Lufthansa Biosprit
12. Januar 2012Mit dem Flug einer zum Teil mit Bio-Kerosin betankten Boeing 747 von Frankfurt nach Washington beendet die Lufthansa am Freitag (13.01.2012) einen Praxistest, der im Juli 2011 begonnen hatte. Genau 1187 Mal flogen Maschinen der größten deutschen Fluggesellschaft mit Biosprit zwischen Frankfurt und Hamburg. Dadurch konnte die Lufthansa nach eigenen Angaben insgesamt 1500 Tonnen Kohlendioxid (CO2) einsparen. Beim Flug nach Washington allein sollen 38 Tonnen des klimaschädlichen Treibhausgases gespart werden.
Der Test war aus Sicht der Lufthansa erfolgreich. "Der Biokraftstoff hat sich als alltagstauglich erwiesen", sagte Joachim Buse, der als Vizepräsident für das Projekt verantwortlich ist.
Dass Lufthansa und andere Airlines nach Alternativen zu normalem Kerosin suchen, hat nicht zuletzt wirtschaftliche Gründe. Seit Anfang 2012 verpflichtet die Europäische Union alle Fluggesellschaften, für Flüge von und nach Europa Emissionsrechte in Form von CO2-Zertifikaten nachzuweisen. Mit anderen Worten: Je mehr CO2 bei einem Flug anfällt, desto teurer wird es für die Airlines.
Nicht genügend Biosprit
Trotzdem wird die Lufthansa ihren Test mit Biosprit beenden und ihre Maschinen weiter mit normalem Kerosin betanken. Denn im Moment gibt es einfach nicht genügend Bio-Kerosin.
Für den Kraftstoff braucht man zum einen Biomasse, im Fall der Lufthansa sind das Pflanzenöle, aber auch Schlachtabfälle. Doch es mangelt noch an Anlagen, um daraus Kerosin zu machen, sagt Arne Roth vom Bauhaus Luftfahrt, einer Ideenschmiede der Luftfahrtindustrie mit Sitz in München. "Das sind ja andere Raffinerien als die, die bei der Biodieselproduktion eingesetzt werden", so Roth.
Erst wenn genügend Raffinerien in Betrieb sind, kann "in näherer Zukunft" auch "eine gewisse Menge Biokraftstoffe" in Flugzeugen eingesetzt werden. Wie viel genau, hängt auch vom Preis ab. "Es muss sich natürlich von den Kosten her decken", so der Forscher.
Umweltorganisationen dagegen kritisieren den Einsatz von Biosprit in der Luftfahrt. "Landwirtschaftliche Flächen sind weltweit einfach knapp", sagt etwa Gesche Jürgens von Greenpeace. Man müsse sich entscheiden, ob Lebensmittel oder Biosprit angebaut wird. "Wenn wir uns für Lebensmittel entscheiden, brauchen wir neue Flächen für den Biosprit. Und dafür werden meistens dann wieder Wälder abgeholzt oder Flächen genutzt, die dann auf Kosten der Natur gehen", so Jürgens.
Lebensmittel oder Treibstoffe?
Um das zu vermeiden, will die Lufthansa nur Biosprit einsetzen, dessen Nachhaltigkeit durch Zertifikate beglaubigt ist. "Wir werden den Praxiseinsatz erst fortsetzen, wenn wir nachhaltige und zertifizierte Rohstoffe in den erforderlichen Mengen sicherstellen können", so Projektleiter Busse.
Allerdings sei nicht allen Zertifikaten zu trauen, sagt Gesche Jürgens von Greenpeace. "Man muss da genau hinsehen und fragen: Bringen diese Zertifizierungssysteme etwas oder spiegeln sie nur eine Scheinlösung vor? Und das ist leider bei den aktuellen Zertifizierungssystemen oft der Fall."
Noch grundsätzlicher ist die Kritik von Jürgen Schmid, Leiter des Fraunhofer Instituts für Energiesystemtechnik in Kassel. Das Argument, die Umwelt würde durch Biokraftstoffe entlastet, hält er für "Augenwischerei". Biomasse tauge zum Heizen von Gebäuden, nicht aber als Kraftstoff für Fahr- und Flugzeuge. "Wenn sie aus Biomasse Treibstoffe herstellen, dann haben sie am Ende der Umwandlung nur noch die Hälfte des Energieinhalts, der vorher in der Biomasse war", so Schmid. "Der Rest geht auf dem Pfad der sehr aufwändigen Umwandlung verloren."
"Normaler Sprit ist umweltfreundlicher"
Die Lufthansa betont, Bio-Kerosin spare gegenüber fossilen Brennstoffen rund 50 Prozent CO2 ein. Allerdings braucht man riesige Mengen an Biomasse, um eine Tankfüllung Kerosin zu ersetzen. Berücksichtigt man dann noch die weltweite Knappheit landwirtschaftlicher Flächen, so Schmid, zeige sich, dass Biokraftstoffe dem Klima meist mehr schaden als nützen. "Mit herkömmlichem Sprit würde man umweltfreundlicher fahren."
Vielversprechend seien neue Verfahren, die Strom aus Windanlagen in Treibstoffgas umwandeln können, so der Wissenschaftler.
Die Lufthansa jedenfalls scheint nichts überstürzen zu wollen. In den nächsten zwei Jahren wird sie die Erkenntnisse aus dem Test mit Biosprit erst einmal auswerten.
Autor: Andreas Becker / Insa Wrede
Redakteur: Henrik Böhme