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Leipzig erinnert an Beginn der Revolution

9. Oktober 2009

Mit einem Festakt ist in Leipzig an die friedliche Revolution von 1989 erinnert worden. Bundespräsident Horst Köhler rief dazu auf, heute wie damals die Demokratie stetig zu verteidigen. Sie sei ein verletzliches Gut.

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Historische Luftaufnahme von Menschenmassen in Leipzig (Archivfoto: AP)
Leipzig am 9. Oktober 1989: 70.000 Menschen gingen auf die StraßenBild: AP

Anlass der Feierlichkeiten war der zwanzigste Jahrestag der ersten großen Montagsdemonstration in Leipzig. Am 9. Oktober 1989 waren rund 70.000 Menschen auf die Straßen gegangen. Die Demonstranten lehnten sich gegen die Staatsmacht auf und boten den Sicherheitskräften mit den Rufen "Wir sind das Volk" und "Keine Gewalt" die Stirn.

Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich, Bundespräsident Horst Koehler und Bundesanzlerin Angela Merkel (v. l.) bei der Gedenkfeier im Leipziger Gewandhaus (Foto: AP)
Erinnerten an den Freiheitswillen der Ostdeutschen vor 20 Jahren: Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich, Bundespräsident Horst Köhler und Bundeskanzlerin Angela Merkel (v. l.)Bild: AP

Bundespräsident Horst Köhler rief die Menschen bei einem Festakt im Leipziger Gewandhaus zur Verteidigung der Demokratie auf, denn sie sei kostbar und verletzlich. Köhler sagte: "Der 9. Oktober 1989 lehrt uns: Die Gesellschaft besitzt so viel Freiheit, Gerechtigkeit und Demokratie, wie sie sich täglich erkämpft." Der Bundespräsident rief dazu auf, die Demokratie stetig neu mit Leben zu erfüllen. Dafür gebe es zahlreiche Gelegenheiten in Bürgerinitiativen, im Sportverein, in der Kirchengemeinde, im Elternbeirat und in den Parteien. Der Bundespräsident warnte vor einer "Ohne-mich-Mentalität". Sie sei gefährlich. Wer Entscheidungen anderen überlasse, der überlasse auch seine Zukunft anderen.

Beginn der friedlichen Revolution

Der 9. Oktober sei ein besonderer Tag für Leipzig und alle Menschen in der ehemaligen DDR, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel, die selbst in Ostdeutschland aufwuchs. An diesem Tag habe die friedliche Revolution ihren Anfang genommen.

Friedensgebet in der Leipziger Nikolaikirche am 23. Oktober 1989 (Foto: AP)
Friedensgebet in der Leipziger Nikolaikirche am 23. Oktober 1989Bild: AP

Die Montagsdemonstrationen entwickelten sich damals aus den Friedensgebeten in der Leipziger Nikolaikirche. Sie hatten dort bereits seit Mitte der 1980er Jahre stattgefunden. Die erste Montagsdemonstration fand am 4. September 1989 statt, jedoch mit viel weniger Teilnehmern als am 9. Oktober. Bei der Kundgebung im September auf dem Nikolaikirchhof forderten die Demonstranten unter dem Eindruck der Massenflucht vieler DDR-Bürger vor allem Reisefreiheit. Die Staatssicherheit ging bei dieser und auch noch bei späteren Kundgebungen teilweise mit Gewalt gegen die Demonstrierenden vor, vor allem am 2. Oktober 1989 und auch während der Feierlichkeiten zum 40. Jahrestag der Gründung der DDR am 7. und 8. Oktober 1989.

Der Aufruf der "Leipziger Sechs"

Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung sagte am Freitag, der 9. Oktober 1989 habe die Verhältnisse im Osten Deutschlands unwiderruflich in Bewegung gesetzt. An diesem Tag hätten die Demonstranten unter anderem mit ihrem Ruf "Wir sind das Volk!" Geschichte geschrieben. "Diese Revolution war das Werk der vielen Unbekannten und Namenlosen, der einfachen Leute", sagte Jung.

Beim Festakt im Gewandhaus stand Stardirigent Kurt Masur am Pult. Er gehörte zu den sogenannten Leipziger Sechs, die am 9. Oktober 1989 zu Gewaltlosigkeit aufgerufen hatten. "Wir sind von der Entwicklung in unserer Stadt betroffen und suchen nach einer Lösung", hieß es damals in dem Aufruf. "Wir alle brauchen einen freien Meinungsaustausch über die Weiterführung des Sozialismus in unserem Land. Wir bitten Sie dringend um Besonnenheit, damit der friedliche Dialog möglich wird."

Bereits am Morgen war auf dem Augustusplatz eine Freiheitsglocke in Erinnerung an die dramatischen Ereignisse geweiht worden. Am Nachmittag wurde mit einem Friedensgebet in der Nikolaikirche an die Ereignisse vor 20 Jahren erinnert.

Autor: Martin Schrader (mit ap, dpa, afp)

Redaktion: Oliver Samson