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"Klatsche für Merkel"

5. September 2016

Nach der Wahl in Mecklenburg-Vorpommern sieht sich das politische Berlin in Erklärungsnot für die Niederlage der eigenen Parteien - und für den Triumph der AfD. Dabei zeigen die meisten Finger auf sie: Angela Merkel.

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Wahlparty der CDU nach der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern (Foto: picture-alliance/dpa)
Lange Gesichter bei den Christdemokraten: Ausgerechnet im Merkel-Stammland müssen sie eine herbe Niederlage einsteckenBild: picture-alliance/dpa/S. Sauer

Nach einer Landtagswahl geht es bekanntlich nicht nur um die künftige Zusammensetzung des Parlaments in dem Bundesland, in dem gewählt wurde - es geht auch um die Signalwirkung für kommende Wahlen. Im Falle der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern kreisen die Gedanken der bundesrepublikanischen Politiker in der Wahlnacht deshalb auch um die Berliner Wahl in zwei Wochen, mehrere weitere Landtagswahlen in diesem Jahr - und um die Bundestagswahl in gut einem Jahr.

Vor allem die CDU steht mit ihrem Ergebnis von rund 19 Prozent und Platz drei hinter SPD und AfD unter Rechtfertigungszwang. Noch dazu ist Mecklenburg-Vorpommern das Stammland von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Die mecklenburg-vorpommerischen Christdemokraten sehen die Schuld für das schlechte Abschneiden vor allem bei der Bundes-CDU und deren Flüchtlingspolitik. Der CDU-Spitzenkandidat Lorenz Caffier ist sich sicher: "Die Verunsicherung hat man in Berlin nicht immer genügend wahrgenommen."

Protest gegen die Bundespolitik

"Es gibt einen klaren Protest an der Stelle", gab CDU-Generalsekretär Peter Tauber zu. Michael Grosse-Brömer, parlamentarischer Geschäftsführer der CDU-Bundestagsfraktion, konstatierte im ZDF, die Unzufriedenheit mit der Politik der Großen Koalition in Berlin habe bei der Wahlentscheidung eine große Rolle gespielt. Dass die Bundesregierung gerade in der Flüchtlingspolitik manches geändert habe, schlage sich in dem Wahlergebnis noch nicht nieder, bedauerte er. Nun müsse man darauf hoffen, dass die neuen Akzente "Wirkung entfalten".

SPD-Wahlparty nach der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern (Foto: picture-alliance/dpa)
Die einen jubeln..Bild: picture-alliance/dpa/B. Wüstneck

Der SPD-Vizevorsitzende Ralf Stegner brachte auf den Punkt, was Politiker parteiübergreifend dachten: "Das ist eine schwere persönliche Niederlage für die Kanzlerin." Im Vergleich zum Koalitionspartner kann die SPD mit dem Wahlabend in Schwerin zufrieden sein. Zwar mussten auch die Sozialdemokraten Verluste hinnehmen. Sie gehen unter der Führung des amtierenden Ministerpräsidenten Erwin Sellering aber immerhin erneut als stärkste Partei aus der Landtagswahl hervor.

Dementsprechend selbstbewusst gab sich SPD-Parteichef Sigmar Gabriel: Sellering und die Landespartei hätten gezeigt, "was es bedeutet, wenn Sozialdemokraten erstens gute Politik machen und zweitens kämpfen". Er erinnerte daran, dass die SPD in dem Bundesland noch vor einigen Monaten mit Umfragewerten von 20 Prozent fast abgeschrieben worden sei. Selbstkritische Töne lies er beim Thema AfD verlauten. Alle Parteien müssten sich fragen, wie sie dafür sorgen könnten, "dass der Ärger der Menschen nicht bei der AfD landet".

"Ein ernsthaftes Problem"

Neben Merkels CDU erklärten sich auch Linke und Grüne zu ihrem schlechten Abschneiden. "Wir haben ein ernsthaftes Problem", bekundete der Linken-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Dietmar Bartsch, schlicht. Grünen-Parteichef Cem Özdemir machte für den Aufstieg der AfD vor allem die Querelen in der Berliner Koalition verantwortlich.

Zwei Die Link-Mitglieder nach der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern (Foto: dpa)
...die anderen können es nicht fassenBild: picture-alliance/dpa/U. Perrey

Nach einem Wahlergebnis von rund 21 Prozent sitzt die selbsternannte "Alternative für Deutschland" nun in neun der 16 Landesparlamente. Die AfD-Führungsriege feiert ihren Erfolg bereits als "historischen Sieg", wie Bundesparteivize Alexander Gauland auf einer Wahlparty euphorisch erklärte. "Das Ergebnis hat große Symbolkraft für die Bundestagswahl in einem Jahr", meint er. Der Thüringer Fraktionsvorsitzende Björn Höcke ist am Wahlabend sogar so beflügelt, dass er die 21 Prozent als "Minimalziel" für die Bundestagswahl ausgibt.

Die AfD-Bundesvorsitzende Frauke Petry sieht im Wahlerfolg ihrer Partei vor allem ein Signal gegen die bisherigen Parteien. "Das liegt daran, dass sie die Wähler zu lange nicht gehört haben", ist sich Petry sicher. Dass ein Teil der Wähler von der NPD zur AfD gewandert ist, will sie nicht als Problem sehen. Insgesamt sei das Ergebnis von Mecklenburg-Vorpommern eine "Klatsche für Merkel", findet die AfD-Spitzenfrau.

Das finden auch Rechtspopulisten aus ganz Europa, die am Abend der AfD zu ihrem Abschneiden in Mecklenburg-Vorpommern gratulierten. Auf Twitter schrieb etwa die Parteichefin des Front National: "Was gestern unmöglich schien, ist möglich geworden." Die CDU von Kanzlerin Merkel sei von den "Patrioten der AfD weggefegt" worden.

nin/kle (dpa, afp, rtr)