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Möglichkeiten der Strahlentherapie

9. September 2013

Über die Möglichkeiten der Strahlentherapie und die Grenzen der Apparatemedizin ein Gespräch mit Prof. Volker Budach, Strahlenmediziner, Klinikum Charité Berlin.

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DW: Herr Budach, die konventionelle Strahlenmethode wird bei 60% aller Krebspatienten angewendet. Sie selbst wenden diese Methode bei Ihren Patienten auch an. Wie erfolgreich ist die konventionelle Strahlentherapie?

Volker Budach: Die konventionelle Strahlenmethode hat in den letzten 20 Jahren enorme Fortschritte gemacht, besonders durch die technische Weiterentwicklung, durch die präzisere Strahlenplanung und auch durch die bildgebenden Verfahren. Heute sind wir mit der konventionellen Strahlenmethode auf einem sehr hohen Niveau.

In Heidelberg gibt es eine neue Maschine, die eine andere Art der Strahlentherapie ermöglicht. Was sind die Vorteile?

Die liegen vorwiegend in der Physik. Die Strahlen dieser neuartigen Maschine haben die Eigenschaft, dass sie in einer bestimmten Tiefe sozusagen gegen die Wand gefahren werden können. Innerhalb weniger Millimeter kann die Dosis von 100 auf 0 gesenkt werden. So bekommt das Normalgewebe direkt hinter dem Tumor praktisch überhaupt keine Strahlenbelastung mehr ab.

Durch diese neue Methoden wird gesundes Gewebe demnach viel weniger beansprucht?

So ist es.

Was gibt es noch für Vorteile?

Es gibt natürlich durch diese Wenigerbeanspruchung des gesunden Gewebes weniger Zweittumoren. Zweittumoren sind Turmoren, die durch die Strahlen selbst ausgelöst werden. Und zwar im bestrahlten Gewebe bei niedriger Dosis im Bereich 2-3% nach 10-30 Jahren. Deshalb ist diese Methode auch besonders für Kinder geeignet.

Bei der konventionellen Methode könnten nach mehreren Jahren also Zweittumoren auftreten - bei der neuen Therapie kommt das eher weniger vor?

So ist es, weil weniger normales Gewebe belastet wird.

Es gibt viele unterschiedliche Krebstypen. Für welche Patienten kommt diese neue Therapie überhaupt in Frage?

Wie gesagt, bei Tumoren bei Kindern, außderdem bei Erwachsenen immer dann, wenn der Tumor und das Risiko-Organ, zum Beispiel der Sehnerv, die Blase, der Enddarm, der Dünndarm oder Lungenstrukturen in unmittelbarer Nähe geschont werden müssen. Wenn also ein steiler Dosisabfall zwischen dem Tumor und dem Normalgewebe erwünscht ist.

Welche Nebenwirkungen erwartet man von dieser neuen Therapie?

Im Prinzip sind die Nebenwirkungen bei der Schwerionen- und Protonen-Therapie eher geringer einzuschätzen. Man muss gewisse Prinzipien der Feldanordnung beachten, weil prinzipiell ein Protonenstrahl zu mehr Hautbelastungen führt als ein normaler, ultraharter Röntgenstrahl. Aber das kann man wunderbar handhaben.

Schauen wir in die Zukunft. Diese neue Therpie ist sehr teuer - allein der Bau der Maschine in Heidelberg kostete 120 Millionen Euro. Wird sich diese Technologie wirklich durchsetzten, auch in weniger entwickelten Ländern?

Das bezweifle ich stark. Gerade diese Großanlagen wie in Heidelberg sind sicherlich nicht zukunftsträchtig. Es gibt neue Entwicklungen bei den großen Firmen der Stahlentherapie, die kompakte Geräte entwickeln. Diese sind wahrscheinlich in den nächsten 5-10 Jahren marktreif. Mit diesen Maschinen kann man in jedem großen Universitätsklinikum oder auch Krankenhaus 400-500 Patienten im Jahr behandeln. Das Preisniveau liegt hier bei 20-30 Millionen Euro.