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PolitikEuropa

Von der Leyen als EU-Kommissionspräsidentin wiedergewählt

Veröffentlicht 18. Juli 2024Zuletzt aktualisiert 18. Juli 2024

Ursula von der Leyen kann eine zweite Amtszeit als Präsidentin der EU-Kommission antreten. Im Europaparlament erhielt die 65-Jährige die erforderliche absolute Mehrheit.

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Ursula von der Leyen im EU-Parlament
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen spricht zum EU-ParlamentBild: Jean-Francois Badias/AP/picture alliance

In ihrer Bewerbungsrede für eine zweite Amtszeit warb die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen für ein "starkes Europa" und setzte sich für einen entschlossenen Kampf gegen Demagogen und Extremisten ein. Europa könne nicht weltweit Diktatoren und Demagogen kontrollieren, sagte die CDU-Politikerin vor den Abgeordneten des EU-Parlaments. Aber es könne sich entscheiden, seine eigene Demokratie zu schützen und in die Sicherheit und Verteidigung dieses Kontinents zu investieren. Sie sei bereit, den Kampf mit allen demokratischen Kräften im Parlament anzuführen. "Ich werde niemals akzeptieren, dass Demagogen und Extremisten unsere europäische Lebensart zerstören", betonte sie.

Scharfe Kritik übte von der Leyen an der Moskau-Reise des ungarischen Regierungschefs Viktor Orban. Sein Besuch beim russischen Staatschef Wladimir Putin sei ein Entgegenkommen gegenüber einem Politiker, der einen Angriffskrieg gegen die Ukraine begonnen habe. "Diese sogenannte Friedensmission war nichts anderes als eine Appeasement-Mission", sagte sie unter Anspielung auf die britische Beschwichtigungspolitik gegenüber Adolf Hitler im Zweiten Weltkrieg.

Viktor Orban gibt Wladimir Putin in Moskau die Hand
Ein Aufregerthema in der EU: Der ungarische Regierungschef Viktor Orban besucht überraschend den russischen Präsidenten Wladimir Putin im KremlBild: Valeriy Sharifulin/SNA/IMAGO

Erstmals ein EU-Verteidigungskommissar?

Angesichts des russischen Angriffskriegs in der Ukraine sprach sie sich zudem dafür aus, eine "echte Europäische Union der Verteidigung" aufzubauen. Dafür müsse die EU mehr in ihre Sicherheit investieren. Es soll auch erstmals ein EU-Verteidigungskommissar ernannt werden. Die NATO bleibe allerdings der Pfeiler der europäischen Verteidigung.

Die CDU-Politikerin will auch neue Impulse bei der Verteidigung setzen. "Wir werden eine Reihe von Verteidigungsprojekten von gemeinsamem europäischem Interesse vorschlagen, beginnend mit einem europäischen Luftschutzschild und Cyberabwehr", heißt es in einem 31-seitigen Dokument, in dem sie ihre Vision für die zweite Amtszeit darlegt. Von der Leyen betonte weiter, man befinde sich in einer Zeit großer Angst und Unsicherheit. Sie sei aber überzeugt, dass ein starkes Europa den Herausforderungen gewachsen sei.

Neuer Wettbewerbsfonds geplant

Bei einer Wiederwahl will die EU-Spitzenpolitikerin die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft ins Zentrum ihrer Tätigkeit stellen. "Europa kann an seiner Herausforderung wachsen", sagte die Deutsche im Parlament. Dazu gehöre der Abbau von Bürokratie durch alle Kommissare der Brüsseler Behörde. Die Planungs- und Genehmigungsverfahren müssten zudem schneller werden. "Europa braucht mehr Investitionen." Ziel müsse es sein, private Gelder verstärkt anzulocken.

Von der Leyen kündigte einen neuen Wettbewerbsfonds an, ohne ein Volumen zu nennen. Er solle Teil des nächsten mittelfristigen Haushalts ab 2028 werden. Förderungen müsse es geben für Künstliche Intelligenz (KI), grüne Industrien und Biotechnologiefirmen.

Strategie für saubere Industrie

Im Fall ihrer Wiederwahl zur EU-Kommissionspräsidentin will Ursula von der Leyen in den ersten 100 Tagen der neuen Legislaturperiode eine Strategie für eine saubere Industrie in Europa vorlegen. Der "Clean Industrial Deal" werde Investitionen in Infrastruktur und Industrie kanalisieren, insbesondere für energieintensive Sektoren, sagte sie. "Dies wird zur Schaffung von Leitmärkten für alles von sauberem Stahl bis zu sauberen Technologien beitragen. Es wird die Planung, Ausschreibung und Genehmigung beschleunigen", so von der Leyen. Die Strategie solle auch dazu beitragen, die Energiekosten zu senken.

Die vergangene Legislaturperiode stand im Zeichen des sogenannten Green Deals, ein beispielloses Maßnahmen- und Gesetzespaket, das unter anderem für einen drastischen Rückgang der Treibhausgasemissionen sorgen soll. Der Deal umfasst neue Vorgaben in Bereichen wie Energie, Verkehr, Industrie oder Landwirtschaft.

Mehr Personal für Frontex

Zudem schlug von der Leyen einen Ausbau der Grenzschutzbehörde Frontex vor. Die Behörde mit Sitz in Warschau solle künftig 30.000 Beamte haben, erklärte die CDU-Politikerin in ihren am Donnerstag veröffentlichten Leitlinien für die kommenden fünf Jahre. Zuletzt waren 10.000 Beamte bis 2027 vorgesehen. Die Behörde soll nach von der Leyens Angaben zudem mit "modernster Überwachungstechnologie" ausgestattet werden. Sie schlug zudem ein "neues gemeinsames System zur Rückführung" von Einwanderinnen und Einwandern vor und erklärte, die Zusammenarbeit mit "Transit- und Herkunftsländern" vertiefen zu wollen.

EU: Von der Leyen hält Rede zur Lage der Union

Außerdem will die Kommissionspräsidentin weiter auf Abkommen mit Ländern des südlichen Mittelmeerraums setzen. Zuletzt hatte sie Vereinbarungen mit Tunesien und Ägypten geschlossen, damit Migranten nicht in die EU gelangen.

Entscheidende Abstimmung im Europaparlament 

Die Abgeordneten im Europaparlament stimmen am frühen Nachmittag über ein weiteres fünfjähriges Mandat für von der Leyen ab. Die 65-Jährige braucht eine absolute Mehrheit von 361 der 720 Stimmen. Die Fraktionen ihrer Europäischen Volkspartei (EVP), der Sozialdemokraten und der Liberalen haben sich bereits auf ihre Wiederwahl verständigt. Zusammen kommen sie auf 401 Stimmen. Unklar ist allerdings, wie viele Abweichler es bei der Abstimmung geben könnte.

Andererseits kann von der Leyen auch mit Stimmen von Grünen und aus Teilen des Rechtsaußen-Lagers rechnen. Zuvor war von der Leyen von den EU-Staats- und Regierungschefs für das Amt nominiert worden. Bei der geheimen Abstimmung im Parlament gibt es keinen Fraktionszwang. 2019 bekam von der Leyen bei ihrer Wahl gerade einmal neun Stimmen mehr als notwendig.

kle/se7fab (afp, rtr, dpa)