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Friedenspoker in Libyen

DW Kommentarbild | Autor Kersten Knipp
Kersten Knipp
12. Juli 2015

In Libyen haben mehrere Konfliktparteien einen Friedensplan unterzeichnet. Nur der Allgemeine Nationalkongress verweigert sich noch. Doch auch er dürfte in den Pakt bald einschlagen, meint Kersten Knipp.

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Politische Parteien bei den Verhandlungen zum UN-Friedensplan für Libyen, 11.07.2015 (Foto: AFP / Getty Images)
Bild: F. Senna/AFP/Getty Images

Es ist geschafft: Der von den UN vermittelte Friedensplan für Libyen ist unterzeichnet. Das ist ein wichtiger Schritt in Richtung Frieden für das Land, das seit Jahren von Machtkämpfen zwischen rivalisierenden Milizen und dschihadistischen Gruppen zerrissen ist.

Ob diesem Schritt allerdings weitere folgen, ist noch nicht sicher. Denn ein zentraler Spieler im libyschen Machtgefüge, der islamistische Allgemeine Nationalkongress (General National Congress, kurz GNC), hat seine Zustimmung zu dem Dokument verweigert - vorerst zumindest. Seit Wochen hat sich der GNC gegen die vom UN-Sondergesandten Bernardino León eingebrachte Übereinkunft gesperrt, weil er sich nicht angemessen repräsentiert sieht. Anders ausgedrückt: Der GNC fürchtet, im politischen Machtkampf des Landes dauerhaft den Kürzeren zu ziehen.

GNC politisch isoliert

Kersten Knipp (Foto: DW)
DW-Nahost-Experte Kersten Knipp

Zwar sehen seine Vertreter sich als legitime nationale Repräsentanten des Landes. Aber damit stehen sie weitgehend allein. Denn Libyen hat neben dem GNC noch eine weitere Regierung: Die durch die Wahlen im letzten Sommer demokratisch legitimierte Regierung von Ministerpräsident Abdullah Thenni. Die floh vor dem Druck der Islamisten zwar in die Hafenstadt Tobruk, erfreut sich aber internationaler Anerkennung.

Trotz der fehlenden Unterschrift gibt sich der UN-Sondergesandte Bernardino León überzeugt, mit dem Abkommen sei ein "wirklich wichtiger Schritt" zum Frieden gemacht worden. Gut möglich, dass er recht damit behält. Denn der GNC hat sich nicht grundsätzlich gegen das Papier ausgesprochen sondern drängt nur auf Nachbesserungen.

Nachverhandlungen möglich

Dass diese umgesetzt werden, ist nicht ausgeschlossen. Die großen westlichen Staaten und Russland haben das Abkommen begrüßt. Sie erklärten zwar, es sei "endgültig", doch hat León bereits angekündigt, dass die Tür für weitere Gespräche offen stehe. Auch die Regierung in Tobruk sperrt sich nicht gegen Verhandlungen mit dem GNC.

Der kann sich seinerseits nicht langfristig vom nationalen Dialog abkoppeln. Neben Vertretern der Regierung in Tobruk haben nämlich auch die Bürgermeister mehrerer libyscher Städte - darunter auch der von Tripolis - sowie bedeutende Vertreter der libyschen Zivilgesellschaft unterschrieben. Auch international ist der GNC isoliert. Ob seine Mitglieder durch eine Verweigerungshaltung dauerhaft in der Isolation verharren wollen, werden sie sich drei Mal überlegen.

Verantwortung tragen

Wie wichtig ein Friedensabkommen für Libyen ist, hat sich auch an diesem Wochenende wieder gezeigt. Am Samstag wurden bei Kämpfen zwischen der libyschen Armee und Dschihadisten zahlreiche Menschen getötet und verletzt.

Auf dem GNC lastet also erhebliche Verantwortung - sich selbst und vor allem dem Land gegenüber. Ihr wird er absehbar nachkommen, auch wenn er derzeit noch pokert.

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DW Kommentarbild | Autor Kersten Knipp
Kersten Knipp Politikredakteur mit Schwerpunkt Naher Osten und Nordafrika