Kuranyi in Moskau
31. August 2010Vor jedem Spiel in der russischen Premier Liga bekommt Kevin Kuranyi die russische Nationalhymne zu hören. Kuranyi trägt die Nummer 22 – bei Heimspielen ist sein Trikot blau, auswärts manchmal weiß. Bei den Vereinsfarben hören die Gemeinsamkeiten zwischen dem FC Schalke 04 und Dynamo Moskau jedoch auf. Zu Dynamo-Heimspielen kommen höchstens 10.000 Fans, meist sind es weniger. Dass die blau-weiße Wand hinter ihm deutlich kleiner geworden ist, spürt Kuranyi deutlich. "Ich muss mich erst einmal daran gewöhnen, dass hier weniger Leute auf der Tribüne stehen", sagt der Ex-Schalker, dessen Wechsel nach Russland viele deutsche Fußballfans erstaunt hat.
Wechsel ins Mittelmaß
Dynamo Moskau ist einer von vier Moskauer Klubs und ein Traditionsverein, doch derzeit nur Mittelklasse in der russischen ersten Liga, die in dieser Saison vom UEFA-Pokalsieger 2008, Zenit St. Petersburg, dominiert wird. Im Jahr 2009 ging Dynamo fast bankrott, nur die Übernahme durch eine russische Staatsbank rettete den Verein. Die Bank investiert nun kräftig, damit der Erfolg zurückkommt. Das Geld fließt in ein neues Stadion und in neue Spieler. Kevin Kuranyi, der einen Dreijahresvertrag unterschrieben hat, ist Teil dieser neuen Strategie. Es heißt, der 28 Jahre alte Torjäger bekäme sechs Millionen Euro pro Jahr Gehalt. Kuranyi bestreitet nicht, dass das Geld bei dem ablösefreien Wechsel eine Rolle spielte: "Das Gesamtpaket, das der Verein mir bietet, hat mich gereizt."
Europapokal als Ziel
Vier Spiele hat Kuranyi bisher für seinen Klub Dynamo Moskau gemacht – und drei Tore geschossen. Trainer Mirodrag Boschowitsch sieht seine hohen Erwartungen an Kuranyi bestätigt. "Er trifft fast in jedem Spiel. Er ist ein guter Kerl, ein richtiger Profi", sagt der Kroate. Das Ziel - sowohl für Kuranyi, als auch für Trainer Boschowitsch – ist der Einzug in den Europapokal.
Auch wenn es sportlich rund läuft, das Einleben in Moskau ist nicht immer leicht: "Natürlich habe ich Heimweh", sagt Kuranyi. Vor allem die riesigen Staus in der Mega-Metropole machen ihm zu schaffen. Um so wenig wie möglich mit dem Auto unterwegs zu sein, ist Kuranyi mit seiner Frau Victoria und den beiden Kindern in ein Haus in der Nähe des Trainingsgeländes von Dynamo gezogen, einer modernen Anlage außerhalb von Moskau. Um sich besser mit den Mitspielern verständigen zu können, will Kurayni nun Russisch lernen.
Ehemaliger Bundesliga-Kollege erleichtert Einleben
Bisher helfen ihm ein Dolmetscher, der für Kuranyi aus seiner zweiten Muttersprache Portugiesisch übersetzt, und Teamkollege Andrei Woronin. Der ukrainische Nationalspieler Woronin spricht deutsch, weil er lange in der Bundesliga gespielt hat, zuletzt 2009 bei Hertha BSC Berlin.
Die Fans und auch die russischen Sportmedien hat Kuranyi schon für sich gewonnen, vor allem nachdem er bei Spitzenreiter Zenit traf und im Spiel gegen Lokomotive Moskau gleich zwei Tore machte. Immer wieder zeigen die russischen Fernsehkameras Großaufnahmen von Kuranyi, wenn Spiele von Dynamo übertragen werden. Kuranyi hofft, dass auch Nationaltrainer Joachim Löw wieder auf ihn aufmerksam wird und ihn auch aus Moskau in die Nationalmannschaft zurückruft.
Autorin: Mareike Aden
Redaktion: Stefan Nestler