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Von Neulingen aufgemischt

Gemma Casadevall (Foto: DW)
Gemma Casadevall
21. Dezember 2015

Nach der Parlamentswahl in Spanien ist völlig offen, wer das Land in Zukunft regieren wird. Doch ein positives Signal ist schon jetzt zu erkennen: Die Spanier wollen mehr Demokratie, meint Gemma Casadevall.

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Podemos-Chef Pablo Iglesias bei der Stimmabgabe (Foto: Reuters)
Neue politische Kraft: Podemos-Chef Pablo Iglesias bei der StimmabgebeBild: Reuters/A. Comas

Zum ersten Mal seit Jahrzehnten steht Spanien am Tag nach einer Parlamentswahl auf, ohne zu wissen, wer das Land als nächstes regieren wird. Seit 1982 war stets eine der beiden großen Parteien mit absoluter Mehrheit aus einer Parlamentswahl hervorgegangen. Vor vier Jahren war das die konservative "Volkspartei" (PP, "Partido Popular") mit Ministerpräsident Mariano Rajoy an der Spitze - mit dem besten Ergebnis ihrer Parteigeschichte. Nun ist die PP von 45 auf 29 Prozent der Stimmen zurückgefallen. Und anders als sonst gaben die Wähler auch der "Sozialistischen Arbeiterpartei Spaniens" (PSOE, "Partido Socialista Obrero Español") keine regierungsfähige Mehrheit im Parlament, sondern 22 Prozent - nach 29 Prozent vor vier Jahren.

Gespenst der Unregierbarkeit

Denkbar wären derzeit eine große Koalition oder eine Konglomerat aus PSOE, Podemos und weiteren Splitterparteien des linken Spektrums. Denn auch naheliegende Koalitionspartner haben nicht genug Parlamentssitze erzielt, um einen der Spitzenkandidaten der beiden großen Parteien auf Anhieb zum Ministerpräsidenten zu küren. Für die PP wäre das die liberal-konservative Ciudadanos ("Bürger"), für die PSOE die linke Podemos ("Wir können"). Beide Parteien sind neu in der politischen Landschaft Spaniens und ziehen zum ersten Mal überhaupt ins spanische Nationalparlament ein - und zwar mit der beachtlicher Zustimmung von 21 Prozent (Podemos) und 14 Prozent (Ciudadanos). Das Gespenst der Unregierbarkeit, das schon im gesamten Wahlkampf beschworen wurde, scheint also Einzug zu halten.

Erfahrung reicht nicht

Gemma Casadevall (Foto: DW)
Gemma Casadevall

Das zu vertreiben, wäre die Aufgabe des 60-jährigen Mariano Rajoy gewesen, der seine PP zum vierten Mal in eine nationale Wahl führte. Doch seine Erfahrung hat ihm letztlich nicht genügt, um gegen das Momentum zu bestehen, das seine drei jungen Herausforderer in den Wahlkampf gebracht haben. Mit 43 Jahren ist der PSOE-Kandidat Pedro Sánchez noch der älteste von ihnen. Aber vor allem Podemos-Chef Pablo Iglesias mit 37 und Albert Rivera von Ciudadanos mit 36 Jahren waren angetreten, um die alten Machtverhältnisse aufzubrechen. Und das ist ihnen gelungen.

Stimmen gegen Korruption

Am Wahltag vor vier Jahren übertrugen die krisengebeutelten Wähler die absolute Mehrheit einem PP-Kandidaten, von dem sie wussten, dass er noch mehr Sozialleistungen kürzen würde. Doch trotz der Einschnitte ist die Krise noch nicht überwunden. Aber es ist nicht die anhaltend hohe Arbeitslosigkeit, die Rajoy und die PP so viele Stimmen gekostet hat, sondern die schier endlose Reihe von Korruptionsskandalen in der "Volkspartei".

Auch wenn also die Ungewissheit, in der die Spanier die Nacht nach der Wahl verbracht haben, noch etwas anhält - ein positives Signal haben sie bereits gesendet: Viele von ihnen haben ihre Stimme gegen die verkrusteten Strukturen der etablierten Parteien und für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit abgegeben.

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