Visafreiheit...
31. Mai 2010Auf dem EU-Russland-Gipfel in Rostow am Don, der am Montag und Dienstag (31.05./01.06.2010) stattfindet, wird auch die Visapflicht zwischen Russland und der EU ein Thema sein. EU-Diplomaten teilten mit, dass es für visafreie Einreisen russischer Bürger zu früh sei. Im Interview dazu ist Andreas Schockenhoff, Russlandbeauftragter der Bundesregierung.
DW-WORLD.DE: Was hindert die EU daran, die Visa-Freiheit mit Russland einzuführen?
Andreas Schockenhoff: Die EU und Russland führen im Rahmen des so genannten Visumdialogs Gespräche über Fortschritte im Visabereich. Langfristiges Ziel ist die Visumfreiheit für Reisen zwischen EU und Russland - wenn die Umstände dies erlauben. Auf dem Weg dorthin sind aber noch viele Fragen zu beantworten und Hindernisse zu beseitigen.
Allerdings handelt es sich hier nicht um einseitige Beschränkungen der EU gegen russische Staatsangehörige. Auch für EU-Bürger besteht ein Visumzwang für Reisen nach Russland. Hinzu kommen Registrierungsbestimmungen und auch räumliche Reisebeschränkungen, die es so in der Europäischen Union nicht gibt.
Wie ist Ihre persönliche Einstellung und die offizielle deutsche Position dazu?
Wir haben grundsätzlich ein Interesse daran, dass die Menschen in Europa möglichst frei und ungehindert reisen können. Gerade in der Erweiterung des Austauschs mit Russland liegen große Chancen - nicht nur in einer Intensivierung der Wirtschaftskontakte oder etwa im Tourismus, sondern auch im zwischengesellschaftlichen Bereich. Wenn das Kennenlernen erleichtert wird, ist das stets eine Bereicherung und eine Horizonterweiterung. Freilich kommen wir bei dieser grundsätzlich positiven Einstellung nicht darum herum, auch Aspekte der Sicherheit, der Migrations- und Außenpolitik zu berücksichtigen.
Die Bundesregierung wird sich für Fortschritte im Visumdialog einsetzen und steht zum langfristigen Ziel der Visafreiheit - unter Berücksichtigung der oben genannten Fragen. Ich persönlich bin der Meinung, dass alle beteiligten Parteien - EU-Kommission, EU-Mitgliedstaaten und auch Russland - der erfolgreichen Fortführung dieses schrittweisen Prozesses am besten dadurch dienen, dass sie die bestehenden Hindernisse offen und zielorientiert thematisieren. Der partnerschaftliche Geist zwischen der EU und ihrem strategischen Partner Russland sollte dies ermöglichen.
Wer von den Europäern mauert am meisten?
Der Meinungsbildungsprozess innerhalb der EU ist bei 27 Mitgliedern komplex und dynamisch. Einzelne Partner in einem bestimmten Moment herauszugreifen und ihre Politik abzuqualifizieren, bringt nichts. Deutschland hat im EU-Kreis einen Vorschlag gemacht, der sowohl vorhandenen Schwierigkeiten Rechnung tragen als auch eine positive und operative Verhandlungsaufnahme mit der russischen Seite ermöglichen soll. Dieser stieß bei unseren europäischen Partnern auf breite Zustimmung.
Der CDU-Politiker Andreas Schockenhoff ist seit 2006 der Koordinator für die deutsch-russische zwischengesellschaftliche Zusammenarbeit der Bundesregierung.
Das Interview führte Nikita Jolkver
Redaktion: Markian Ostaptschuk / Julia Kuckelkorn