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Leichte Entspannung im Fall Rahman

23. März 2006

Die deutsche Regierung hofft im Fall des von der Todesstrafe bedrohten Afghanen Abdul Rahman auf eine diplomatische Lösung. Die afghanische Botschaft in den USA bat unterdessen um Geduld.

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Abdul Rahman am 16. März in KabulBild: AP

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich nach ihrem Telefonat mit dem afghanischen Präsidenten Hamid Karsai vorsichtig optimistisch gezeigt. Sie habe bei dem Gespräch mit Karsai den Eindruck gewonnen, dass auf afghanischer Seite "der feste Wille besteht", internationale Verpflichtungen einzuhalten, sagte Merkel in Brüssel.

Auch Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier äußerte sich hoffnungsvoll. Er erwarte ein Einlenken Afghanistans und warnte gleichzeitig vor überzogenen Drohungen an die Regierung in Kabul. Steinmeier habe am Dienstag mit seinem afghanischen Amtskollegen gesprochen und ihm "deutlich mitgeteilt, dass wir es nicht hinnehmen können, wenn der Staatsanwalt in so einem Fall die Todesstrafe fordert". Die afghanische Regierung und Präsident Hamid Karsai persönlich hätten ein Interesse am Fortgang des Wiederaufbaus in ihrem Land. Deshalb dürfe man mit der Drohung eines Rückzugs der Bundeswehr nicht denjenigen in die Hände arbeiten, die diesen Prozess rückgängig machen wollten. Stattdessen müsse man vernünftig umgehen mit möglichen Konsequenzen, die jetzt öffentlich diskutiert würden, mahnte Steinmeier.

Internationale Verpflichtungen

Der 41-jährige Rahman, der bis 2002 in Deutschland gelebt hatte, steht in Afghanistan vor Gericht, weil er vom Islam zum Christentum übergetreten ist. Steinmeier wies daraufhin, dass die drohende Todesstrafe für den Mann nicht nur in Deutschland, sondern weltweit Empörung ausgelöst habe. Er habe deshalb die Erwartung geäußert, dass das Verfahren nicht nur transparent verlaufe, sondern auch ohne Verhängung eines Todesurteils ende. Schließlich habe Afghanistan eine neue Verfassung und auch internationale Vereinbarungen anerkannt, wie die Menschenrechtserklärung und den Pakt für bürgerliche und politische Rechte. Darin sei auch die Respektierung der Religionsfreiheit enthalten, gegen die Afghanistan auch keine Vorbehalte erklärt habe. "Insofern müssen wir erwarten, dass das auch für das Christentum gilt", sagte der Bundesaußenminister.

Prüfung des Geisteszustands

Die Regierung in Kabul sei sich der öffentlichen Aufmerksamkeit bewusst und suche nach dem besten Weg, den Fall juristisch zu lösen, hieß es in einer am Donnerstag veröffentlichten Erklärung der Botschaft in Washington. Die afghanische Regierung schütze die Religionsfreiheit und werde sicherstellen, dass die verfassungsmäßigen Rechte der Bürger und internationale Prinzipien eingehalten werden. Die afghanische Justiz sei derzeit mit der Prüfung von Fragen bezüglich des Geisteszustandes des Beschuldigten beschäftigt. Die Ergebnisse könnten das Verfahren zu einem Ende bringen, heißt es in der Erklärung der Botschaft weiter. "Vor diesem Hintergrund bitten wir höflich darum, dass der Justiz Zeit gegeben wird, den Fall zu lösen."

"Er ist nicht verrückt"

Führende afghanische Geistliche habe am Donnerstag den
Tod von Abdul Rahman gefordert. Die Darstellung der afghanischen Staatsanwaltschaft, Rahman sei möglicherweise geisteskrank und könne deswegen nicht verurteilt werden, wiesen die Kleriker zurück. "Er ist nicht verrückt. Er ist vor die Medien getreten und hat bekannt, ein Christ zu sein", sagte Hamidullah, der Chefprediger der Hadschi Jakob Moschee in Kabul. "Die Regierung fürchtet sich nur vor der internationalen Staatengemeinschaft. Aber die Bevölkerung wird Rahman töten, wenn er freigelassen wird."

Der Prediger der Herati Moschee äußerte sich ähnlich. Die angebliche Verrücktheit Rahmans sei nur von der Regierung vorgeschoben, um den Prozess beenden zu können, sagte Abdul Raulf. "Das ist eine Demütigung für den Islam. Sein Kopf sollte abgeschnitten werden." Raulf gilt in Afghanistan als gemäßigter Geistlicher. Wegen Kritik am radikal-islamischen Regime der Taliban saß er bis zu deren Sturz im Jahr 2001 selbst drei Mal im Gefängnis.

US-Präsident George W. Bush sagte, er sei tief beunruhigt, dass ein Land, das von den USA befreit worden sei, einen Mann wegen dessen Religion verfolge. Er wolle sich bei der afghanischen Regierung für den Schutz der Glaubensfreiheit einsetzen. (kas)