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Laute Musik und Lärm: Mehr Hörschäden bei Kindern

Gudrun Heise
28. September 2023

Etwa 1,1 Milliarden Kinder und Jugendliche weltweit könnten laut WHO in naher Zukunft eine Hörstörung entwickeln. Ursachen sind Erkrankungen, aber auch Alltagslärm und laute Musik. Und Hörschäden sind irreversibel.

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Junge Leute tanzen in einer Disco
Der Geräuschpegel in Discos kann gefährlich fürs Gehör werdenBild: Joel Goodman/ZUMAPRESS/picture alliance

Der Geräuschpegel in Diskotheken beträgt nicht selten um die 100 Dezibel. Das entspricht etwa der Lautstärke einer Kettensäge oder eines Presslufthammers. Hörverlust kann eine Folge sein. 

Die WHO schätzt, dass die Zahl der Schwerhörigen bis zum Jahr 2050 weltweit auf insgesamt 2,5 Milliarden anwachsen wird. Laut dem WHO Report on Hearing waren es im Jahr 2021 noch 1,5 Milliarden, die unter einem Hörverlust litten. Darunter etwa 32 Millionen Kinder. 

Unsere Welt ist laut geworden

Die allgemeine Lärmbelastung ist in den letzten Jahren immer größer geworden. Verkehrslärm ist da nur ein Beispiel. Aber auch laute Musik steht weit oben auf der Liste der möglichen Ursachen von Schwerhörigkeit, von denen viele Kinder und Jugendliche betroffen sind.  

Besonders gefährlich neben der Lautstärke ist es, Musik über Kopfhörer zu hören, denn dabei stellen die meisten ihre Kopfhörer auf ein hohes Niveau ein, um die Umgebungsgeräusche auszublenden. So entstehen sogenannte Lärmspitzen, die das Gehör schnell dauerhaft schädigen können. 

Die feinen Haarzellen im Innenohr reagieren auf Schallwellen und senden diese an unser Gehirn. Sind die Schallpegel zu hoch, kann das die Haarzellen schädigen. Unsere Ohren sind also äußerst empfindliche Organe und selbst im Schlaf aktiv. Gegen Ende der Schwangerschaft ist der Hörsinn der am stärksten ausgeprägteste Sinn des Fötus. 

Ohren sind rekordverdächtig

In unseren Ohren befindet sich der kleinste Knochen unseres gesamten Körpers, der sogenannte Steigbügel. Er wiegt zwischen zwei und 4,3 Milligramm und ist zwischen 2,6 und 3,4 Millimeter lang.

Zusammen mit zwei weiteren Miniknochen, dem Hammer und dem Amboss, übertragen diese winzigen Gebilde die Schwingungen vom Trommelfell an das Innenohr und ermöglichen es uns, zu hören.

Damit das so bleibt, sollten gerade Kinder und Jugendliche versuchen, laute Geräusche soweit wie möglich zu meiden und die Lautstärke bei Musik vielleicht nicht bis zum Anschlag aufzudrehen - denn Hörschäden sind irreversibel, können also nicht rückgängig gemacht werden.

Aber es gibt auch Ursachen für Schwerhörigkeit, auf die wir wesentlich weniger Einfluss haben als auf die Lautstärke von Musik.  

Probleme durch Infektionen vor der Geburt

Verschiedene Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter können die Entwicklung des Gehörs negativ beeinflussen und zu Hörverlust führen. Infiziert sich eine Frau beispielsweise während ihrer Schwangerschaft mit Röteln oder mit Mumps, steigt beim Kind das Risiko für Schwerhörigkeit. Besonders gefährlich sind Röteln. Eine Kombinationsimpfung, die sogenannte MMR-Impfung, Masern, Mumps, Röteln, kann eine Infektion verhindern.

Einige Risikofaktoren kann die Schwangere selbst beeinflussen, zum Beispiel durch den Verzicht auf Drogen und Alkohol. Trinkt die Mutter während der Schwangerschaft Alkohol, kann das zur Fetalen Alkoholspektrum-Störung führen, zu FASD. Kinder, die davon betroffen sind, haben - neben anderen schweren Behinderungen - auch ein erhöhtes Risiko, mit Hörschwierigkeiten zur Welt zu kommen.

Probleme durch Infektionen nach der Geburt

Erkältungen oder immer wieder auftretende Mittelohrentzündungen können bei Kindern ebenfalls eine Hörstörung verursachen. Sie sind meist die Folge eines Infektes im Nasen-Rachen-Raum. Schon ein einfacher Schnupfen kann eine Schwellung der sogenannten Ohrtrompete auslösen. Diese ist bei kleinen Kindern kürzer und weiter als bei Erwachsenen und dadurch anfälliger beispielsweise für eine schmerzhafte Mittelohrentzündung. Bei Kindern bis zum sechsten Lebensjahr ist sie eine der häufigsten Erkrankungen.

Hörminderung durch Erkrankungen wie Psoriasis

Auch bei Kindern mit Trisomie 21, bekannt als Downsyndrom, oder bei Kindern mit Lippen-Kiefer-Gaumenspalte ist die Zahl der Hörschädigungen größer als bei normal entwickelten Kindern. Einige Nieren- und Schilddrüsenerkrankungen sowie Herzfehler können die Hörfähigkeit ebenfalls schon im Kindesalter schädigen. 

Oft aber werden die Hörprobleme gar nicht erst in Zusammenhang mit anderen Erkrankungen gebracht.  Die Hauterkrankung Psoriasis etwa, auch bekannt als Schuppenflechte, kann zu Schwerhörigkeit führen. Die entzündliche Erkrankung kann Gewebe schädigen, im Innenohr das empfindliche Hörorgan beeinträchtigen und so im schlimmsten Fall zu Hörverlust führen. Zu diesem Ergebnis kommen mehrere internationale Studien. 

Junge mit Kopfhörern
Kinder und Jugendliche hören Musik oft in großer Lautstärke über Kopfhörer Bild: YAY Images/IMAGO

Hörgeräte als Hilfsmittel

Bei einigen Erkrankungen ist der Hörverlust nicht dauerhaft, etwa bei Infektionen wie einer Mittelohrentzündung. Wird diese ursächlich behandelt und werden Antibiotika gegeben, kann sich das Gehör nach der Infektion wieder vollkommen regenerieren.

Sind allerdings tiefgreifende Störungen entstanden, helfen zunächst meist nur Hörgeräte. Sie können beispielsweise hinter dem Ohr angebracht werden und sind so kaum sichtbar. Bei starkem Hörverlust wird eine solche Hörhilfe direkt ins Ohr eingesetzt. Sie muss allerdings exakt angepasst und eingestellt werden.

Eine weitere Therapiemöglichkeit sind sogenannte Cochlea-Implantate. In einer Operation werden sie ins Ohr eingebracht. Dieses System sendet elektrische Signale, die von Geräuschen im Ohr ausgelöst werden, direkt an den Hörnerv und nimmt sich so die Natur zum Vorbild. Das eigene, funktionierende Gehör aber ist noch immer die beste Variante.