Putin ist Punktsieger
2. Oktober 2015Das Gipfeltreffen von Paris hat wenig konkrete Ergebnisse, aber es hat eines klar gezeigt: In der Außenpolitik hängt alles mit allem zusammen. Man kann nicht über den Konflikt in der Ukraine sprechen, ohne auch über den Syrien-Krieg und die Flüchtlingskrise in Europa zu verhandeln. Die Fäden hält dabei zweifellos der russische Präsident Wladimir Putin in der Hand. Er präsentierte sich beim Gipfel mit Frankreichs Präsident François Hollande, dem ukrainschen Präsidenten Petro Poroschenko und der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel als geschickter Taktiker. Putin behielt klar Oberwasser. Er verschärft mit seinen Bomben auf syrische Oppositionsmilizen die Lage in dem Bürgerkrieg und setzt den Westen mächtig unter Druck. In der Ost-Ukraine hält Putin im Moment still, macht aber deutlich, dass er jederzeit die Angriffe prorussischer Rebellen wieder versträrken könnte, wenn es in sein Kalkül passt.
Die Druckmittel der westlichen Staaten und der Ukraine sind gering. Natürlich sind die Sanktionen der EU und der USA für Russland schmerzhaft, aber sie haben Putin auf keinen Fall ins Wanken gebracht. Vordergründig lehnen Merkel, Hollande und Co. eine Verknüpfung der Syrien-Frage mit der Ukraine-Krise ab, aber im Hintergrund wird unter Diplomaten längst darüber gesprochen, wie man mit Russland zu einer Art Kompromiss kommen kann. Russlands Rolle und Ansehen werden wieder gestärkt, dafür lenkt der Kreml an den Krisenherden ein wenig ein. So könnte die Formel lauten. Die russische Seite weiß sehr genau, dass der Druck auf Europa täglich wächst. Je schlimmer die Lage in Syrien, desto größer wird die Flüchtlingsbewegung gen Westen. Das ist die makabre Gleichung.
Will Putin Europa spalten?
Was in der Ukraine-Krise nicht gelang, nämlich einen Keil zwischen die EU-Staaten zu treiben, könnte in der Syrien-Frage gelingen. Der Andrang der Flüchtlinge hat die EU bereits jetzt an den Rand einer schweren politischen Krise getrieben. Da kann zusätzlicher Druck durch Bombardements in Syrien der russischen Seite nur recht sein. Was genau Wladimir Putin am Ende erreichen will und welches Verhältnis er eigentlich zur EU und darüber hinaus auch zu den USA haben will, blieb auch nach dem Treffen von Paris unklar.
Die Ukraine hat das Pech, in den Strudel der geopolitischen Überlegungen des Kreml zu geraten. Die Umsetzung des Minsker Friedensplanes lässt der Kreml nur in ganz langsamen Schritten zu. Der Konflikt soll weiterköcheln als Faustpfand für die größeren Machtspiele. Der ukrainische Präsident steht unter massivem Druck, innenpolitisch, aber auch von Seiten seiner Verbündeten. Merkel und Hollande haben ihm noch einmal klar gemacht, dass auch die Ukraine mehr tun muss, um den Minsker Plan abzuarbeiten.
Kleine Kompromisse ohne Gewähr
Einen kleinen Erfolg kann Poroschenko zumindest verbuchen. Die umstrittenen Regionalwahlen im Separatistengebiet sollen nun doch nicht stattfinden. Russland will sich in einer Arbeitsgruppe dafür einsetzen, dass die Wahlen nach ukrainischem Recht ablaufen können. Klare Zusagen sehen anders aus, aber immerhin besser als nichts. Die Frage, wie Regionalwahlen in der Ostukraine organisiert werden können, ist zwar wichtig, aber doch auch nicht der entscheidende Stolperstein.
Eine Gesetzgebung zur regionalen Autonomie der östlichen Ukraine ist überfällig. Wichtig wäre vor allem die Kontrolle der Grenze zu Russland durch ukrainsiche Regierungstruppen. Doch davon ist man noch meilenweit entfernt. Der 31. Dezember als ultimativer Termin für den Friedensprozess, der ursprünglich angepeilt war, ist nicht mehr zu halten.
Russland pokert weiter. Und weder Merkel noch Hollande haben ein Ass im Ärmel.
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