Kaum Hoffnung für Vermisste nach Erdrutsch
25. Juni 2017Nach dem verheerenden Erdrutsch im Südwesten Chinas schwindet die Hoffnung, noch Überlebende zu finden. Die Aussicht, Verschüttete zu retten, sei "sehr gering", zitiert die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua Experten vor Ort. Bis Sonntag wurde nur eine dreiköpfige Familie aus den Überresten des verschütteten Dorfes in der Provinz Sichuan befreit. Mehr als 90 Dorfbewohner werden noch unter den teils meterhohen Geröllmassen vermisst. Zehn Leichen wurden geborgen.
In der Folge von heftigen Regenfällen war am Samstagmorgen ein Teil eines Berghangs abgebrochen. Eine tonnenschwere Lawine aus Schlamm, Geröll und riesigen Steinbrocken begrub das Bergdorf Xinmo unter sich.
Überlebender berichtet
Drei Menschen, ein junges Paar und sein ein Monat alter Sohn, überlebten die Katastrophe. Qiao Dashi, der Vater des Babys, sagte dem staatlichen Fernsehsender CCTV von seinem Krankenbett aus, er sei gegen fünf Uhr morgens durch das Schreien seines Kindes aufgewacht und habe ihm die Windel gewechselt, als es ein donnerndes Geräusch gegeben habe. "Das Haus wackelte, im Wohnzimmer waren Felsbrocken. Meine Frau und ich sind darüber geklettert, haben uns das Baby geschnappt und sind raus".
Wie auf Bildern der Staatsmedien zu sehen war, suchten Bergungskräfte und Spürhunde auch die Nacht über nach Verschütteten. An der Suche beteiligten sich laut Xinhua rund 3000 Menschen, darunter viele Soldaten und Polizisten. Sie versuchten mit Bulldozern, Seilen, aber auch mit bloßen Händen, die riesigen Felsbrocken wegzuhieven. "Die Vermissten könnten bis zu einer Tiefe von möglicherweise 20 Metern unter der Oberfläche des Gerölls stecken", berichtete Reporter Zheng Yibing vom Staatsfernsehen vor Ort. Staatspräsident Xi Jinping rief die Rettungskräfte auf, keine Anstrengungen zu scheuen, um mögliche Überlebende zu finden.
Weltweite Anteilnahme
UN-Generalsekretär António Guterres zeigte sich tief betroffen von der Tragödie und sprach den Angehörigen der Opfer sein Beileid aus. Auch Kremlchef Wladimir Putin kondolierte der chinesischen Führung in einem Telegramm. Bundeskanzlerin Angela Merkel übermittelte dem chinesischen Regierungschef Li Keqiang und den betroffenen Menschen ihre Anteilnahme, wie Regierungssprecher Steffen Seibert mitteilte.
Tao Jian vom örtlichen Wetterdienst sagte dem Staatsfernsehen, die bergige Umgebung sei durch ein Erdbeben im Jahr 2008 instabil geworden: "Schon schwacher Regen kann eine geologische Katastrophe auslösen." In den ländlichen und bergigen Gebieten Chinas kommt es nach heftigem Regen immer wieder zu tödlichen Erdrutschen. Einer der folgenreichsten ereignete sich 1991, als in der südwestlichen Provinz Yunnan 216 Menschen ums Leben kamen.
wo/stu (afp, dpa)