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Lautlose Maskerade

Utz, Michael; Warken, Beatrice2. März 2011

Im Karneval oder Fasching hat sie Hochkonjunktur, in vielen Kulturen Tradition: die Maske. Menschen maskieren sich und vielleicht auch etwas. Wenn die Maske fällt, dann gibt es nicht selten eine Überraschung.

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Die Mitternacht ist von jeher etwas Besonderes, Geheimnisvolles und Unheimliches gewesen. Die Geisterstunde, in der Wirkliches und Unwirkliches miteinander verschmelzen. Die Stunde der Wahrheit - auch bei ganz bestimmten Anlässen, zum Beispiel während eines Balles, eines Maskenballes, zu dem man in einer Verkleidung, einer Maskerade, geht. Um Mitternacht war es bei Maskenbällen üblich, die Maske abzulegen.

Überraschungen warten

Die Maske, die dem Tanzpartner das Gesicht des jeweils anderen verborgen gehalten hatte, musste fallen. Ungeschriebenes Gesetz. Der Tanzpartner konnte sogar auf sein Recht pochen, wenn der Maskenträger sich weigerte. Das arabische Wort mashara - vermutlich eine Ableitung des italienischen maschera (Maske) - hat neben Gesichtsmaske auch die Bedeutung Spott, Scherz.

Natürlich ist mitunter die Überraschung groß, wenn jemand die Maske fallen lässt und sein wahres Gesicht zeigt. Das wahre Gesicht zeigen entspricht der übertragenen Bedeutung von der abgelegten Maske. Da kann sich ein zunächst freundlich erscheinender Mensch auf einmal als hinterhältig und gemein präsentieren. Oder umgekehrt - ein Mensch, der seine Gefühle hinter einem starren, maskenhaften Gesicht verbarg, kann sich plötzlich als einfühlsamer, sinnlicher Mensch entpuppen.

Rituelle und eiserne Masken

Masken haben Tradition. Es gibt sie bei allen Völkern, in allen Kulturen und es gab sie zu allen Zeiten. Schon in der altsteinzeitlichen Kunst werden in einigen Darstellungen Menschen mit rituellen Masken gezeigt, die oft Tiere darstellen. Dahinter mögen sich Schamanen verborgen haben, Teilnehmer an Kulthandlungen oder auch Jäger, die sich gewissermaßen in Verkleidung an das Jagdwild anschlichen.

Masken wurden aber auch als Folterinstrumente eingesetzt. Dann waren sie aus Metall. Im Mittelalter wurden Verbrechern eiserne Masken aufgesetzt, die eine Art Rüssel in der Mitte hatten. An dessen Ende war eine eiserne Kugel angebracht. Die Maske sah aus wie ein Schweinskopf. Derjenige, dem sie aufgesetzt wurde, wurde zur Sau gemacht.

Gesichtsmasken

Maske bedeutet aber auch Konservieren, Bewahren - in Form von Totenmasken. Seit dem Altertum kennt man sie. Zweck ist, das Andenken an den Verstorbenen aufrechtzuerhalten, ihn unsterblich zu machen. Die bekannten ägyptischen Totenmasken waren allerdings keine genaue Abbildung des Gesichts eines Verstorbenen. Sie waren frei gestaltet.

Maske heißt auch Schönheitspflege. Dann nämlich, wenn sich vor allem Frauen Gesichtsmasken auftragen. Die Kosmetikindustrie hält da jede Menge Arten und Düfte bereit. Oder frau mischt sich selbst eine aus verschiedensten natürlichen Zutaten.

Künstler eine Unwirklichkeit

Nun bleibt die Frage, warum Menschen, außerhalb ritueller Handlungen Masken benutzen? Oder anders gefragt: Warum maskiert man sich? Die Antwort ist einfach: weil man für kurze Zeit eine andere, ein anderer sein will - oder sein muss.

