Kleiner Mann ganz groß
11. Januar 2016Seine Karriere war beinahe zu Ende, bevor sie begann. Ein Hormonmangel in seinen Knochen verhinderte bei Lionel Messi ein normales Wachstum. Die Familie zog aus dem von einer Wirtschaftskrise geplagten Argentinien nach Spanien, um dort Geld für die teure Behandlung zu verdienen. Nach einem Probetraining beim FC Barcelona war das Problem schnell gelöst: Barcas damaliger Manager Carles Rexach gab dem damals 14-Jährigen - nur 1,43 Meter groß und knapp 40 Kilogramm leicht - sofort einen Vertrag. "Ich habe ihn innerhalb von einer halben Minuten verpflichtet, und der erste Vertrag wurde symbolisch auf einer Serviette aufgesetzt", berichtete Rexach später den Medien. Zudem übernahm der Klub die 900 Euro monatlichen Kosten für die Hormonbehandlung, mit der Messi mehr wachsen konnte.
"La Pulga - der Floh" zog in das Barca-Internat La Masia ein. Er wuchs nicht nur körperlich, sondern entwickelte sich auf fußballerisch bei den Katalanen in den folgenden Jahren zum Ausnahmefußballer. Im Oktober 2004 feierte er mit 16 Jahren sein Debüt in der Primera División, der ersten spanischen Liga. Sein erstes Tor erzielte Messi im Mai 2005 als jüngster Torschütze in Spanien. Bald galt er als das neue "Wunderkind des Weltfußballs" und als "Maradona-Nachfolger". Vor allem sein Tor zum 2:0 für Barcelona im Pokalspiel gegen den FC Getafe im April 2007 machte ihn bei den Fußballfans weltweit bekannt: Innerhalb von zwölf Sekunden sprintete er über das halbe Spielfeld, überspielte dabei vier Feldspieler und den Torwart - eine Kopie von Maradonas WM-Tor des Jahrhunderts 1986 im WM-Viertelfinalspiel zwischen Argentinien gegen England. Die erste, weiß Gott aber nicht einzige Parallele zum legendären Maradona.
Seine Prioritäten: Fußball, Barca und die Familie
Der damalige Barca-Coach Frank Rijkaard sprach danach von einem "Kunstwerk" und einem "Juwel für den Fußball". Mitspieler Deco schwärmte: "Ich habe Tore von Pelé, Maradona und Ronaldo gesehen. Doch dieses war das vollkommenste". Was Messi auszeichnet? Der Offensivspieler ist ein hervorragender Dribbler, an dessen Füßen auch bei hohem Tempo der Ball scheinbar klebt. Seine Spielintelligenz und Übersicht sind außergewöhnlich: Blitzschnell erkennt er Situationen und reagiert unvorhersehbar. Zudem ist Messi fast immer in der Lage, sich auch in aussichtslos erscheinenden Situationen gegen mehrere Spieler durchzusetzen.
Messi spielt eine Mischung aus einem "Zehner" und einem "Neuner", also eine Kreuzung zwischen einem Spielmacher und einem klassischen Stoßstürmer. Dabei wartet er nicht an der Strafraumgrenze auf eine Torschussvorlage, sondern lässt sich fallen, um von einer tieferen Position aus Tempodribblings zu starten oder auch aus der Zentrale die nach innen rückenden Außenstürmer mit Pässen zum gegnerischen Tor zu schicken. Und: Er strahlt eine unglaubliche Freude am Fußballspielen aus - wie ein kleines Kind. "Fußball, Barça und meine Familie, diese Dinge sind mein Leben" sagte Lionel Messi 2010 im Interview mit dem Fußballmagazin Kicker über seine Prioritäten. Seine Loyalität gegenüber dem FC Barcelona erklärt er so: "Was der Klub für mich tat, als ich klein und schwach war, kann ich ihm nie zurückgeben. Sie müssten mich rauswerfen, damit ich Barça verlasse". Echte Treue.
Erinnerungswürdiges Debüt in der Nationalelf
Ein paar Fakten dürfen natürlich nicht fehlen: Inzwischen ist Messi Rekordtorschütze der Primera División (295 Tore, insgesamt 458 für den FC Barcelona). Vier mal gewann der mittlerweile 28-Jährige die Champions League (2006, 2009, 2011, 2015), sieben Mal die spanische Meisterschaft (2005, 2006, 2009, 2010, 2011, 2013, 2015), dreimal die Klub-Weltmeisterschaft (2009, 2011, 2015), dreimal den spanischen Pokal (2009, 2012, 2015). 2008 gewann der aktuelle Nationalmannschaftskapitän mit der argentinischen Auswahl die Goldmedaille bei den Olympischen Spielen in Peking.
In Barcelona verehrt, wird Lionel Messi jedoch in seiner argentinischen Heimat kritischer gesehen. Im Nationaltrikot konnte er bisher nur ganz selten an die glänzenden Vorstellungen im Vereinsdress anknüpfen. Sein Debüt in der A-Nationalef feierte Messi im August 2005. Er wurde nach gut einer Stunde eingewechselt, flog allerdings bereits 60 Sekunden später vom Platz. Der deutsche Schiedsrichter Markus Merk hatte seine Aktion gegen einen Gegenspieler als Tätlichkeit (Ellenbogencheck) interpretiert.
Im Sommer 2006 war Lionel Messi Teil des argentinischen Teams, das sich bei der WM in Deutschland bis ins Viertelfinale spielte und dort - allerdings ohne sein Mitwirken - nach Elfmeterschießen am Gastgeber scheiterte. Erneut an Deutschland, erneut im Viertelfinale unterlag Argentinien bei der WM 2010 in Südafrika. Und vor anderthalb Jahren verloren "La Albiceleste" Messi mit seinem Team der deutschen Auswahl im WM-Finale in Brasilien.
Anklage wegen Steuerhinterziehung
Messi hat zwei Brüder und eine Schwester. Seine Eltern sind beide italienisch stämmig, die Familie wanderte im 19. Jahrhundert nach Argentinien aus. Sein Vater arbeitete früher in Rosario als Fabrikarbeiter, seine Mutter war Putzfrau. Mit seiner Freundin Antonella Roccuzzo hat Messi zwei Söhne. Seit 2005 besitzt er auch die spanische Staatsbürgerschaft. Der Grund: Damals wäre er bei Barca der vierte Nicht-EU-Bürger im Kader gewesen - drei waren erlaubt. Also wurde "Leo" kurzerhand eingebürgert. Messi gehört schon lange zu den Topverdienern des Sports: er hat derzeit ein geschätztes jährliches Einkommen von 65 Millionen Euro.
Mit der spanischen Justiz haben Messi und sein Vater Ärger. 2013 wurde bekannt, dass Messi und sein Vater als sein Spielerberater Steuern in Höhe von vier Millionen Euro hinterzogen haben sollen. Nach Kooperationen mit den Behörden hat Messi angeblich 15 Millionen Euro Steuern nachbezahlt. Vorbei ist die Sache damit noch nicht: Vor einigen Monaten entschied der Ermittlungsrichter, dass Messi und sein Vater wegen Steuerhinterziehung angeklagt werden.