Netanjahus Theater
So macht man das: Man lässt etwas nicht stattfinden und erschlägt damit alles, was eigentlich wirklich wichtig gewesen wäre. Mit seinem Theater um das Treffen mit Bundesaußenminister Sigmar Gabriel und - der letztlichen Absage - hat der israelische Premier- und Außenminister Benjamin Netanjahu verhindert, dass Inhalte zur Sprache kamen.
Vermutlich wollte er nicht über die Themen reden, die Gabriel bei seinem Besuch am Herzen lagen: über die Zwei-Staaten-Lösung, über Israels Siedungspolitik oder über die neuen Gesetze für Nichtregierungsorganisationen, die an Gesetze in Russland und der Türkei erinnern.
Netanjahu hätte wohl lieber über Israels Erzfeind, den Iran, geredet. Und den Konflikt in der eigenen Region würde er gern in den Schatten des Kriegs in Syrien und der weltweiten Terrorbekämpfung rücken.
Thema verfehlt
Dabei liegt genau darin die Gefahr: Wenn sich in diesem Urkonflikt im Nahen und Mittleren Osten nichts bewegt, wächst das Risiko für die Radikalisierung einer ganzen Generation junger Palästinenser - im Gazastreifen wie im Westjordanland. Und irgendwann trägt Radikalisierung dann nicht mehr den Namen Hamas, sondern IS.
Das zu unterbinden, liegt tatsächlich im gemeinsamen Interesse Israels und der verschiedenen palästinensischen Fraktionen. Und wenn erst einmal ein gemeinsames Interesse identifiziert ist, ist der erste Schritt für echte Verhandlungen getan. In diesem Bereich kann Deutschland, kann Europa zum Akteur werden.
Zwar wird Israel seine Sicherheit niemals einem anderen Land als den USA anvertrauen - den wirtschaftlichen Aufbau in den Palästinensergebieten können sich alle beteiligten Seiten aber durchaus mit europäischer Unterstützung vorstellen.
Themenvorschlag fürs nächste Mal
Solch eine Zusammenarbeit wird an dem abgesagten Gespräch genauso wenig scheitern, wie die deutsch-israelischen Beziehungen daran zugrunde gehen werden. Die besondere Verbindung, Verbindlichkeit und Verantwortung Deutschlands gegenüber Israel wird dadurch nicht erschüttert.
Die zwei Außenminister reden an diesem 25. April nicht miteinander. Einer der Gründe dafür ist, dass die deutsche Regierung zuvor die gemeinsamen deutsch-israelischen Konsultationen abgesagt hatte. Netanjahus Absage ist also auch eine erkennbare Retourkutsche. Das ist misslich, denn Außenminister sollten selbst in schwierigsten Lagen miteinander sprechen.
Die unangenehmste Entwicklung an alledem ist aber, dass Netanjahu innenpolitischen Beifall bekommt, wenn er versucht, Gespräche mit ihm nicht genehmen Organisationen zu unterbinden. Das klingt nach Russland und Türkei, und nicht nach der einzigen Demokratie in der Region, die Israel - noch - ist. Auch darüber sollten die Außenminister dringend reden. Wenn - nicht falls - sie sich das nächste Mal treffen.
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