Korruptionsverdacht: Ungarn gibt polnischem Ex-Minister Asyl
20. Dezember 2024Die polnische Mitte-Links-Regierung unter Ministerpräsident Donald Tusk ist empört. Polens Botschafter in der ungarischen Hauptstadt Budapest wurde auf unbestimmte Zeit nach Warschau zurückbeordert, wie ein Sprecher des Außenministeriums mitteilte. Außerdem habe man Ungarns Botschafter in Polen einbestellt und ihm eine Protestnote übergeben.
Am Donnerstag hatte die ungarische Regierung von Ministerpräsident Viktor Orban dem früheren polnischen Vize-Justizminister Marcin Romanowski politisches Asyl gewährt. Dies sei im "Einklang mit ungarischem und europäischem Recht" geschehen, sagte Orbans Kabinettschef Gergely Gulyas der Zeitung "Mandiner".
Europäischer Haftbefehl für den ehemaligen PiS-Minister
Zuvor hatte ein Gericht in der polnischen Hauptstadt dem Antrag der Staatsanwaltschaft stattgegeben, nach Romanowski mit einem europäischen Haftbefehl zu fahnden. Das Asyl für den 48-Jährigen mit einer "vorgeblich politischen Verfolgung" zu rechtfertigen, sei "beleidigend für die polnischen Bürger und Behörden", erklärte das Außenministerium in Warschau. Polens Regierungschef Tusk griff seinen ungarischen Kollegen Orban am Rande des EU-Gipfels am Donnerstag scharf an. "Jene, die gestohlen haben und die korrupt sind, flüchten sich in Staaten und unter die Flügel von Politikern, die ihnen ähneln", sagte Tusk in Richtung Orban.
Ermittler: Veruntreutes Geld stammt aus Hilfsfonds für Verbrechensopfer
Die polnische Staatsanwaltschaft wirft Romanowski vor, als Vize-Justizminister der früheren nationalkonservativen PiS-Regierung - die von 2015 bis 2023 in Polen herrschte - fast 40 Millionen Euro veruntreut oder dies versucht zu haben. Die Gelder stammten nach Angaben der Ermittler aus einem Hilfsfonds für Kriminalitätsopfer.
Romanowski war in Polen zunächst festgenommen worden, wurde dann aber wieder freigelassen. Polnische Gerichte hatten seine Inhaftierung als illegal eingestuft, weil er als Mitglied der Parlamentarischen Versammlung des Europarats parlamentarische Immunität genoss. Die Versammlung hob später seine Immunität jedoch auf, woraufhin Romanowski vor knapp zwei Wochen untertauchte. Er bestreitet alle Anschuldigungen.
se/pg (dpa, afp, rtr)