Heruntergekommenes Symbol deutsch-amerikanischer Geschichte
8. November 2015An einer ruhigen Straße in Newark im US-Bundesstaat New Jersey erhebt sich der imposante dreistöckige Ziegelsteinbau aus dem späten 19. Jahrhundert hinter einem Stacheldrahtzaun, etwas überladen, mit Türmchen, efeuumrankten Säulen und breiter Treppe.
Auf den zweiten Blick sieht man zugenagelte Fenster, und den insgesamt heruntergekommenen Zustand des Anwesens, das eine gewisse Resignation ausstrahlt.
"Die Leute fahren vorbei und sagen, schaut euch das an, das ist doch toll, da hätten wir gern unserer Firmenzentrale, unser Büro", erzählt Guy Sterling, ortsansässiger Historiker. "Das ist ja schön und gut, aber praktisch wird so gut wie nichts unternommen", sagt er beim Ortsbesuch.
Die Villa gehörte einst dem mächtigen deutsch-amerikanischen Brauer Gottfried Krüger.
Krüger Bier
Nach seinem Tod 1926 hatte das Haus wechselnde Besitzer und Bewohner; Antiquitätenhändler ließen Bleiglasfenster, Kamine und einen großes bronzenes Rundfenster mitgehen.
Für Sterling und eine Handvoll historisch Interessierter ist der Verfall der Villa ein Unrecht historischen Ausmaßes.
Die Villa sei ein großartiges Symbol für den Einfluss der Deutsch-Amerikaner in den USA vor dem ersten Weltkrieg, meint Sterling. Schließlich war Gottfried Krüger ein deutscher Einwanderer und einer der reichsten und einflussreichsten Bürger Newarks.
Die Deutschen waren einmal die größte Volksgruppe der Stadt, noch vor den Iren, Italienern und Polen, sagt Sterling. Die deutsche Kultur hatte damals großen Einfluss, auf Lehrpläne in der Schule bis hin zu öffentlichen Festlichkeiten. Im Lauf der Jahrzehnte ging dieser Einfluss immer mehr verloren, und mit ihm die Erinnerung an die Geschichte der Villa Krüger.
"Do It Yourself" in Amerika
In Deutschland wird der Erhalt von Kulturdenkmalen und historischen Gebäuden von Regierungsseite unterstützt, während man in den USA offenbar wenig Interesse daran hat, das deutsche Erbe in Newark und anderen amerikanischen Städten zu erhalten.
Zwei Weltkriege ließen den Stolz der deutschen Einwanderer auf ihre Herkunft schrumpfen, sagt Frank Trommler, Deutschprofessor an der Universität von Pennsylvania. Die amerikanische Propaganda habe damals Misstrauen gegenüber deutschsprachigen Mitbürgern geschürt.
Allerdings erlebt das Label "Deutsch" seit der Wiedervereinigung 1990 einen Aufwind in den USA. Aber Orte wie die Krüger-Villa und die Gesellschaft, für die sie einst standen, geraten in Vergessenheit - obwohl laut der letzten Volkszählung die größte Einwohnergruppe der USA deutschstämmig ist.
Deutsche Wurzeln
Sogar Institutionen wie das kürzlich eröffnete "German-American Heritage Museum" in Washington, D.C. hätten Probleme, sich zu etablieren, meinte Trommler: Die deutsch-amerikanischen Gesellschaften seien nicht aktiv genug.
Das sieht auch Terry Grasse, stellvertretender Direktor des Museums, so. Welchen Rat er Sterling geben würde, um Interesse an der Krüger-Villa zu wecken? Die Allgemeinheit mit einbeziehen, so Grasse. Wenn man heutzutage so etwas vermarkten wolle, dann sei klar, dass man sich nicht nur auf die ursprüngliche Gruppe konzentrieren sollte.
Der Newarker Historiker Sterling jedenfalls hat schon eine Vision für die Zukunft. "Die Villa Krüger wäre ein wunderbares Museum zum deutschen Beitrag zum American Way Of Life", schwärmt er.