Ein erster Schritt in die richtige Richtung
Die Stimmung unter deutschen Unternehmern bei der Hannover Messe im April 2015 war nüchtern. Im Mittelpunkt des Interesses stand die indische Kampagne "Make in India", die darauf abzielt, mehr ausländische Investoren anzuziehen. Zum Ansinnen des indischen Premierministers Narendra Modi, deutsche Unternehmer dazu zu bewegen, in Indien Geschäfte zu machen, gab es am Ende mehr Fragen als Antworten. Deutsche Unternehmen bemängeln die schwerfällige indische Bürokratie, die grassierende Korruption, den unzureichenden Schutz geistigen Eigentums und die Tatsache, dass die indischen Fachkräfte nicht gut genug ausgebildet sind.
Darüber hinaus sei der Zeitraum bis zu dem Moment, in dem die Investition auch wirklich Früchte trage, für den Mittelstand - das Rückgrat der deutschen Industrie - einfach zu lang. Die meisten der mehr als 1600 deutschen Unternehmen, die in Indien aktiv sind, gehören zum Mittelstand. Zehn Jahre darauf zu warten, dass sich das Engagement auszahle, so wie es sich internationale Konzerne wie Siemens, SAP oder Mercedes leisten könnten - das ist für kleine und mittelständische Unternehmen nicht möglich. Auch die politischen Beziehungen sind Schwankungen unterworfen. So hatte Hindu-Nationalist Modi den Deutschunterricht an einigen indischen Schulen zugunsten von Sanskrit aus dem Lehrplan verbannt und damit die Kanzlerin verärgert.
Modi und seine Modernisierungskampagne
Vor diesem Hintergrund war die Merkel-Reise von großer Bedeutung. Deutschland als eine der weltweit führenden Exportnationen möchte die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen mit Indien ausbauen. Daran gibt es keinen Zweifel. Im Jahr 2014 betrug das Handelsvolumen rund 16 Milliarden, die Zahlen stagnieren seit 2012. Das Problem besteht darin, die Handelshemmnisse, die die deutsche Seite kritisiert, aus dem Weg zu räumen.
Modi hatte bei seiner Wahl im Mai 2014 einen ambitionierten Kurs eingeschlagen, um sein Land zu modernisieren. Allerdings kann er bis jetzt wenig Ergebnisse vorweisen, weil sich die Opposition im Parlament querstellt. Aber der Druck der wachsenden Gesellschaft lässt ihm keine Wahl. Die Mehrheit der über 1,2 Milliarden Inder ist jung, sie verlangen nach Jobs und einer sicheren Zukunftsperspektive.
Wie es aussieht, war Modi seit seinem Besuch auf der Hannover Messe fleißig und hat verstanden, was deutsche Unternehmer brauchen. In Delhi unterzeichneten beide Regierungschefs ein sogenanntes "Fast-Track"-Abkommen. Das Verfahren sieht vor, dass deutsche Unternehmen künftig nur noch einen einzigen Ansprechpartner im Behördendschungel der indischen Verwaltung haben sollen - anstatt mehrere bürokratische Hürden nehmen zu müssen. Insgesamt 18 Verträge unterzeichneten beide Seiten, beispielsweise in den Bereichen der erneuerbaren Energien und der Verteidigung.
Große Herausforderungen warten
Daneben möchte Deutschland Indien bei der Berufsausbildung von Fachkräften in der Praxis unterstützen. Und Modi änderte seine Meinung, was den zugunsten von Sanskrit aus dem Stundenplan genommenen Deutsch-Unterricht an ausgewählten Schulen betrifft: eine kleine, aber wichtige Geste als Zeichen des guten Willens. Ferner verständigen sich beide Seiten darauf, die seit 2007 auf Eis liegenden Verhandlungen zu einem Freihandelsabkommen zwischen der EU und Indien wieder aufzunehmen.
Die weitere Entwicklung der Beziehungen zwischen der EU und Indien wird nicht zuletzt davon abhängen, wie es mit dem strittigen Punkten um den Schutz geistigen Eigentums weitergeht. Für indische Unternehmer ist es eine heikle Frage. Die europäischen Unternehmen werden weitere Zusagen einfordern, dass ihnen Modi in den kommenden Jahren tatsächlich das moderne Geschäftsumfeld bieten kann, das sie sich wünschen. Davon ist nicht nur der weitere Fortschritt Indiens abhängig, sondern auch das politische Überleben des indischen Premiers. Die Ergebnisse des Treffens mit Bundeskanzlerin Merkel waren ein erster Schritt in die richtige Richtung. Nicht mehr und nicht weniger.
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