Zum Tod von Lina Wertmüller
9. Dezember 2021Zu ihrem Markenzeichen zählten die etwas schrägen Brillen. Von ihnen hatte sie mehrere tausend gesammelt. Auch sonst war die Frau mit den kurzen, weißen Haaren trotz ihrer nur 1,50 Meter Körpergröße eine auffällige Erscheinung. Als Regisseurin schrieb Lina Wertmüller im 20. Jahrhundert ein Stück Filmgeschichte.
Zusammenarbeit mit Fellini
In jüngeren Jahren arbeitete Wertmüller zunächst als Journalistin, Schauspielerin, Autorin, Bühnenbildnerin und Regieassistentin. Durch ihre enge Freundschaft mit dem Schauspieler Marcello Mastroianni und dessen Frau Flora Carabella kam sie zum Film. Carabella vermittelte sie 1963 als Regieassistentin für Federico Fellini zu den Dreharbeiten von "8½".
Im Jahr darauf entstand mit "Die Basilisken" der erste Film unter ihrer Regie. Er schildert das Leben im verarmten Süden Italiens - ein Motiv, das auch in ihren späteren Werken immer wieder auftaucht.
Für den Skandalfilm "Sieben Schönheiten" (1975) wurde sie als erste Frau überhaupt für den Oscar als beste Regisseurin nominiert. Es ist eine Groteske, in der ein neapolitanischer Kleinkrimineller versucht, im KZ zu überleben, indem er sich der unförmigen Lagerleiterin sexuell zur Verfügung stellt.
Zu ihren bekanntesten Filmen zählt "Liebe und Anarchie" (1973), in dem ein Verschwörer ein geplantes Attentat auf Diktator Benito Mussolini im Bordell verschläft.
Erfolg in Amerika
Kritiker warfen Wertmüller bisweilen Geschmacklosigkeiten vor oder auch das Bedienen von Italien-Klischees, aber das hat sie nie gestört. Fern der Heimat wurde sie in Amerika in den 1970er Jahren zur Kultfigur, man nannte sie "die Heilige von New York". Sie selbst bezeichnete sich einmal als eine "geniale Idiotin".
Ihre Vielseitigkeit bewies Wertmüller auch als Opernregisseurin und brachte 1992 eine Neuinszenierung von Georges Bizets "Carmen" zur Eröffnung der Münchner Opernfestspiele auf die Bühne. Nach der Jahrtausendwende wurde es etwas ruhiger um die große Künstlerin.
Ende Oktober 2019, da war sie 91, wurde ihr in Los Angeles der Ehren-Oscar für ihr Lebenswerk verliehen und sie bekam einen Stern auf dem Walk of Fame. "Ich habe ein ehrwürdiges Alter, ich weiß, aber ich schaue in die Zukunft. Ich habe so viele Projekte, dass ich bis 130 weitermachen könnte."
Italiens Kulturminister Dario Franceschini würdigte Lina Wertmüller am Donnerstag. Ihr "klassischer und unverwechselbarer Stil" habe den italienischen Film geprägt. "Grazie Lina".
pl/ack (dpa/ape)