Lagos: Mit Wassertaxis den Stau umschiffen
In der Rush Hour bewegt sich wenig auf den Straßen von Lagos. Um Millionen Pendlern den Alltag zu erleichtern, setzt die nigerianische Stadt am Golf von Guinea jetzt auf die Wasserwege. Die haben Potenzial.
Feierabend ist Stauzeit
Millionen Pendler sind es in Lagos gewohnt, vor und nach der Arbeit stundenlang im Stau zu stecken. Der Großteil fährt täglich vom Festland über drei Brücken auf die Inseln der Stadt, die auch das Geschäftszentrum bilden. Drei Stunden Fahrt pro Strecke sind zur Rush Hour nicht unüblich.
Viermal so schnell, dreimal so teuer
Designer Lucky Jacob erspart sich diesen Stress heute Abend. Mit anderen Reisenden wartet er auf sein Shuttle-Boot von Victoria Island nach Ikorodu. Für ihn bedeutet das 45 Minuten Fahrzeit statt drei Stunden Stau. "Das kann ich mir aber nur zweimal pro Woche leisten", sagt Jacob. Umgerechnet drei Euro pro Strecke kostet das Boot, der Bus nur ein Drittel.
Gutes Geschäft, hohe Investitionen
"Ein Boot zu warten, ist viel teurer als ein Auto in Schuss zu halten", rechtfertigt Unternehmer Bolaji Alaka den hohen Preis für die Shuttlefahrten. Seine Firma heißt Sea Coach Boat, sie hat eine der modernsten Boots-Flotten in der Stadt. Auf drei verschiedenen Strecken sind Alakas Boote unterwegs.
Müll zerfrisst Motoren
Die Lagune von Lagos ist voller Müll. Der wird kleinen Booten schnell mal zum Verhängnis. Denn wenn sich Plastikabfälle in den Propellern verfangen, können sie so manchen Motor lahmlegen. Bei Sea Coach Boat ist daher jedes Boot mit zwei Motoren ausgerüstet. So stellt Bolaji Alaka sicher, dass ein Boot noch fahren kann, auch wenn mal ein Motor ausfällt. Nötige Reparaturen erfolgen dann an Land.
Unsichere Mini-Boote
Doch das ist längst nicht bei allen Bootsunternehmen der Standard. Der Bootsverkehr genießt bei den meisten Nigerianern einen schlechten Ruf, viele kritisieren die mangelnden Sicherheitsvorkehrungen. Oft sind die Boote klein, veraltet und überfüllt. Immer wieder kommt es zu Unfällen. Erst im Mai starb ein Passagier bei einem Crash, 27 weitere wurden verletzt.
Weiter Weg zum sicheren Wassertaxi
Die Sicherheit und Effizienz des Wassertransportes zu verbessern: Dieses Ziel verfolgt nun auch die Stadt Lagos - und hat ein privates Unternehmen engagiert, sämtliche Wassertaxi-Betreiber zu überprüfen. Die Bilanz ist ernüchternd. Die sieben staatlichen Fähren etwa sollen komplett ausgetauscht werden, weil sie den Standards nicht genügen.
Bewährtes Chaos
Die Transport-Revolution von Lagos bleibt daher noch aus. Auch, weil viele Wasserwege in Lagos bisher gar nicht tief genug für große Fähren sind. Um den Wassertransport für die Massen zu etablieren und erschwinglich zu machen, wären also weitere Millioneninvestitionen nötig. Für die meisten Nigerianer bleibt der tägliche Wahnsinn auf den Straßen von Lagos damit erst einmal alternativlos.