Kroatien: Das jüngste EU-Mitglied
Kroatien ist ein kleines Land, geprägt von Gegensätzen. Dabei liegen Sonnen- und Schattenseiten oft nah beieinander.
Ein europäisches Gefühl
Viele Kroaten haben sich schon immer als Mitteleuropäer gefühlt - und nicht als Balkanland. Durch den EU-Beitritt zum 01. Juli 2013 meinen viele, dass das Land nun dort angekommen ist, wo es hingehört. Die Hürden hin zur Mitgliedschaft sind genommen, wichtige Arbeitsfelder bleiben: die Korruption, die hohe Arbeitslosigkeit und die wirtschaftliche Rezession, in der sich Kroatien befindet.
Zagreb - eine mitteleuropäische Weltstadt
Mit etwa 800.000 Einwohnern - rund einem Fünftel der Landesbevölkerung - ist die Hauptstadt Zagreb zugleich die größte Stadt Kroatiens. Bis zum Ersten Weltkrieg war Kroatien Teil der österreichisch-ungarischen Doppelmonarchie. Architektonisch orientierte sich die Stadt am kaiserlichen Wien. Bereits die alten Zagreber - "Purger" genannt - orientierten sich gerne am Lebensstil der Wiener.
Dubrovnik - Perle der Adria
Die dalmatinische Stadt Dubrovnik im Süden Kroatiens verkörpert die mediterrane Kultur. Dubrovnik war jahrhundertelang eine unabhängige Stadtrepublik und als Handelsmacht ein ewiger Widersacher Venedigs. Seit 1979 gehört die Altstadt von Dubrovnik zum UNESCO-Weltkulturerbe. Heute ist der Tourismus für die meisten Einwohner die wichtigste Einnahmequelle.
Traum von der Unabhängigkeit
Über 70 Jahre lang, zwischen 1918 und 1991, war Kroatien Teil Jugoslawiens. Doch der Traum von einem selbstständigen Staat blieb lebendig. Am 25. Juni 1991 verkündete der damalige Präsident Kroatiens, Franjo Tuđman, die Unabhängigkeit von Jugoslawien.
Krieg, Zerstörung und Vertreibung
Kurz nach der Unabhängigkeitserklärung Kroatiens kam es dort zum Aufstand der serbischen Minderheit und danach zur Intervention der serbischen Armee auf dem kroatischen Staatsgebiet. Vier Jahre lang dauerte der Krieg. Etwa 22.000 Menschen starben, Hunderttausende wurden vertrieben und viele Häuser zerstört. Ende 1995 wurde der Friedensschluss vertraglich besiegelt.
Flüchtlinge aus Kroatien
Während des Krieges mussten rund 700.000 Kroaten ihre Häuser verlassen. Viele fanden Zuflucht in Deutschland. In der letzten Phase des Krieges flüchteten etwa 250.000 Serben. Die Kroaten sind inzwischen zurückgekehrt, aber viele Angehörige der serbischen Minderheit leben immer noch als Flüchtlinge in Serbien. Durch den EU-Beitritt Kroatiens erhoffen sie sich neue Chancen auf die Rückkehr.
Vermintes Terrain
Landminen lauern als bedrohliche Relikte des Krieges. In Kroatien sind noch etwa 680 Quadratkilometer des Bodens vermint. So kommen mit dem Land auch die Minen in die EU. Schätzungen zufolge wurden im Laufe des Krieges etwa 90.000 Minen gelegt, meist ohne Kartierung. Seit dem Krieg sind im Land über 500 Menschen durch Landminen getötet worden. Bis 2019 sollen die Minen vollständig geräumt sein.
Kriegsverbrecher oder Helden?
Die unzureichende Zusammenarbeit mit dem Kriegsverbrechertribunal in Den Haag belastete nach dem Krieg die Annährung Kroatiens an die EU. Viele Kroaten waren überzeugt, die eigenen Generäle seien Helden, keine Kriegsverbrecher. So lieferte Kroatien den General Ante Gotovina erst nach Jahren des Versteckspiels aus. Am Ende wurde er in Den Haag freigesprochen - und in Kroatien begeistert empfangen.
Referendum: Zwischen Pro und Contra
In Kroatien sieht man die EU nicht nur als Verheißung: Beim Referendum über den EU-Beitritt meldeten sich auch die Euroskeptiker laut zu Wort. Sie befürchten ein wirtschaftliches und politisches Diktat aus Brüssel und glauben, dass das Land ausgebeutet werden könnte. Doch die Mehrheit der Bevölkerung sieht das anders - und hat sich für die EU entschieden.
Arbeitslosigkeit - ein großes Problem
Bereits seit fünf Jahren steckt Kroatien in einer ernsten wirtschaftlichen Krise. Um zwei Prozent ist die Wirtschaftsleistung im vergangenen Jahr geschrumpft, die Arbeitslosenquote beträgt etwa 23 Prozent. Besonders hoch ist die Jugendarbeitslosigkeit mit rund 40 Prozent. Viele junge und gut ausgebildete Menschen würden gerne auswandern und den Arbeitsmarkt in Europa ausloten.
Boom-Branche Tourismus
Kroatiens wichtigster Wirtschaftszweig ist der Tourismus. Hauptziel der Besucher ist die Adria und ihre Küste "mit den tausend Inseln", wie es im Land heißt. Die Kroaten sind davon überzeugt, dass sie "das schönste Meer der Welt " haben - und verbringen dort auch am liebsten ihren Urlaub. Vom EU-Beitritt versprechen sie sich steigende Touristenzahlen.
Nationalsport Fußball
Auch andere Sportarten wie Handball, Wasserball oder Tennis sind in Kroatien beliebt, aber Fußball ist und bleibt die Nummer eins. Insbesondere die kroatische Nationalmannschaft ist der Stolz - und das Leid - der Nation. Offiziell zählt sie zu den zehn besten in Europa und bei der WM 1998 in Frankreich erreichte sie den dritten Platz.
Treffpunkt Café
Wenn man sich in Kroatien verabredet, trifft man sich meistens in einem der zahlreichen Cafés, die es überall gibt. Sobald das Wetter es zulässt, sind die Straßencafés voll. Getrunken wird sehr gerne Cappuccino oder Espresso. Man möchte sehen und gesehen werden. Dabei sind die Korbsessel sehr wichtig: Gemütlichkeit und Schick werden sehr geschätzt.
Willkommen Kroatien - Willkommen EU
Von einer Euphorie wegen des EU-Beitritts kann man in Kroatien nicht reden, aber Freude ist da. Die Kroaten geben sich nicht der Illusion hin, dass über Nacht alle Probleme gelöst werden. Die Zuversicht, dass sich neue Perspektiven eröffnen, ist jedoch vorhanden. Und endlich erfüllt sich die Erwartung, dass nun auch offiziell ist, was längst als Realität gilt - Kroatien gehört zu Europa!