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Politik

Die zwei Versprechen des Balfour-Briefs

Kommentarbild PROVISORISCH | Rainer Hermann, FAZ & Klett-Cotta
Rainer Hermann
2. November 2017

Es ist gut, dass das Volk der Juden heute einen eigenen Staat hat. Es ist aber ein Unrecht, den Palästinensern einen eigenen Staat bis heute vorzuenthalten, meint Rainer Hermann von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

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Westjordanland Ramallah 100. Jahrestag Balfour-Deklaration | Proteste, Demonstration
Palästinenser protestieren in Ramallah am 100. Jahrestag der Balfour-DeklarationBild: Getty Images/AFP/A. Momani

So hatte vor 100 Jahren Weltpolitik funktioniert: Mit einem Federstrich teilten Großbritannien und Frankreich unter sich die Levante auf, mit einem Brief legte der britische Außenminister Arthur Balfour den Grundstein für die spätere Gründung des Staates Israel, und vollmundig haben die Kolonialmächte den Arabern allerlei versprochen. Diese Versprechen aber wurden alle Makulatur. So war es mit dem britischen Versprechen an die Araber, im Gegenzug für ihre Unterstützung im Ersten Weltkrieg einen arabischen Staat zu gründen; stattdessen eigneten sich die Briten das Land selbst an. Und so sollte es schließlich mit dem zweiten Teil der "Balfour-Deklaration" werden.

Der Brief von Arthur Balfour an Lionel Walter Rothschild vom 2. November 1917 besteht aus einem einzigen Satz, aus 67 Wörtern und aus zwei Versprechen. Zunächst sicherte die britische Regierung dem jüdischen Volk eine Heimstätte in Palästina zu. Das war ein politisches Versprechen. Schließlich gehörte Palästina noch dem Osmanischen Reich. Ein Volk habe einem zweiten das Land eines dritten Volkes gegeben, schrieb später der Schriftsteller Arthur Koestler.

Das Versprechen an die zionistische Bewegung fand Eingang in den Mandatsvertrag, mit dem der Völkerbund nach dem Krieg einen Teil der Levante Großbritannien anvertraute. Damit wurde es Teil des Völkerrechts. Juden, die vor Verfolgung in Europa und dem Holocaust flohen, fanden in Palästina Zuflucht; 1948 wurde der jüdische Staat Israel gegründet.

Autor Rainer Hermann
Rainer Hermann von der Frankfurter Allgemeinen ZeitungBild: picture-alliance/dpa

Der zweite Teil des Briefs blieb indessen unerfüllt. Darin hatte sich die britische Regierung verpflichtet, "dass nichts geschehen soll, was die bürgerlichen und religiösen Rechte bestehender nichtjüdischer Gemeinschaften in Palästina" beeinträchtigen könnte. Was für ein Hohn! Die Araber hatten damals mehr als 90 Prozent der Bevölkerung Palästinas gestellt, und nun waren sie nur noch "nichtjüdische Gemeinschaften". Und wie ihre Rechte beeinträchtigt worden sind! Denn die jüdisch-zionistische Landnahme vertrieb und vertreibt die arabische Bevölkerung, unverändert hält die Vertreibung an - durch Siedlungen und durch die Enteignung von Boden, der völkerrechtlich der Palästinensischen Autonomiebehörde untersteht.

Es ist gut, dass das lange verfolgte Volk der Juden heute einen eigenen Staat hat. Es ist aber ein Unrecht, den Palästinensern einen eigenen Staat bis heute vorzuenthalten. Die "Zwei-Staaten-Lösung" wäre daher die Erfüllung der Versprechen, die der Brief von Lord Balfour enthält.

 

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