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Burundi: Jetzt eingreifen!

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Andrea Schmidt
8. Juli 2015

Die Regierungspartei hat die Parlamentswahlen in Burundi gewonnen. Die Wahl war eine Farce, damit steigt kurz vor der Präsidentenwahl die Gefahr eines neuen Bürgerkriegs in Burundi, meint Andrea Schmidt.

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Proteste gegen Nkurunzizas erneute Kandidatur (Foto: REUTERS/Goran Tomasevic)
Bild: Reuters/G. Tomasevic

Das Ergebnis der Parlamentswahl überrascht niemanden. Sie war weder frei noch fair: Ohne eine unabhängige Wahlkommission, ohne unabhängige Wahlbeobachter. Kritische Politiker haben in den vergangenen Wochen das Land verlassen, ebenso Mitglieder der Wahlkommission, Verfassungsrichter, Journalisten. Die Opposition hatte zum Boykott der Wahlen aufgerufen. Alle freien Medien wurden vorab mundtot gemacht, ihre Redaktionsräume und Technik komplett zerstört. Die Burunder hatten keine Chance, vor den Wahlen ausreichend und von unabhängigen Medien informiert zu werden. Denn nur noch die Staatsmedien existieren.

Seit der Bekanntgabe der Kandidatur von Präsident Pierre Nkurunziza Ende April dominieren Gewalt und Einschüchterung in dem kleinen ostafrikanischen Land. Mit den Parlamentswahlen hat der Präsident erreicht, was er wollte. Jetzt ist der Weg frei für umfassende Verfassungsänderungen.

Auch der Regionalgipfel der Ostafrikanischen Gemeinschaft (EAC) in der tansanischen Metropole Dar es Salaam am Montag hat nichts erreicht. Der burundische Präsident blieb lieber in Bujumbura - für seinen Wahlkampf, hieß es offiziell. Wahrscheinlicher ist, dass er einen weiteren Putsch fürchtete wie beim letzten EAC-Gipfel im Mai. Diesen Versuch hatten Nkurunzizas Getreue noch niederschlagen können.

Den Bock zum Gärtner gemacht

Fern blieben dem Treffen aber auch die Präsidenten von Ruanda und Kenia, sie schickten lediglich ihre Außenminister. Das zeigt, wie gering ihr Interesse an einer friedlichen Lösung des Konflikts in Burundi ist. Gerade jetzt hätten sie beweisen können, dass es ihnen ernst ist mit der Demokratie in Ostafrika. Stattdessen wurde ausgerechnet Yoweri Museveni, der Präsident Ugandas, zum Vermittler in Burundi gekürt. Damit macht die EAC den Bock zum Gärtner. Denn Museveni ließ selbst die Verfassung ändern, um eine Amtszeitbegrenzung aufzuheben und wohl lebenslang Präsident zu bleiben.

Ohnehin lässt den burundischen Präsidenten Nkurunziza bisher jede Kritik kalt. Es geht ihm um die Macht, koste es, was es wolle - er riskiert sogar einen Bürgerkrieg. Der könnte auch die Nachbarländer, allen voran Ruanda, destabilisieren. Der letzte Bürgerkrieg hat 13 Jahre gedauert. Mehr als 300.000 Menschen starben.

Nicht tatenlos zusehen

Die Wahlen in Burundi dürfen von keiner Regierung der Welt anerkannt werden. Es müssen klare politische Signale nach Bujumbura gesendet werden. Die Regierung muss die massiven Menschenrechtsverletzungen und Einschüchterungen umgehend einstellen. Sie darf den Ruf nach Demokratie im eigenen Land nicht weiter missachten. Eine weitere Eskalation der Gewalt muss unbedingt verhindert werden. Über 140.000 Menschen sind seither in die Nachbarländer geflohen, über 1000 Menschen wurden inhaftiert, etwa 500 verwundet, mehr als 70 Menschen sind getötet worden. Die Putschisten vom Mai dieses Jahres drohen, Nkurunziza mit Gewalt zu stürzen. Der behauptet im Gegenzug, dass nach Ruanda Geflohene von dort den bewaffneten Kampf gegen ihn organisieren.

Andrea Schmidt (Foto: DW)
Andrea Schmidt, Leiterin der Kisuaheli-Redaktion

Leider haben die Drohungen und ausnahmsweise einmütigen Appelle von UN, der Afrikanischen und der Europäischen Union bislang nichts genützt. Auch die jüngste EAC-Forderung, die für den 15.7. angesetzte Präsidentschaftswahl um einige Wochen zu verschieben, wird folgenlos bleiben. Was soll das auch bringen? Die Kandidatur von Präsident Nkurunziza ist und bleibt verfassungswidrig und unmoralisch.

Angesichts dieser besorgniserregenden Entwicklung darf die Weltgemeinschaft nicht tatenlos zusehen. Als Reaktion auf den Völkermord in Ruanda haben die Vereinten Nationen 2005 mit ihrer Initiative zur Schutzverantwortung (Responsibility to Protect) ein neues System entwickelt. Es verpflichtet Staaten, ihre eigene Bevölkerung vor schweren Menschenrechtsverletzungen, Völkermord und ethnischen Säuberungen zu schützen. Wenn ein Staat diese Schutzverantwortung nicht erfüllt, dann kann die internationale Gemeinschaft diese Verantwortung übernehmen und militärisch intervenieren. Das muss jetzt auch in Burundi greifen, bevor die politische Krise in einen katastrophalen Bürgerkrieg umschlägt.