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Kasachische Oppositionelle von EU enttäuscht

Anatolij Weißkopf / Markian Ostaptschuk5. Juni 2013

Aktivisten der Zivilgesellschaft in Kasachstan beklagen sich. Während seines Besuchs in Astana habe sich der Präsident der EU-Kommission, Jose Manuel Barroso, weder mit Oppositionellen noch mit NGO-Vertretern getroffen.

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Der Bajterek-Turm ist das Wahrzeichen der kasachischen Hauptstadt Astana (Foto: Marius Becker dpa)
Der Bajterek-Turm ist das Wahrzeichen der kasachischen Hauptstadt AstanaBild: picture-alliance/Marius Becker

Eine Politik der doppelten Standards gegenüber Kasachstan werfen Vertreter der kasachischen Zivilgesellschaft der EU vor. Die laufenden Verhandlungen zwischen Brüssel und Astana über ein neues Partnerschafts- und Kooperationsabkommen beträfen unmittelbar die kasachische Zivilgesellschaft, Menschenrechtsorganisationen und die Opposition des Landes. Deren Vertreter kritisieren, der Präsident der EU-Kommission, Jose Manuel Barroso, habe während seines Besuchs in der kasachischen Hauptstadt für sie keine Zeit gefunden.

Barroso hatte vom 2. bis 3. Juni 2013 Astana besucht. Medienberichten zufolge traf er sich mit Vertretern des Parlaments und der Regierung sowie mit Präsident Nursultan Nasarbajew. Ferner sprach der EU-Kommissionspräsident vor ausgesuchten Studenten der Eurasischen Nationalen Universität.

Oppositionelle finden kein Gehör

Mit Barroso gesprochen hätten gerne auch der kasachische Menschenrechtler Jewgeni Schowtis sowie die Leiterin der "Stiftung für parlamentarische Entwicklung in Kasachstan", Sauresch Battalowa. Aber nicht nur deren Wunsch fand kein Gehör. Bachytschan Toregoschina, Chefin der Nichtregierungsorganisation "Ar.Rukh.Khak" (Gewissen, Geist, Wahrheit) zur Stärkung demokratischer Prinzipien in Kasachstan, hatte Barroso im Vorfeld des Besuchs angeschrieben. "Gemeinsam mit unseren Menschenrechtsaktivisten wollte ich mit Barroso über die Lage der Menschenrechte und die politischen Gefangenen in Kasachstan sprechen", sagte Toregoschina der DW. Eine Antwort habe sie aus Brüssel nicht erhalten.

Portrait von Jose Manuel Barroso (Foto: AFP PHOTO/FREDERICK FLORIN)
Treffen mit Oppositionellen standen nicht auf Jose Manuel Barrosos Besuchsprogramm in AstanaBild: Frederick Florin/AFP/Getty Images

Auch der bekannte kasachische Oppositionelle Amirschan Kosanow zeigt sich enttäuscht. Bei Barrosos Besuch sei es um ein neues Partnerschafts- und Kooperationsabkommen zwischen der EU und Kasachstan gegangen. Das geplante Abkommen beinhalte eine Vertiefung der Beziehungen nicht nur im wirtschaftlichen, sondern auch im politischen Bereich. "Wenn Barroso sich nicht mit Vertretern der Zivilgesellschaft trifft, spielt er in die Hände des kasachischen Präsidenten", sagte Kosanow der DW.

Medien zeichnen positives Bild

Wenn es nach kasachischen Medien geht, waren die Gespräche ein Erfolg. Die Beziehungen zwischen Brüssel und Astana würden sich positiv entwickeln. Mit der geplanten Unterzeichnung eines neuen Partnerschafts- und Kooperationsabkommens werde eine neue Ära in den Beziehungen zwischen der EU und Kasachstan beginnen, so die kasachische Presse.

Was die Medien aber geflissentlich verschweigen, ist eine Bedingung für das neue Abkommen, die Barroso nannte. Vor Studenten der Eurasischen Nationalen Universität in Astana sagte er, dass "Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit Teil einer modernen Gesellschaft sind und durch einen offenen Dialog, politischen Pluralismus und eine lebendige Zivilgesellschaft gewährleistet werden müssen". Dieser Aspekt der Partnerschaft sei sehr wichtig für die Vertiefung der bilateralen Beziehungen.

EU setzt auf Wirtschaftsbeziehungen

In einer gemeinsamen Erklärung Barrosos und Nasarbajews findet sich jedoch kein Wort über Probleme, die es bei der Achtung von Menschenrechten sowie bei der Meinungs- und Pressefreiheit in Kasachstan gibt. Betont wird hingegen eine positive Entwicklung der europäisch-kasachischen Wirtschaftsbeziehungen. Insbesondere wird die Bedeutung Kasachstans für die EU als zuverlässiger Öllieferant hervorgehoben.

Wahlplakat mit einem Portrait von Nursultan Nasarbajew (Foto: DW)
Als Präsident regiert Nursultan Nasarbajew in Kasachstan seit dem Jahr 1990Bild: Anatolij Ivanow/DW

Berichten von Reporter ohne Grenzen (ROG) zufolge geht die Führung im rohstoffreichen Kasachstan inzwischen immer rigider gegen kritische Medien vor. Ende vergangenen Jahres seien wichtige unabhängige Zeitungen und TV-Sender geschlossen worden, weil sie zum Jahrestag an die blutige Niederschlagung eines Erdölarbeiter-Streiks im Vorjahr erinnert hatten. ROG zählt Nasarbajew zu den größten Feinden der Pressefreiheit weltweit. Wer über dessen Besitztümer oder Korruption in seinem Umfeld berichtet, kann im Gefängnis landen. Auf der aktuellen 'Rangliste der Pressefreiheit' der Organisation rangiert das zentralasiatische Land nur auf Platz 160 von 179 Staaten.