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Internationaler Lichtkunstpreis 2015

Sabine Oelze22. Januar 2015

Die UNESCO hat 2015 zum Jahr des Lichts erklärt. Passend dazu wurde zum ersten Mal der Internationale Lichtkunstpreis verliehen. Die Gewinner: das Kölner Künstlerduo Andreas Muxel und Martin Hesselmeier.

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Zentrum für internationale Lichtkunst in Unna Hesselmeier Muxel
Bild: www.frankvinken.com

Die beiden Künstler erhielten den mit 10.000 Euro dotieren Preis für ihr Werk "The Weight of Light" aus im Raum schwebenden LED-Bahnen. Die Festrede am Donnerstag (22.01.2015) Abend hielt der deutsche Philosoph und Autor Peter Sloterdijk. Der Besuch der preisgekrönten Lichtkunst von Andreas Muxel und Martin Hesselmeier führt zehn Meter unter die Erde. Bis 1979 wurden in den Kellern der ehemaligen Lindenbrauerei in Unna Bierfässer gelagert. Im Jahr 2001 verwandelte sich das unterirdische Labyrinth aus Kühlräumen, Lagerhallen, Gärbecken und Nebengängen in das "Zentrum für Lichtkunst". Noch immer weht der Geist der alten Industriearchitektur durch das Museum. Reste von Eisenschienen auf dem Boden erinnern daran, dass hier einst schwere Bierfässer rein- und rausgefahren wurden. In dem Kellerraum, in dem Andreas Muxel und Martin Hesselmeier ihren Beitrag für den Internationalen Lichtkunstpreis präsentieren, ist es dunkel und kalt. Die Rundungen der Gewölbedecke sind wie geschaffen für ihre Installation.

Zentrum für internationale Lichtkunst in Unna Hesselmeier Muxel
Preisgekrönte Installation: "The Weight of Light"Bild: Frank Vinken/Zentrum für Internationale Lichtkunst

Lichtexperimente im Dunkeln

Zwei Lichtstreifen hängen von der Decke. Sie haben die Form einer Sinus- bzw. einer Ko-sinuskurve. Heimwerker nutzen normalerweise solche Lichtstreifen, um damit indirektes Licht für ihr Zuhause zu schaffen. Denn die LED-Stripes sind so unscheinbar und flexibel, dass sie sich bequem hinter Spiegeln oder Möbeln verstecken lassen. Andreas Muxel und Martin Hesselmeier dienen sie für ihre Experimente mit der Schwerkraft von Licht. Zwei Lichtpunkte wandern die Spuren hin- und her. Immer spiegelverkehrt bewegen sie sich die Kurven hinauf und hinab. Mal stoppen sie. Es scheint, als würden sie von dem dumpfen Ton, der aus zwei Lautsprechern dringt, ferngesteuert. Andreas Muxel und Martin Hesselmeier haben ihre Installation, mit der sie für den International Light Award nominiert sind, "The Weight of Light", das Gewicht des Lichts, genannt.

Wie schwer ist das Licht?

"Was heißt schon Gewicht?", fragt Andreas Muxel. "Wir sprechen ganz bewusst nicht von Masse, sondern von Gewicht und das ist immer relativ". Schließlich verändere sich Gewicht je nach Aufenthaltsort. "Hier habe ich ein anderes Gewicht, als auf dem Mond", sagt er. Die Installation des Künstler-Duos Muxel und Hesselmeier hat zwei Leben: eins im Real- und eins im virtuellen Raum. Am Computer steuern die beiden Künstler die Geschwindigkeit, mit der sich das Licht in den beiden Sinuskurven mal nach unten, mal nach oben bewegt. So entsteht eine rhythmische Beziehung zwischen den beiden Lichtquellen. "Dadurch dass wir diese Welt noch mal in einem virtuellen System nachgebaut haben, können wir jederzeit diese Verhältnisse ändern. Wir können Schwerkraft umdrehen, wir können mehr oder weniger Schwerkraft herstellen. Genau diese Verhältnisse können wir ausloten, deshalb sprechen wir bewusst von der Masse des Lichts und nicht vom Gewicht des Lichts", sagt Martin Hesselmeier.

