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Endlich wieder Kunst anschauen

9. März 2021

Museen, Galerien und Bibliotheken dürfen in Deutschland schrittweise wieder Besucher empfangen. Kinobetreiber und Opernliebhaber aber müssen noch warten.

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Schild mit der Aufschrift "Kultur ist nicht alles aber ohne Kultur ist alles nichts" an einem Kino
Kulturschaffende machen in der Krise auf sich aufmerksam Bild: Political-Moments/imago images

"Das ist ein guter Tag für uns", freut sich Museumsdirektor Felix Krämer. Sein Düsseldorfer Kunstpalast öffnet am Mittwoch (10.03.2021) seine Tore wieder für Besucher. Allerdings ist eine Anmeldung per Online-Ticket erforderlich, um die Kontaktdaten jederzeit zugänglich zu speichern; Abstand halten und FFP2-Maske sind obligatorisch.

Die Resonanz war groß: Der Online-Ticket-Shop war in kürzester Zeit überlastet. Die Eröffnung der Geburtstags-Ausstellung von Zero-Künstler Heinz Mack, der am 8. März 90 Jahre alt geworden ist, fand allerdings noch online statt. Die neuen Öffnungsregelungen der Bundesregierung kamen da zu spät, alles war bereits digital vorbereitet.

Anfang der Woche geht es aber los, neben Mack kann im Düsseldorfer Kunstpalast auch die fix und fertig gehängte Ausstellung "Caspar David Friedrich und die Düsseldorfer Romantiker" besucht werden und in Köln die lang vorbereitete "Andy Warhol Now"-Schau im Museum Ludwig - ganz normal vor Ort und analog. Kunstgenuss pur. Auch die Galerien in beiden Kunstmetropolen dürfen wieder öffnen.

Künstler Heinz Mack steht vor seiner metallenen Sahara-Arbeit.
Zero-Künstler Heinz Mack (90) durfte seine eigene Ausstellung im Kunstpalast schon besichtigenBild: Rolf Vennenbernd/dpa/picture alliance

Kulturvergnügen mit vielen Auflagen

Die meisten Museen und Ausstellungshallen in Deutschland brauchen allerdings länger, um die Neu- und Wiedereröffnung ihrer Ausstellungen publikumsgerecht vorzubereiten. Vier Monate Wartezustand im totalen Lockdown sind nicht in 24 Stunden von Null auf Hundert hochgefahren. Lüftungsanlagen, Absperrungen und Sicherheitsvorrichtungen in den öffentlichen Museen brauchen vorab einen gründlichen Corona-Sicherheits-Check.

Die Bundeskunsthalle in Bonn bietet dem Publikum ab dem 16. März die Gelegenheit, die Ausstellungen im Haus analog und vor Ort zu besuchen. Bilder des Malers Max Klinger sind noch bis Anfang April zu sehen, die biografische Ausstellung über die große politische Denkerin und Philosophin Hannah Arendt bis zum 16. Mai.  Die Ausstellung "Bilderatlas Mnemosyne - das Original" über den berühmten Kunsthistoriker Aby Warburg ist noch bis zum 25. Juli zu sehen.

Farbiges Gemälde mit Portrait von Hannah Arendt, rauchend, hängt in der Ausstellung.
Die Ausstellung "Hannah Arendt und das 20. Jahrhundert" kann ab 16. März besucht werdenBild: DW/S. Bartlick

"Kunst und Kultur sind nicht nur Seelenbalsam, sie dienen auch der Weiterbildung und Inspiration und helfen der persönlichen Orientierung und inneren Verortung" betont Eva Kraus, die Intendantin der Bundeskunsthalle. "Der Ausstellungsbesuch ist eine sinnstiftende Alternative zum Spaziergang und zur digitalen Welt: Er ist sicher und bereichernd."

Neue Künstlerverträge sind nötig

Kulturstaatsministerin Monika Grütters zeigte sich erleichtert, dass die dringenden Appelle an Bundesregierung, Kanzlerin Merkel und die beratenden Gremien der Corona-Strategie gewirkt haben. "Ich freue mich, dass für Buchhandlungen, aber auch für Museen, Galerien und Gedenkstätten unter bestimmten Bedingungen jetzt ein schneller Neustart möglich ist. Auch für Kinos, Theater, Konzert- und Opernhäuser gibt es konkrete Perspektiven."

eu2020 Medienkonferenz Monika Grütters CDU
Auch für Kulturstaatsministerin Monika Grütters gelten beim Museumsbesuch die Corona-Schutzauflagen (hier 2020 im Deutschen Historischen Museum Berlin)Bild: picture-alliance/dpa/J. Kalaene

Aber das dauert noch. Konzertbesucher und Opernliebhaber müssen sich noch bis zum 22. März gedulden. Freie Musiker, Schauspieler und Orchester lassen sich nicht so einfach aus der Schublade holen. Alles muss terminlich vorbereitet und neu geplant, viele Engagements erneuert werden.

