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Kriterienkatalog für Transformation

Daphne Antachopoulos23. Juli 2004

Wie arm ist ein Land wirklich? Wie zukunftsträchtig und fortschrittswillig, wie demokratisch ist es? Es gibt einige Indizes, die versuchen, dies zu messen. Jetzt auch den Bertelsmann-Transformations-Index BTI.

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Uruguay - ein Musterland?Bild: AP

Estland, Litauen, Chile, Botswana, Mali, die Slowakei, Uruguay, Costa Rica, Südkorea und Slowenien - das sind die "Top Ten" des Bertelsmann Management Index. Es sind Länder, deren Führung eine herausragende politische Leistung auf dem Weg zur marktwirtschaftlichen Demokratie erbracht haben. Gemessen wird dies an Kriterien wie "effektiver Ressourcen-Nutzung", "Zielsicherheit bei den Reformen" oder "Konsensbildung mit anderen politischen Akteuren".

Insgesamt wurden daraufhin 116 so genannte Transformationsländer von 1998 bis 2003 untersucht. Wie aber definiert und misst man die genannten Kriterien? Und wie gelangt man in autoritären Staaten und Diktaturen an die entsprechenden Daten? Rolf Langhammer vom Institut für Iberoamerika-Kunde und Mit-Initiator des BTI erklärt, dass Länder-Experten die nationalen Daten erheben. Weitere Experten überprüfen die Angaben und falls erforderlich gibt es noch eine dritte Plausibilitätskontrolle, so dass grobe Fehler nahezu ausgeschlossen sind.

Entwicklungshilfe und Wettbewerb

Das besondere am BTI sei, so die Verfasser, dass man die politische Management-Leistung der Eliten stärker gewichtet als herkömmliche Indizes, die eher die Wirtschaftsleistung messen. Zu dem Management-Index kommt aber auch der Status-Index, der die - leichter nachprüfbaren - Elemente der Demokratisierung und Marktwirtschaft im Land misst. Kriterien sind hier unter anderem die Rechtsstaatlichkeit, Partizipation der Bürger an politischen Entscheidungen, aber auch die Preis- und Währungsstabilität, die Stärke der Volkswirtschaft oder die Rahmenbedingungen für den Erwerb von Privateigentum.

Während man vor allem in Lateinamerika auf einen Masterplan in der Entwicklungshilfe setze, so Langhammer weiter, konzentriere sich Asien einfach auf den bloßen Wettbewerb. Oft genug, ohne den Faktor "Demokratie" all zu hoch zu hängen. Bestes Beispiel sei hier China - im BTI-Statusindex auf Platz 77. Die Region spüre dem heißen Atem von China im Nacken. Das wiederum führe dazu, dass diese Länder sehr schnell versuchen, diesen Wettbewerb mitzumachen und auch Krisen schnell zu überwinden.

Genau das fehlt anderen Regionen: Das gibt es nicht in Lateinamerika, denn Brasilien ist nicht ein so großer Wettbewerber wie China. Und in Afrika fehlt das ganz. Trotzdem hat auch Afrika zwei Spitzenkandidaten im BTI zu bieten: Botswana und Mali. Und das, obwohl Mali im kürzlich erschienen Bericht zur Menschlichen Entwicklung der Vereinten Nationen ganz unten angesiedelt wurde: Lebensstandard und Lebenserwartung auf unterstem Niveau. Der Duisburger Friedens- und Entwicklungsforscher Franz Nuscheler hält das nicht unbedingt für einen Widerspruch: Der BTI-Rang könne hoch sein, die Menschen trotzdem bitterarm.

Über Diktatur zur Reform?

Nuscheler hat zwar den BTI mitentwickelt, kann sich aber mit manchen zugrunde liegenden Thesen nicht anfreunden. Zum Beispiel, dass Demokratie die Voraussetzung für mehr Wohlstand sein muss. Tatsächlich hatten Erfolgsländer erst einmal Diktaturen gehabt. Beispiele: Südkorea, Taiwan, Thailand, Brasilien oder Chile. Diktaturen, die unter diesen Bedingungen erst einmal Reformen durchprügeln konnten mit aller Gewalt, auf denen dann die Reformer aufbauen konnten.

Diktaturen und isolierte Regime wie Nordkorea oder Simbabwe, die im Index ganz unten rangieren, werden den Index wohl nicht ernst nehmen - oder ihn sogar scharf angreifen. Auf zerfallende oder zerfallene Staaten wie die Demokratische Republik Kongo oder Somalia wird er ebenfalls keinen Einfluss haben. Darin sind sich die Verfasser des BTI einig. Dennoch gibt es die Hoffnung, dass sich zumindest manche von diesen Ländern die Index-Zahlen anschauen. Dann nämlich, wenn ihnen klar ist, dass Geberländer und Investoren mit Hilfe des Index auf jeden Fall erkennen können, in welchem Land sie tätig werden können.