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Das Rumpeln muss ein Ende haben

von der Mark Fabian Kommentarbild App
Fabian von der Mark
9. September 2016

Die Türkei und Deutschland sind Partner - das muss man wieder merken. Nach dem Armenien/Incirlik-Streit wäre ein Neustart möglich. Jetzt muss die Türkei zeigen, dass auch sie das will, meint Fabian von der Mark.

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Bildkombo Angela Merkel Recep Tayyip Erdogan
Bild: picture-alliance/dpa/Sagolj/Zivulovic/Kombo

Als das deutsche Außenministerium vor fünf Wochen erklärte, in den deutsch-türkischen Beziehungen würde es gerade "rumpeln", war das die diplomatische Umschreibung einer ernsten Krise. Da wurde von Deutschland gefordert, Gülen-Anhänger auszuliefern. Da wurde gedroht, das Flüchtlingsabkommen aufzukündigen. Und da wurde verhindert, dass deutsche Abgeordnete die Bundeswehr-Soldaten in Incirlik besuchten. Jeder Punkt für sich war aus deutscher Sicht ein Unding. Aber dazu kam noch der Ton.

Kein Umgang unter Freunden

Statt Probleme vernünftig zu besprechen, wählten die Türken die Krawall-Variante: So wurde mehrfach der deutsche Botschafter einbestellt und über diese "Maßnahme" wurde dann gerne auch direkt die Presse informiert. So geht man in einer guten Beziehung nicht miteinander um. Die deutsche Seite musste viel Kraft aufbringen um sich daran zu erinnern, dass die Türkei eigentlich ein Freund ist - NATO-Verbündeter, EU-Beitrittskandidat, Handelspartner. Wie kann es in einem solchen Verhältnis derart rumpeln?

Ja, die Türkei hat sich missverstanden und ungerecht behandelt gefühlt. In Ankara war der Eindruck entstanden, Deutschland empöre sich weniger über den Putschversuch, als über Erdogans Reaktion darauf. Dieser Eindruck war vermutlich richtig. Der deutsche Außenminister hat zuletzt hypersensibel versucht, noch nachträglich großes Mitgefühl aufzubringen. Einen ähnlichen Eier-Lauf hat Angela Merkel bei der Armenien-Resolution unternommen. Diese, aus türkischer Sicht, größte aller Verletzungen hat die Kanzlerin paradox zurückgenommen, in dem sie gleichzeitig den Inhalt verteidigt und doch die Folgenlosigkeit eingeräumt hat.

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Fabian von der Mark ist Korrespondent im Hauptstadtstudio

Deutschland hat sich damit äußerst milde gezeigt. Kritiker sagen, die Bundesregierung sei rückgratlos eingeknickt. Aber das war der Preis für den Zugang zu Incirlik, der nicht nur innenpolitisch sondern für die gesamte NATO-Mission wichtig ist. Im Kampf gegen den IS braucht die NATO auch künftig die Fähigkeiten der Bundeswehr. Aber neue Mandate erteilt der Bundestag nur, wenn die Armee auch besucht werden kann.

Offene Rechnungen gibt es jetzt keine mehr

Die deutsche Milde war aber auch das Angebot zu einer Entspannung der Beziehung, zu einem Umgang, wie er unter Partnern normal ist. Offene Rechnungen gibt es jetzt keine mehr. Die Türkei muss das Flüchtlingsabkommen mit der EU umsetzen und akzeptieren, dass es Visa-Liberalisierung nur zu den bekannten Bedingungen gibt. Die Türkei sollte auch Kritik an Verletzungen der Rechtsstaatlichkeit, der Menschenrechte oder der Pressefreiheit im eigenen Land ernst nehmen, gerade wenn sie von Partnern kommt. Die Türkei muss jetzt zeigen, dass es auch ohne Rumpeln geht - es gibt keinen Grund mehr, beleidigt zu sein.

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