Auch das Personal für Kasse und Einlasskontrollen ist zum größten Teil in Kurzarbeit geschickt worden, die Konzert- und Opernhäuser waren während des zweiten Corona-Lockdowns komplett geschlossen. Live-Konzerte, die ohne Publikum online gestreamt wurden, wie zum Beispiel bei den Leverkusener Jazztagen 2020, blieben die absolute Ausnahme.

Deutschland, ein kulturpolitischer Flickenteppich

"Deutschland braucht gerade in diesen Zeiten die Kultur", betonte Grütters in einer aktuellen Stellungnahme zu den neuen Öffnungen der Kultureinrichtungen, "weil sie Raum für Debatten und Demokratie, Empathie und Energie schafft. Deshalb erwarte ich von den Ländern, dass sie den Stufenplan für die Kultur sehr zügig in die Tat umsetzen." Da gibt es allerdings eine Hürde: Deutschland erweist sich als föderale Bundesrepublik jedes Mal aufs Neue als bunt getupfter Flickenteppich, wenn es um Ausführungsbestimmungen im Bereich Kultur geht.

Im Ausland, in zentral durchregierten Ländern wie Frankreich, Großbritannien oder Italien, wundert man sich darüber: Kulturfragen, auch Öffnungsmodalitäten von Museen, Schlössern, Gedenkstätten, Opern- und Konzerthäuser, unterliegen in Deutschland den jeweiligen Bundesländern. Und jedes Land handhabt das anders.

Blick nach oben zu den aufgemalten Sternzeichen im Planetarium Hamburg.
Das Planetarium in Hamburg darf mit FFP2-Maske und Abstand zu anderen Besuchern wieder besichtigt werdenBild: picture-alliance/dpa/C. Charisius

In Berlin-Brandenburg darf man mit Voranmeldung und Online-Termin ab Dienstag wieder Museen, Galerien, Planetarien und Bibliotheken besuchen. In Bremen, Hamburg und Nordrhein-Westfalen ist das ebenso. In Niedersachsen sind die Kulturöffnungen von einem regionalen Inzidenzwert unter 50 abhängig.

Bayern hat sich für ein abgestuftes Sicherheitskonzept entschieden: Nur so lange in einem Landkreis eine stabile Sieben-Tage-Inzidenz von unter 50 besteht, dürfen neben Museen auch Zoos, botanische Gärten sowie Gedenkstätten wieder Besucher zulassen.

In Baden-Württemberg dürfen auch Tattoo- und Piercingstudios öffnen. Beschäftigte und Kunden müssen bei der Behandlung medizinische Masken tragen oder einen negativen Schnelltest vorlegen.

Kunst als Heilmittel gegen Corona-Blues

Die deutsche Kulturstaatsministerin Monika Grütters macht sich weiterhin stark für eine zügige Öffnung auch aller anderen Kulturinstitutionen. "Nicht nur, weil die Kultur- und Kreativbranche ein so wichtiger Wirtschaftsfaktor ist, sondern auch weil Kultur kein Luxus ist, den man sich nur in guten Zeiten gönnt." 

Der Vorsitzende der Kultusministerkonferenz, Berlins Kultursenator Klaus Lederer, sieht das ähnlich:  "Wenn wir jetzt über die Öffnung von Baumärkten reden, aber nicht über die Öffnung von Theatern und Opernhäusern, kann man das niemandem mehr vermitteln", mahnt Lederer.

Wer übrigens aus dem Ausland eine interessante Aufführung oder Ausstellung in Deutschland besuchen will, muss unter Umständen viel Geld investieren: Bei der Einreise aus einem Land mit hohen Inzidenzwerten gibt es eine Quarantäne- Pflicht - auf eigene Kosten.

Und die 1,4 Millionen Besucher, die vor der Corona-Pandemie jedes Jahr Schloss Neuschwanstein besucht haben? Die müssen sich noch mehr gedulden: Der bekannte Touristen-Hotspot bleibt bis 2023 geschlossen - allerdings wegen Renovierungsarbeiten, nicht wegen Corona.

Schloss Neuschwanstein in der Abendsonne vor bayerischer Landschaft.
Schloss Neuschwanstein in Bayern bleibt noch bis 2023 für Besucher geschlossen.Bild: picture-alliance/DUMONT Bildarchiv/T. Roetting