Erster Internationaler Lichtkunstpreis

Beim Internationalen Lichtkunstpreis geht es nicht um die ästhetische Qualität der Lichtquelle, sondern um die Art und Weise wie Licht als künstlerisches Mittel eingesetzt wird. Die Versuche, mit Licht und Schatten zu experimentieren, führen weit in die Kunstgeschichte zurück. Der Holländische Maler Rembrandt mit seinen Hell-Dunkel-Studien könnte durchaus als Lichtavantgardist durchgehen. Die Impressionisten mit ihrer Malerei unter freiem Himmel, die Kybernetiker, die Land-Art-Künstler – alle ihre Bemühungen münden im Einsatz der künstlichen Lichtquelle in der Kunst des letzten Drittels des 20. Jahrhunderts, wo zahlreiche Künstler mit Glühbirnen und Neonröhren experimentierten.

Aus Hirnströmen werde Licht

"Einen anderen Weg schlägt der Kölner Künstler Dirk Vollenbroich ein. Er war ebenfalls für den Internationalen Lichtkunstpreis nominiert. Er bezeichnet sich selbst als konzeptionellen Lichtkünstler. Die konzeptionelle Idee sei die Erleuchtung, sagt er mit einem Augenzwinkern. Seine Installation befindet sich im Nebenkeller von Muxel und Hesselmeier. Wer sie am eigenen Leib erfahren will, setzt sich ein Headset auf den Kopf, um seine Hirnströme lesen zu lassen. Mit einer Klemm-Elektrode am Ohrläppchen und einem Sensor an der Stirn können die Hirnstromwellen live gemessen und in Licht transformiert werden. Was sich nach Science Fiction-Fantasien anhört, funktioniert und sorgt sogar für einige "Wow-Effekte". Je nach Konzentrationsgrad des Probanden, wechselt die Farbe im Raum. Die grüne Farbe ist ein mittleres Konzentrationsmuster, blau bedeutet eine hohe Konzentration und rot Ablenkung. Mehrere Male in der Sekunde erfolgt die Abfrage über die Elektrodes.

Installation von Dirk Vollenbroich, Foto Frank Vinken
Rotes Licht bedeutet: Ablenkung. Dirk Vollenbroichs Installation reagiert auf die Hirnaktivitäten der Besucher.Bild: Frank Vinken/Zentrum für Internationale Lichtkunst

Grenzen der menschlichen Wahrnehmung

Die Erleuchtung", sagt Vollenbroich, "passiert aber erst, wenn man von dem hochkonzentrierten Bereich in einen meditativen Bereich gerät." Wer alle Phasen seiner Installation sehen möchte, schlägt sich allen Ballast und überflüssigen Gedanken aus dem Kopf und konzentriert sich nur auf eins: nichts zu denken. "Die Elektroden registrieren diese Veränderung. Ultraviolettes Licht erscheint." Nicht jedem sei diese Erfahrung vergönnt, sagt Vollenbroich. Doch wer sich darauf einlässt, dem gelingt es – wenn auch nur einen kurzen Augenblick lang – eine Galaxie als virtuelle Zeichnung an der Rückwand des Ausstellungsraums zu projizieren. Und das allein durch die Kontrolle der Gehirnströme. "Meditative Zustände des Gehirns sind messbar", lautet Vollenbroichs Fazit.

Konditioniert durch Ampeln

Der Chilene Iván Navarro, der als dritter Künstler für den Internationalen Lichtkunstpreis nominiert ist, erforscht den schmalen Grad von Ordnung und Abstraktion. Er beschäftigt sich mit gesellschaftlich geprägten Symbolen, die er außerhalb ihres vertrauten Kontextes präsentiert. "Traffic" ist ein Mobilé aus Verkehrsampeln, das den Raum abwechselnd in die Farben rot, gelb und grün färbt. Für Navarro ist die Ampel eine Lektion, mit deren Hilfe er mehr über die Konditionierung unseres sozialen Verhaltens erfahren will. Alle drei Künstler stellen zum ersten Mal ihre Arbeiten im Lichtkunstzentrum Unna aus. Wer die Erleuchtung sucht, findet sie mit ihrer Hilfe garantiert.

Installation von Iván Navarro, Foto Frank Vinken
Das Ampelsystem als Sinnbild sozialen Handelns: Der Chilene Iván Navarro stellt als 3ter Finalist im Lichtkunstzentrum aus.Bild: Frank Vinken/Zentrum für Internationale Lichtkunst