1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Trumps letzter Strohhalm heißt Venezuela

DW Nachrichten TV Oliver Sallet
Oliver Sallet
6. April 2020

Zum wiederholten Mal versucht Donald Trump, mit Druck auf das Regime in Venezuela einen außenpolitischen Erfolg einzufahren. Er braucht ihn, um wiedergewählt zu werden, meint Oliver Sallet.

https://p.dw.com/p/3aUnu
Donald Trump empfängt Juan Guaido aus Venezuela
US-Präsident Donald Trump (l) mit Venezuelas Parlamentspräsident Juan Guaidó (r) im Februar in WashingtonBild: picture-alliance/abaca/Y. Gripas

Eines muss man ihm lassen: US-Präsident Donald Trump hat oft versucht, den ganz großen außenpolitischen Coup hinzulegen. Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un sollte in einer Art Männerfreundschaft auf Augenhöhe davon überzeugt werden, seine Atombombenpläne aufzugeben - daraus wurde bekanntlich nichts. 

Mit dem Aufkündigen des internationalen Atomabkommens und verschärften Sanktionen wollte Trump den Iran von atomarer Aufrüstung abhalten - mit dem Ergebnis, dass der Iran sich seinerseits nicht mehr an das Abkommen gebunden fühlt.

Mit seinem Truppenrückzug aus Syrien erreichte Trump vor allem eins: Die Türkei und Russland bekamen freie Hand für ihre Intervention in der Region, der sogenannte "Islamische Staat" eine zweite Chance und die kurdischen Partner sahen sich von heute auf morgen im Stich gelassen.

Den Handelsstreit mit China sollte ein neuer Vertrag beilegen. Ein erstes Teilabkommen ist zwar unterschrieben, der wirtschaftliche Schaden der Auseinandersetzung für die USA ist bislang jedoch groß. 

Die Liste der Versuche des US-Präsidenten, mit seiner typisch Trumpschen Art außenpolitische Erfolge einzufahren, ist lang. Sie sind meistens gescheitert. 

Aufrüstung statt Politik

Und da war auch noch Venezuela: Machthaber Nicolás Maduro, der sein Land in den wirtschaftlichen Ruin getrieben hat und sein Volk hungern lässt, soll das Feld räumen. Stattdessen hätte Trump gerne den selbsternannten Übergangspräsidenten Juan Guaidó im Amt. Doch bisher ist kein Machtwechsel in Sicht - trotz Washingtons Drohungen und Sanktionen gegen Maduro und Unterstützung für Guaidó.

DW Nachrichten TV Oliver Sallet
Oliver Sallet, DW-Korrespondent in WashingtonBild: DW

Nun wird das wirtschaftlich gebeutelte Venezuela auch noch vom Coronavirus heimgesucht. Für Donald Trump ist es die große Chance, es noch einmal mit seiner Politik des maximalen Drucks zu versuchen. Deshalb hat er vergangene Woche zusätzliche Kriegsschiffe und Aufklärungsflugzeuge in die Region verlegt. Offizielle Begründung: Kolumbianische Drogenkartelle versuchten, die Pandemie für ihre Zwecke auszunutzen. Für Trump steht fest, dass Maduro mit den Drogenbossen zusammenarbeitet und Kokain in die USA schmuggelt. Ob Trump mit seinem militärischen Vorstoß Erfolg haben wird? Wohl kaum.

Das Kartenhaus stürzt ein

Klar ist aber eins: Donald Trump braucht unbedingt einen außenpolitischen Erfolg. Denn sein großer Stolz, die boomende Wirtschaft, die Rekorde am Aktienmarkt, brechen derzeit vor seinen Augen buchstäblich zusammen wie ein Kartenhaus, dass es laut Ökonomen auch immer gewesen ist. Und die Mauer an der Grenze mit Mexiko, die er seinen Wählern vollmundig versprochen hat, ist heute kein Thema mehr. 

Das Coronavirus - das Trump wochenlang kleinredete, als Hirngespinst der Demokraten verspottete, als Grippevirus, das bald wieder weg wäre - hat die Karten neu gemischt. Was also spricht überhaupt noch für Donald Trumps Wiederwahl?

Sehenden Auges in die Katastrophe

In der Krise stellen sich die US-Amerikaner hinter ihren Präsidenten. Das war schon immer so und war auch während der Corona-Pandemie zunächst zu beobachten. Doch die hohen Todeszahlen, die unaufhaltsame Katastrophe, in die die USA schlittern und die in New York City längst wütet, verzeihen ihm nicht alle seine Wähler. Die Arbeitslosenzahlen schießen unaufhaltsam in die Höhe und die Zeit bis zum Wahltermin Anfang November läuft Trump ebenfalls davon. 

Da wäre ein außenpolitischer Durchbruch nicht nur willkommen, er wäre überlebensnotwendig. Erfolg in Venezuela ist Donald Trumps letzter verbliebener Strohhalm.