – Sozialisten, Konservative und Liberale – wollen ihre jeweiligen Spitzenleute zugleich als Kandidaten für den Posten des mächtigen Kommissionspräsidenten aufstellen.

Der Generalsekretär wiegelt ab

"Das Verfahren ist noch gar nicht eröffnet", wiegelt der Generalsekretär der Europäischen Sozialisten (PSE), Achim Post, ab. Denn die PSE will die Top-Position erst auf einem Parteitag im Februar 2014 besetzen. Doch hinter den Kulissen galt der Deutsche Martin Schulz seit langem als gesetzt. Hannes Swoboda – österreichischer Sozialdemokrat, Fraktionschef im Europa-Parlament und enger Vertrauter von Schulz – forderte nun vor Journalisten, dass der Bewerber auf jeden Fall aus der Eurozone kommen müsse.

Das aber würde eine mögliche Kandidatur von Thorning-Schmidt torpedieren, da Dänemark die Gemeinschaftswährung nicht eingeführt hat. In Kopenhagen werden die Spekulationen um einen Wechsel der Ministerpräsidentin nach Brüssel heruntergespielt. Das sei zwar "keine Überraschung", erklärt ein Mitarbeiter der dänischen Regierung auf DW-Anfrage, Thorning-Schmidt habe aber "keine politischen oder persönlichen Ambitionen" auf ein hohes EU-Amt. Die von Thorning-Schmidt geführte Mitte-Links-Regierung kämpft seit Monaten mit miserablen Umfragewerten. Die Opposition in Dänemark argwöhnt, die Regierungschefin wolle sich Richtung Europa davonstehlen.

Auch die EVP streitet

Auch bei Europas Konservativen und Christdemokraten, die sich in der Europäischen Volkspartei (EVP) zusammengeschlossen haben, ist die Diskussion um die Spitzen-Kandidatur entbrannt. In Medienberichten wurde zuletzt der polnische Premier Donald Tusk als heißer Kandidat genannt. Aus der EVP-Fraktion wurde Christine Lagarde ins Spiel gebracht, derzeit Chefin des Internationalen Währungsfonds in Washington.

In einem sind sich die politischen Lager in Brüssel einig: Durch die Nominierung von Spitzenkandidaten soll die Europa-Wahl zu einer echten Richtungsentscheidung werden und den Trend umkehren: Seit Jahren sinkt die Wahlbeteiligung; zuletzt, 2009, lag sie europaweit bei beschämenden 43 Prozent. Soll der Wahlkampf aber mit Spitzenkandidaten geführt werden, dann – so die Hoffnung – bringe das auch wieder Bürger an die Wahlurne.

Politisch betritt das Europa-Parlament damit Neuland, rechtlich steht das ganze auf schwankendem Boden. Doch die Abgeordneten sehen jetzt die Chance, die EU insgesamt zu politisieren. Was auch das Machtgerangel um die Spitzenkandidatur erklärt.