Wie die Schauspieler und Schauspielerinnen. Da wird in der Maske - so heißt das beim Theater und beim Fernsehen - aus einer blutjungen Schauspielerin eine steinalte Frau, wenn's denn sein muss. Und ein gutaussehender Kerl mit Sixpack muss sich auch mal potthässlich schminken lassen und mit einem dicken Bauch über die Bühne watscheln. Die Maskenbildner und Maskenbildnerinnen sind Künstler. Sie verdecken, was verdeckt werden muss, und sie erschaffen eine Wirklichkeit, die eigentlich keine ist.

Karnevalsmasken

Das tun auch diejenigen, die an Karneval oder Fasching ihre Masken aufsetzen. Sie schlüpfen für ein paar Tage in eine andere Haut. Bei denjenigen, die sich maskieren, kommt die Sehnsucht zum Vorschein, einmal jemand ganz anderer sein zu wollen.

Wer könnte es dem braven Büroangestellten verdenken, dass er sein Gesicht mit einer Clownsmaske bedeckt oder sich wie ein Clown schminkt. Oder der Kassiererin im Supermarkt, dass sie sich eine Paris Hilton-Maske aufsetzt. Eine Maske kann, muss aber nicht, das Verhalten beeinflussen - für eine Nacht, für einen oder mehrere Tage. Aus dem braven Büroangestellten wird dann eben ein Clown, aus der Kassiererin eine mondäne, exaltierte Frau.

Fasnachtsmasken

Für ein paar Tage im Jahr ein anderer zu sein: das trifft auch auf die Maskenträger der schwäbisch-alemannischen Fasnacht zu, die Art des Karnevals, die in Südwestdeutschland gefeiert wird. Hier maskiert man sich absichtlich meist grässlich. Je furchterregender und hässlicher die oft handgeschnitzten Fasnachtsmasken sind, umso besser.

Traditionell sind diese Masken aus Holz, in Ausnahmefällen auch aus Stoff, Papier, Ton, Blech oder Draht. Wer sie trägt, will erschrecken. Ursprünglich dienten die Masken dazu, böse Geister zu vertreiben. Die Fasnacht unterscheidet sich erheblich vom Karneval im Rheinland - und zwar gerade wegen der riesigen Schultermasken, wie sie bei den Maskenzügen getragen werden.

Sich und etwas maskieren

Es maskieren sich aber auch Menschen, die nicht in eine andere Rolle schlüpfen, sondern ganz einfach nur ihr Gesicht verdecken wollen, um nicht erkannt zu werden. Wie Bankräuber. Sie stülpen sich Masken über.

Nach ihrem Raubzug können sie ihre Tat maskieren. Wer etwas maskiert, versucht, etwas zu verbergen. Bis es enthüllt, aufgedeckt wird. Also: Maske kann auch eine bestimmte Art der Verstellung, Verhüllung sein.

Lautlose Maskerade

Aber Vorsicht: auch die beste Maske erfüllt nicht mehr ihre Funktion, wenn es hinter ihr zu sprechen beginnt: "Deine Maske nützt dir nichts", sagte der Fuchs zum Esel, der sich in eine Löwenhaut gehüllt hatte. "Man erkennt dich an der Stimme." Und was auch gilt - um den berühmten römischen Philosophen und Schriftsteller Seneca zu zitieren: "Nemo enim potest personam diu ferre - Niemand kann auf Dauer eine Maske tragen."


Fragen zum Text

Wenn jemand seine Maske fallen lässt, dann …

1. fällt sie ihm/ihr aus der Hand.

2. zeigt jemand, wer er/sie wirklich ist.

3. täuscht jemand ein bestimmtes Verhalten vor.

Die abgebildete Totenmaske ist die …

1. Friedrich Schillers.

2. Ludwig van Beethovens.

3. Richard Wagners.

Verdeckt man sein Gesicht mit einer Maske, dann …

1. maskiert man sich.

2. maskiert man etwas.

3. maskiert man jemanden.

Arbeitsauftrag

Eine Maske zu tragen, bedeutet, für einige Zeit eine andere Person sein zu können. Stellen Sie sich vor, Sie sind auf einem Maskenball eingeladen. In welche Verkleidung würden Sie schlüpfen und warum? Wie würden Sie sich verhalten? Schreiben Sie einen kurzen Aufsatz darüber.

Autor: Michael Utz

Redaktion: Beatrice Warken