Luka Modric: Geliebt und gehasst
12. Juli 2018"Luka Modric ist der Beste in der Geschichte des kroatischen Fußballs", sagt einer, der es wissen muss, schließlich trug er selbst einmal diesen Stempel. Robert Prosinecki, früher ein Star im Mittelfeld von Roter Stern Belgrad, Real Madrid und dem FC Barcelona und 1998 mit Kroatien WM-Dritter, ist ein Fan des aktuellen Stars der Kroaten.
Wie Prosinecki verneigen sich in diesen Tagen auch andere Größen der "Goldenen Generation" Kroatiens vor dem kleinen Modric - und das nicht erst, seitdem der Mittelfeldregisseur sein Land ins WM-Finale gegen Frankreich geführt hat (Sonntag, 17.00 Uhr MESZ, ab 16:00 Uhr im DW-Liveticker). Das Turnier in Russland könnte Modrics Meisterstück werden und seinem Namen - obschon er mit Real Madrid bereits viermal die Champions League gewann - nun endgültig Weltruf verleihen.
Gleichzeitig legt sich ein Schatten über den genialen Mittelfeldspieler: Der kommt aus der kroatischen Heimat und hat mit dem Fußball-Paten des Landes, Zdravko Mamic, zu tun. Anfang Juni wurde Mamic, der jahrelang Präsident des kroatischen Serienmeisters Dinamo Zagreb war, in erster Instanz zu einer Haftstrafe von sechseinhalb Jahren verurteilt. Der Vorwurf: Gemeinsam mit Komplizen soll Mamic bei Spielertransfers mehr als 15 Millionen Euro unterschlagen und rund 1,6 Millionen Euro an Steuern hinterzogen zu haben. Zwei weitere Verfahren warten noch - es geht um Betrug, Untreue und Geldwäsche.
Verdacht der Falschaussage
Eine zentrale Figur bei den schmutzigen Geschäften Mamics ist Modric, auch dessen Nationalmannschaftskollege Dejan Lovren vom FC Liverpool ist verwickelt. Beide wechselten für viel Geld von Dinamo Zagreb ins Ausland - Modric 2008 für 21 Millionen Euro zu Tottenham Hotspur, Lovren 2010 für acht Millionen zu Olympique Lyon. Das kroatische Gericht war überzeugt davon, dass Mamic persönlich von diesen Transfers profitiert hat. Er hatte mit beiden Profis Verträge abgeschlossen, die ihm jeweils 20 Prozent der Einkünfte einbringen sollten. Allerdings ist unklar, ob diese Vereinbarungen mit den Spielern vor oder nach den Transfers geschlossen wurden.
Modric und Lovren mussten vor Gericht dazu aussagen - und beide verstrickten sich in Widersprüche. Modric behauptete zunächst, die Vereinbarung sei nach dem Transfer unterschrieben worden, später widerrief er die Aussage und behauptete das Gegenteil. Nun muss er sich wegen des Verdachts der Falschaussage verantworten. Im schlimmsten Fall könnte der 32-Jährige wegen Meineids ins Gefängnis wandern.
Hoher Aufstieg - tiefer Fall?
Wegen seiner Verbindungen zum Mamic-Clan und dessen Verbrechen wird Modric in seiner Heimat von Teilen der Anhänger regelrecht gehasst. In Modrics Heimatstadt Zadar wurden Plakate mit Schmähungen aufgehängt, an der Fassade des Hotels, in dem Modric mit seiner Familie während des Bürgerkriegs Unterschlupf gefunden hatte, war zu lesen: "Luka, an diesen Tag wirst du dich noch erinnern." Bei der WM verweigerten einige kroatische Fans den Jubel, als Modric im ersten Gruppenspiel gegen Nigeria einen Foulelfmeter verwandelte, und hielten stattdessen T-Shirts mit dem durchgestrichenen Konterfei Mamics hoch.
Modric selbst konzentriert sich auf Fußball. Ein Journalist, der es zu Beginn der WM wagte, Kroatiens Starspieler nach der Korruptionsaffäre in der Heimat zu fragen, wurde vom Befragten zusammengestaucht. Er habe wohl lange recherchiert, beschimpfte Modric den Reporter: "Das hier ist eine WM, nur darum geht es", giftete er.
Tatsächlich haben die bisher bei der WM gezeigten Leistungen viele kroatische Fans wieder versöhnt, aber es bleibt ein fader Beigeschmack. Man weiß nicht recht, ob man demjenigen zujubeln soll, der möglicherweise alle so ge- und enttäuscht hat. Sollte Modric auch den nächsten Schritt machen und Kroatiens Team tatsächlich als Weltmeister aus Russland zurückkehren, sein Heldenstatus würde wohl noch einmal anwachsen. Umso höher wäre aber auch das Podest, von dem er stürzen würde, sollte der Prozess negativ für ihn ausgehen.