Kaum Chancen auf Staatshilfe für Arcandor
3. Juni 2009Beim angeschlagenen Karstadt-Mutterkonzern Arcandor sinken die Chancen auf eine Rettung rapide. Schon Mitte des Monats könnte das Geld ausgehen. Neuer Tiefschlag: In Brüssel hat man genau hingesehen und festgestellt, es gebe keine Grundlage für die beantragte Bürgschaft beim Bund. Begründung: Die Krise des Konzerns sei hausgemacht und habe nicht erst mit der Finanzkrise begonnen, ließ EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes mitteilen. Arcandor könne aber andere Beihilfen zur Rettung und Restrukturierung unter den üblichen Leitlinien beantragen.
Kriterien für Fördertöpfe nicht erfüllt
Auch aus Berlin, wo am Mittwoch (03.06.2009) wieder der Bürgschaftsausschuss des Bundes tagte, kamen negative Signale zu einer Förderung aus dem "Deutschlandfonds". Arcandor sei schon vor dem Stichtag 1. Juli 2008 in Schwierigkeiten gewesen, sagte auch Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg. Der Bürgschaftsausschuss - ein Gremium von Fachberatern mehrerer Ministerien - ist die erste Hürde, die Arcandor nehmen müsste. Wie die EU beteuerte auch Guttenberg, man wolle die Bittsteller nicht fallen lassen. Das Management müsse nun "andere Wege für Hilfen prüfen", und dies wolle die Regierung vor allem mit Blick auf die Arbeitsplätze "konstruktiv begleiten", übte sich der CSU-Minister in Beschwichtigungsrhetorik.
Metro will Karstadt übernehmen
Auch eine mögliche Fusion von Kaufhof und Karstadt könne zum Beispiel im Rahmen einer "Rettungsbeihilfe" oder eines Insolvenzverfahrens stattfinden. Metro-Vorstandschef Eckhard Cordes wird dazu bis Ende der Woche mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier (SPD) über eine mögliche Karstadt-Übernahme sprechen.
Cordes wolle die angeschlagene Warenhauskette mit Kaufhof zusammenlegen, berichtet die "Bild"-Zeitung in ihrer Donnerstagsausgabe (04.06.2009). Dabei sollen nach Informationen des Blattes 40 der insgesamt 206 Warenhäuser geschlossen werden. Von diesen 40 bedrohten Standorten könnten aber 20 Häuser als Elektromärkte - etwa Saturn - oder von anderen Handelsfirmen weitergeführt werden. Bei einem Zusammengehen beider Warenhaus-Unternehmen würden 5000 Vollzeitkräfte abgebaut werden. Auch diese Beihilfen müssten aber von der EU genehmigt werden und seien ebenfalls an sehr strenge Kriterien gebunden wie ein drastischer Kapazitäts- und Arbeitsplatzabbau.
Arcandor-Kredit läuft am 12. Juni aus
Arcandor-Chef Chef Karl-Gerhard Eick sieht die Staatshilfe als unabdingbar an, um den Konzern mit seinen über 50.000 Mitarbeitern in Deutschland vor der Insolvenz zu retten. Der Konzern argumentiert, dass er wegen des mangelnden Zugangs zum Kapitalmarkt in die derzeit schwierige finanzielle Situation geraten sei. 960 Millionen Euro müssen refinanziert werden, der Großteil bis zum 12. Juni. Weitere 900 Millionen Euro will Eick in den Firmenumbau stecken. In Berlin bemüht sich Eick um eine öffentliche Bürgschaft über 650 Millionen Euro und einen Kredit der Förderbank KfW über 200 Millionen Euro.
Und was tun eigentlich die Eigentümer?
Die in der großen Koalition höchst umstrittene Bürgschaft ist laut Arcandor Voraussetzung dafür, dass die Banken ein Gesamtfinanzierungskonzept mittragen. Derweil werben auch die Großaktionäre - die Privatbank Sal. Oppenheim und ein Pool um die Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz - in Berlin um eine Bürgschaft. Sal. Oppenheim soll bereit sein, eine geplante Kapitalerhöhung über 100 Millionen Euro anteilig mitzuzeichnen.
Ein Kredit von bis zu 70 Millionen Euro soll zudem kommen, falls die Großbanken dem Gesamtkonzept zustimmten. Aber einige Gläubigerbanken glauben offenbar nicht mehr daran, eine Insolvenz noch abzuwenden. Viele versuchten nur noch, möglichst ungeschoren aus der Krise herauszukommen, werden Berliner Insider von Korrespondenten zitiert.
(SC/fg/sam/rtr/dpa/ap)