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Klarträume: Lebe deinen Traum

Liyang Zhao
25. September 2019

Jeder zweite Mensch hatte schon mal einen bewussten Klartraum. Es gibt ganz einfache Techniken, seine Träume zu steuern. Wer es einmal schafft, kann auch im Alltag davon profitieren.

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Frau und Labrador Retriever
Bild: picture-alliance/Arco Images GmbH/C. Steimer

Michel Best spaziert einen Strand entlang. Er schaut in den Horizont. Vom Meer aus ragen Inseln in den Himmel, als würde der Horizont zerfließen. Es ist wunderschön und zugleich surreal. Jetzt erst begreift Best: "Ich träume gerade." Ein paar Augenblicke später entscheidet er, dass er fliegen möchte und hebt ab, immer höher in den Himmel hinauf. Michel Best hat einen Klartraum.

"Es ist eine Welt ohne Grenzen", sagt Michel Best über seine Traumwelten. Tagsüber ist er Musiker. Die Inspiration für seine Song-Texte nimmt er aus seinen Klarträumen.

Ein Klartraum ist ein Traum, bei dem wir wissen, dass wir träumen. Die meisten Klarträumer können ihre Träume auch kontrollieren und den Ablauf beeinflussen. Etwa jeder Zweite hatte schon einmal einen Klartraum, manche öfter als andere.

Klarträumen ist messbar 

Bei Menschen, die häufig klarträumen, sind bestimmte Hirnbereiche stärker ausgeprägt. "Dazu zählt zum Beispiel ein Hirnbereich, der im Wachzustand aktiv ist, wenn wir über uns selbst nachdenken", sagt Neurowissenschaftler Martin Dresler von der Radboud Universität in Nimwegen. 

Martin Dresler untersucht Menschen im Schlaflabor. Wenn sie in einem Scanner schlafen, werden ihre Hirnaktivität und die Aktivität ihrer Augen und Muskeln gemessen. "Bei Klarträumen sind vor allem die Augensignale wichtig", erklärt Dresler.

Während der sogenannten Rapid-Eye-Movement-Phase des Schlafs (REM-Schlaf) bewegen sich die Augen der Schlafenden schnell hin und her. In dieser Schlaf-Phase finden die meisten Träume statt. 

"Es scheint eine Verbindung zwischen den Augenbewegungen und dem Traumgeschehen zu geben", sagt Dresler. Wenn man etwa im Traum nach links schaut, blicken die Augen des Schlafenden ebenfalls nach links.

Ein Klarträumer kann so ein Signal aus dem Traum an die Außenwelt senden. Dabei sollen die Probanden im Traum versuchen, vom linken zum rechten Ohr zu schauen. Diese große Augenbewegung signalisiert den Forschern dann, dass sich der Schlafende im Klartraum befindet.

Mehr dazu: Traumhafte Nächte – 5 Fakten zum Schlafen

Klarträumen lässt sich lernen

Michel Best
Michel Best singt von seinen KlarträumenBild: Eva Frank

Michel Best hatte mit sechs Jahren seinen ersten Klartraum. Mit zunehmendem Alter hat er sich immer mehr für die Wissenschaft dahinter interessiert. Durch Bücher, Videos und Foren lernte er einige Methoden, mit denen sich das Klarträumen trainieren lässt: "Was ich viel genutzt habe, waren sogenannte ‘reality checks‘", sagt Best.

"Reality checks" müssen erst im Wachzustand antrainiert werden. Die sind vergleichsweise simpel: Man prüft einfach tagsüber, ob man gerade träumt oder wach ist, indem man zum Beispiel seine Finger zählt, oder sich die Nase zuhält und trotzdem durch die Nase zu atmen versucht. 

Wenn man sich diese Frage tagsüber regelmäßig stellt, ist die Chance groß, dass man sich auch im Traum die Frage stellen kann: "Moment mal, ist das ein Traum?"

Ein Traumtagebuch kann ebenfalls helfen, etwa indem man Traumthemen identifiziert, die regelmäßig vorkommen. "Wenn ich immer wieder vom Haus meiner Kindheit träume, kann ich es mir tagsüber vorstellen und mich dann fragen: 'Ist das ein Traum?'", erklärt Traumforscher Martin Dresler.

Ist die Verbindung zwischen der Frage und der Szene geschaffen, passiert dasselbe wahrscheinlich auch im Traum. Das funktioniert dann ähnlich wie ein reality check.

Es gibt auch eine ganze Reihe an Angeboten im Internet. Uwe Krüger zum Beispiel hat Klarträumen durch ein Online-Seminar gelernt. "Für 27 Euro habe ich mir die Audios heruntergeladen. Dazu gab es auch pdf-Dateien mit zusätzlichen Informationen", sagt Uwe Krüger. Ein Monat nach dem Seminar hatte er seinen ersten bewusst herbeigeführten Klartraum. Später schloss er sich einem Klartraumforum an und machte Klarträumen zu seinem Lebensmittelpunkt.

Klarträume helfen Schizophrenie-Patienten

Krügers Interesse kommt nicht von ungefähr, denn er leidet unter Schizophrenie. Er hatte die Hoffnung, Klarträumen könne der Schlüssel zur Heilung sein. Tatsächlich können Klarträume durchaus bei dieser Krankheit helfen. Denn ein wesentliches Symptom der Schizophrenie ist, dass der Erkrankte nicht merkt, dass er sich gerade in einem kranken Zustand befindet.

"Das ist ganz ähnlich wie in einem normalen Traum, in dem wir auch nicht merken, dass wir träumen, egal wie absurd die Situation auch erscheint", sagt Traumforscher Martin Dresler. Durch ein Klartraumtraining kann die Einsicht in den eigenen Bewusstseinszustand gesteigert werden.

Mit der Zeit ging es Uwe Krüger durch das Klarträumen besser. Schritt für Schritt konnte er seine Tabletten absetzen. "Durch Klarträumen bin ich sensibler und achtsamer geworden", sagt Krüger. "In meinen Träumen habe ich mich selbst getroffen und bin bewusst in andere Personen eingetaucht, habe ihr Körpergefühl und ihre Gedanken erlebt." Heute studiert er Psychologie und wünscht sich, eines Tages Klartraum-Forscher zu werden. 

Im Traum zu Höchstleistungen

Neben der Schizophrenie-Behandlung gilt Klartraum-Training auch als eine erfolgreiche Albtraumtherapie. Wer während des Träumens merkt, dass es nur ein Traum ist, empfindet die Situation auch nicht mehr als so schlimm.

Auch Sportler nutzen Klarträume, um ihre Leistung zu verbessern. "Wenn ich mir eine Bewegung vorstelle, hat das fast so einen großen Effekt, als wenn ich die Bewegung tatsächlich durchführe. Im Klartraum ist es dann noch viel realistischer", so Traumforscher Martin Dresler. Vor allem bei Hochrisikosportarten kann es nützlich sein, die Bewegungsabläufe zunächst einmal im Traum auszuprobieren.