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Literaturnobelpreis geht an Herta Müller

8. Oktober 2009

Die deutsche Schriftstellerin Herta Müller erhält in diesem Jahr den Nobelpreis für Literatur. Das Auswahlkomitee begründete seine Entscheidung mit der Reinheit der Dichtung, die ihren Werken innewohne.

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Herta Müller (l), verlässt mit einem Blumenstrauss in der Hand in Berlin ihre Wohnung und wird von Fotografen umringt (Foto: dpa)
Herta MüllerBild: picture-alliance/dpa

In der Würdigung des schwedischen Nobelpreis-Komitees heißt es, die in Rumänien geborene Herta Müller habe "mittels Verdichtung der Poesie und Sachlichkeit der Prosa Landschaften der Heimatlosigkeit" gezeichnet. Der Literaturnobelpreis ist mit zehn Millionen Kronen (1,09 Millionen Euro) dotiert und gilt als höchste internationale Auszeichnung für Literatur.

"Bei unserem Anruf war Herta Müller überglücklich. Sie ist ein Flüchtling aus ihrem eigenen Land", sagte Peter Englund, Chef der schwedischen Nobelpreis-Akademie. "Das Vergangene ist für sie immer lebendig. Als ich ihre Bücher gelesen habe, hat mich das innerlich erschüttert. Sie schreibt völlig ehrlich, mit einer unglaublichen Intensität. Sie schreibt auch als jemand aus einer Minderheit, völlig ohne Rücksicht auf sich selbst. Sie hat wirklich eine Geschichte zu erzählen. Und sie hat die sprachlichen Möglichkeiten dazu."

Übersetzt in mehr als 20 Sprachen

Müller ist eine Chronistin des Alltagslebens in der Diktatur, die ihre Kindheit in Rumänien als "Schule der Angst" durchlebt hat und davon in ihren Werken Zeugnis ablegt. Seit Anfang der 90er Jahre und der Übersetzung ihrer Werke in mehr als 20 Sprachen gehört Müller zu den wichtigen Autoren im internationalen Literaturbetrieb.

Das Lebenswerk der heute 56-jährigen Autorin zeugt von schmerzhaften Erinnerungen an eine düstere Vergangenheit unter dem Ceausescu-Regime in Rumänien, dem die im seinerzeit deutschsprachigen Banat geborene Autorin erst 1987 entkommen konnte, als sie zusammen mit ihrem damaligen Mann Richard Wagner nach Deutschland ausreiste. Müller verließ ihre Heimat nach Eingriffen der Zensur in ihr erstes Buch und wiederholten Verhören und Hausdurchsuchungen.

Zahlreiche Romane

Schon 1984 war im Westen ihr Erzählband "Niederungen" erschienen. Der später folgende Prosaband "Reisende auf einem Bein" entstand 1989 bereits in West-Berlin und spiegelt das Fremdsein in der neuen Heimat wider. Der Alltag in einem totalitären System ist Thema ihres Romans "Der Fuchs war damals schon der Jäger" (1992). "Herztier" (1994) beschreibt das Leben der Oppositionellen in Rumänien. 2003 veröffentlichte sie einen Essay-Band mit dem Titel "Der König verneigt sich und tötet" und 2005 die Text-Bild-Collagen "Die blassen Herren mit den Mokkatassen".

Müller erhielt bereits zahlreiche Auszeichnungen, darunter den Kleist-Preis, den Joseph-Breitbach-Preis, den Würth-Preis für Europäische Literatur und 2006 den Walter-Hasenclever-Literaturpreis. Seit 1995 ist Herta Müller Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung.

Mit ihrem aktuellen Roman "Atemschaukel" steht sie auch auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises, der in der kommenden Woche bei der Frankfurter Buchmesse verliehen wird.

Autor: Thomas Grimmer (dpa, ap, afp, epd)
Redaktion: Martin Muno