Klaus Hoffmann auf Tournee
6. Dezember 2012Ein Flügel. Ein Pianist. Eine Gitarre und ein Standmikrofon. Im schwarzen Anzug und aufgeknöpftem weißen Hemd tritt der "Grandseigneur des deutschen Chansons" ins Rampenlicht. Klaus Hoffmann, 61, geht zurück zu seinen Wurzeln und präsentiert den treuen Fans in ausverkauften Sälen seine schönsten Songs aus vier Jahrzehnten.
"Häuserschluchten aus Gründerzeiten / Parks mit Buchsbäumen und ganz viel Grün / Segel die auf der Havel gleiten / Wolken, die nach irgendwo ziehn", singt Klaus Hoffmann von seiner neuen CD "Berliner Sonntag". "Frischer Wind, hier riecht es nach Eisen / nach Kohl und der Dampf spricht ein Hungergebet / graue Fassaden und Bettlerzeichen / Neues entsteht und Vergangenes vergeht. / Hier bin ich zu Haus."
Zwischen Sonne und Schatten
Klaus Hoffmann ist in Berlin zu Haus. Zwischen Sonne und Schatten kennt er sich aus. "Klaus Hoffmann schaut unter die Oberfläche von Selbstverständlichkeiten, beobachtet genau, sieht die Ungerechtigkeit und Verlogenheit, fühlt mit den Verlierern, bleibt skeptisch gegenüber den Siegern oder denen, die sich dafür halten", sagt sein Freund, der frühere deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier bei der Vorstellung der Hoffmann-Biografie "Als wenn es gar nichts wär". "Was ihn interessiert ist das Gebrochene. Und er findet Sprache für all das, kann darüber erzählen und singen."
Abbruch und Neubeginn
Bereits 1968 machte sich Klaus Hoffmann einen Namen als Liedermacher in der Westberliner Clubszene. Zwei Jahre später nahm er ein Schauspielstudium auf, spielte danach am Hamburger Schauspielhaus und an der Freien Volksbühne Berlin. Seit 1975 veröffentlicht der Sänger Hoffmann fast jährlich eine neue CD. Als Schauspieler arbeitete er bei Film und Fernsehen und wird mit der Hauptrolle in der Verfilmung von Ulrich Plenzdorfs "Die neuen Leiden des jungen W." zum Inbegriff des kämpferischen Träumers, der auf seiner Individualität besteht. 1978 machte Klaus Hoffmann dann überraschend Schluss mit der Schauspielerei. Er konzentrierte sich auf die Rolle seines Lebens.
"Raus aus dem entfremdeten Theater"
"Ich brauchte lange, um zu erkennen, dass ich den Schauspieler erhalten wollte", sagt Hoffmann im Gespräch mit der DW. "Die Figur des Sängers ist an sich mit schauspielerischen Mitteln erarbeitet - mit meinem eigenen Text, raus aus dem entfremdeten Theater. Ich musste lange an meiner Stimme arbeiten, ich klang ja die ersten zwanzig Jahre wie eine Mischung aus Heinz Rudolf Kunze und Wolf Biermann mit gepresster Stimme!"
Seither ist Klaus Hoffmann der Darsteller seiner eigenen Geschichte. Der Schauspieler trägt den Sänger. Hemmungslos pathetisch trägt er seine Liedtexte vor, voll mit großen Gefühlen. Seine Lieder - ob sentimental, schwermütig oder heiter - kommen direkt aus dem Bauch. Gekonnt gibt sich Klaus Hoffmann mit bissigen Zwischentexten und kleinen theatralischen Gesten ganz nah am Publikum. Doch immer bleibt der Mann im schwarzen Anzug das große Kind.
"Als wenn es gar nichts wär..."
"Ich wollte immer raus aus meiner eigenen Geschichte, raus aus den Grenzen der Kindheit. Ich suchte mein Leben lang nach einem Ort, an dem ich mich aufgehoben und sicher fühlte. Ich wollte frei sein - von meinem Mittelmaß, meiner Ängstlichkeit und den Selbstzweifeln. Ich begriff einfach nicht die Chancen meiner Unruhe - meiner eigenen Geschichte, die ich als unvollkommen empfand!" schreibt Klaus Hoffmann in seiner jetzt erschienenen Biografie. "Das hat sich völlig geändert", sagt Hoffmann der Deutschen Welle, als wolle er etwas verabschieden. Er schämt sich nicht mehr seiner eigenen Herkunft.
"Liebe war immer, Liebe wird sein", sinniert der Feingeist Klaus Hoffmann und fühlt, woher das Pathos seiner Lieder kam. "Der Verlust meines so früh verstorbenen Vaters. Das ewige Rumschubbern der Familie am Existenzminimum. Immer nur halb zu sein in kleinem Milieu. Da dachte ich immer, ich bin so stark, dass ich die hier alle heroisch raushole! Doch der kleine Junge hat gelernt: Das sind meine Wurzeln. Darauf musst du dich besinnen. Da kommen deine Leute her. Das ist deine Bank. Erst war ich mitleidig mit mir und meiner Geschichte. Doch von dieser Bank zehre ich, und ich kann mittlerweile sagen: Ich bin dankbar!"
"Ich werde..., ich will..."
Die Musik ist unverändert. Eine altmodische Musik. Ein Hauch Jacques Brel. Ein bisschen Jazz. Folk. Alte Berliner Couplets. "Ich werde mich verändern," sagt Klaus Hoffmann. "Aber es bleibt in den Grundstrukturen. Ich brauche den Bossa. Ich werde auch wieder tanzen auf der Bühne. Die Bühnenfigur wächst eben. Und die Musik bleibt altmodisch, aber nicht antiquiert." Und in angenehm leiser, fröhlich ausgelassener Stimmung schiebt der Schauspieler Klaus Hoffmann noch einen Gedanken hinterher: "Ich werde auch wieder spielen. Ich will auch wieder drehen. Aber es müssen Geschichten sein, wo man mich braucht!"
Auch nach vierzig erfolgreichen Jahren auf der Bühne hat Klaus Hoffmann noch Mut, nur das zu tun, was ihn interessiert.