Keine einfachen Lösungen
3. November 2003Als "tragischen Tag" bezeichnete US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld den Sonntag, an dem mindestens 15 amerikanische Soldaten beim Abschuss ihres Hubschraubers im Irak umkamen. Dieser verlustreichste Angriff auf amerikanische Truppen ereignete sich bei Falludscha, einem besonders gefährlichen Ort im sogenannten "sunnitischen Dreieck" – in dem die US-Truppen – abgesehen von Bagdad - auf den stärksten Widerstand stoßen.
Ein trauriger Rekord – sicher. Besonders, nachdem die Zahl der amerikanischen Opfer seit der offiziellen Beendigung der Kämpfe gerade die der Opfer während des Krieges überstiegen hatte. Grund genug sicher nicht nur für die Amerikaner, die Situation gründlich zu überdenken.
Rückzug würde Lage verschlechtern
Sie werden die Dinge aber drehen oder wenden können wie sie wollen: Einen praktikablen Ausweg werden die Planer des Irak-Krieges nicht finden. Und es wäre ebenso unpraktikabel – und obendrein auch noch reichlich geschmacklos, wollte man den Amerikanern jetzt empfehlen, ihr Rückzug sei doch wohl das probateste Mittel, solche blutigen Ereignisse zu verhindern. Selbst wer den Krieg nicht gewollt hat, kann sich jetzt nicht vormachen, die Lage im Irak würde sich durch einen solchen Rückzug verbessern.
Wahrscheinlich wäre das Gegenteil der Fall. Denn dann würde sich vermutlich erst organisieren, was – trotz allen Anscheins – bisher so straff organisiert gar nicht ist. Es gibt heute keinen organisierten Volks-Widerstand gegen die Besatzer und der Irak ist weit entfernt davon, ein zweites Vietnam zu werden. In Fernost waren die Amerikaner einem breiten Widerstand konfrontiert, im Irak haben sie es weiterhin mit verschiedenen Gruppen zu tun, die jede für sich noch nicht ausreichende Organisationsstruktur aufweisen und die miteinander schon gar nicht können:
Zersplitterte Gruppen
Da gibt es die Anhänger des alten Regimes und Reste der "Fedayin Saddam" wie auch ausländische Söldner und da gibt es unzufriedene ehemalige Angehörige der Streitkräfte oder auch Iraker, die erst seit dem Krieg ihre Meinung über die Amerikaner geändert haben. Und es gibt Terroristen vom Schlage der "El Kaida"-Kämpfer, die jetzt im Irak zu verwirklichen suchen, was ihnen in Afghanistan nicht gelungen war: den Amerikanern empfindliche Verluste zuzufügen. Und mit den Amerikanern auch allen anderen Ausländern; UNO oder Rotes Kreuz – alle sind sie in ihren Augen Handlanger der USA.
So hat jede der Gruppen ihre eigenen Motive und es kann nicht von einem breiten Kampf gesprochen werden. Das zeigte besonders der am Wochenende verkündete Tag des Widerstandes, dem sich die meisten Iraker entzogen, indem wie zu Hause blieben.
Weitere Anschläge möglich
Gleichwohl können auch die verschiedenen Gruppen leicht großen Schaden anrichten: Waffen und Munition gibt es im Irak noch jede Menge, amerikanische Truppen braucht man auch nicht lange zu suchen und wenn man dann zwei Raketen auf einen der schwerfälligen Transporthubschrauber abfeuert, dann ist ein Treffer so gut wie sicher. Eigentlich verwunderlich, dass so etwas nicht schon früher geschehen ist. Und es kann jederzeit wieder geschehen. Wie Donald Rumsfeld bitter meinte: "In einem langen und harten Krieg werden wir tragische Tage haben"