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Merkel hält die Tür für Griechenland offen

5. Juli 2015

Wie werden sich die Griechen entscheiden? Auch im Berliner Kanzleramt wird der Ausgang des Referendums mit großer Spannung verfolgt. Schließlich hängt für Angela Merkel einiges davon ab, meint Sabine Kinkartz.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel
Bild: picture-alliance/dpa/P. Grimm

Es war am 1. Juni dieses Jahres, als am späteren Abend IWF-Chefin Christine Lagarde und EZB-Präsident Mario Draghi klammheimlich und im Schutz der Dunkelheit das Kanzleramt betraten. Die Kanzlerin hatte sie nach Berlin gebeten, um - natürlich - über Griechenland zu reden. Ihrem Finanzminister hatte Angela Merkel davon nichts gesagt. Der fand das gar nicht lustig, wie anschließend durchsickerte. Aber er hielt still. Wolfgang Schäuble ist ein loyaler Mensch.

Schäuble hätte an dem Abend nur gestört. Gemessen an dem, was die Bundeskanzlerin noch zu erreichen hoffte, war Schäubles Blick auf das griechische Desaster bereits viel zu pessimistisch. Realistisch, würde er jetzt mit Nachdruck sagen und im Nachhinein hat er wohl auch recht. Für Merkel hingegen galt am 1. Juni noch: "Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg". Sie wollte eine gute Europäerin sein und als Regierungschefin der größten Volkswirtschaft in der EU den Euro-Raum zusammenhalten. So, wie es ihr jeder nahegelegt hatte, in Washington, in Peking oder am Golf.

Merkel und die Schuldfrage

Sie wollte aber auch und vor allem nicht die Schuld am Scheitern der Verhandlungen zugewiesen bekommen. Zwar hatte die Bundesregierung in den vergangenen Monaten immer wieder betont, dass nicht Deutschland, sondern das Trio aus Internationalem Währungsfonds, Europäischer Zentralbank und EU-Kommission entscheide, ob Athens Reformzusagen ausreichen. Doch kaum jemand kaufte Merkel den Rücktritt ins zweite Glied ab und in Athen schon gar niemand. Im Gegenteil. Der Ansatz, finanzielle Hilfen mit harten Reformauflagen zu verbinden, galt seit jeher als deutscher.

DW-Hauptstadtkorrespondentin Sabine Kinkartz - Foto: DW
DW-Hauptstadtkorrespondentin Sabine KinkartzBild: DW/S. Eichberg

So musste sich Merkel weiter im Fokus sehen und deshalb war sie bis zuletzt auch bereit, einiges in Kauf zu nehmen. Auch innenpolitisch. Zu hart sei Ihr Kurs, warfen ihr die Linken vor, zu weich, hieß es aus den Reihen der Unionsparteien. Die Kluft zwischen der CDU-Parteichefin und ihrer Bundestagsfraktion war zuletzt nicht mehr zu übersehen. Rückblickend wäre es durchaus interessant zu sehen, wie die Union reagiert hätte, wenn die griechische Regierung dem Kompromiss zugestimmt hätte. In den Augen von CDU und CSU wären die Zugeständnisse der Gläubiger sicherlich ein sehr fauler Kompromiss gewesen, über den es Streit gegeben hätte. Großen Streit.

Das Tischtuch ist zerschnitten

Von dieser Warte aus dürfte es Merkel gar nicht unrecht sein, dass die griechische Regierung die Verhandlungen in letzter Sekunde abgebrochen und damit auch dem Bundestag die Entscheidung abgenommen hat. Der Schwarze Peter liegt jetzt in Athen. Merkel gibt das die Möglichkeit, mit ihrer Partei wieder ins Reine zu kommen. Wie nötig das ist, wird sie spätestens auf der Geburtstagsfeier der CDU am vergangenen Montag gemerkt haben. Dort feierte die Unionsfraktion Bundesfinanzminister Schäuble für seine harte Haltung gegenüber Athen. Und der macht keinen Hehl daraus, dass das Tischtuch zwischen ihm und der Regierung in Athen zerschnitten ist.

So wird viel davon abhängen, wie das griechische Referendum am Sonntag ausgehen wird. Folgen die Griechen ihrer Regierung und lehnen das - ohnehin bereits beendete - zweite Hilfsprogramm mit seinen Reformauflagen ab, dann wird es wohl keine weiteren Verhandlungen über neue Kredite geben. Dann muss Angela Merkel auch keine Grätsche mehr zwischen innenpolitischen Zwängen und außenpolitischen Notwendigkeiten vollführen. Dann geht es erst einmal um den ökonomischen Schaden, den der verschleppte griechische Konkurs Europa zufügen wird. Für den im Übrigen auch Merkel mit verantwortlich ist.

Alles auf Anfang?

Sagen die Griechen ja, dann ist entscheidend, ob die Regierung von Alexis Tsipras zurücktreten wird. Mit ihr will nicht nur Wolfgang Schäuble nicht mehr verhandeln. Mit neuen Ansprechpartnern müsste ein drittes Hilfspaket auf die Beine gestellt werden. Ein schwieriges Unterfangen, denn dann gelten die Vorschriften des dauerhaften Rettungsfonds ESM. Der räumt den nationalen Parlamenten, also auch dem Bundestag weitreichende Mitspracherechte ein. Angela Merkel wäre also noch viel mehr als heute darauf angewiesen, dass ihre Partei ihr folgt.

Ihr Spielraum wird enger sein als bisher. Das weiß die CDU-Chefin und deswegen kehrt sie schon einmal vorsorglich zu einer harten Haltung zurück. Den für seine strikte Auffassung bekannten internationalen Währungsfonds will die Kanzlerin bei weiteren Verhandlungen unbedingt im Boot haben. Zudem pocht Merkel darauf, dass sich die Euro-Länder darauf besinnen müssten, eine Rechts- und Verantwortungsgemeinschaft zu sein.

Von einem Weg, den jeder findet, der nur den entsprechenden Willen hat, ist keine Rede mehr. Stattdessen werden der Euro und Europa wieder erneut beschworen. Nur diesmal in einer neuen Variante. Der Euro, das ist jetzt die Rechts- und Verantwortungsgemeinschaft. Wenn die, also der Euro scheitere, dann scheitere auch Europa. In den Unionsparteien wird man bei diesen Worten genau hingehört haben. Denn sie implizieren, dass Merkel die Tür für Verhandlungen mit Griechenland nur offen halten kann, wenn sich, wer auch immer in Athen das Sagen haben wird, absehbar und tatsächlich an diese Regeln hält. Im anderen Fall müsste die Bundeskanzlerin die Tür nämlich zumachen.

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