1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Karlsruhe prüft "Antiterrordatei"

6. November 2012

Sicherheitsgesetz auf dem Prüfstand: Das Bundesverfassungsgericht hat mit der Verhandlung über die "Antiterrordatei" begonnen. Kritiker sehen die Gefahr, dass auch Daten unbescholtener Bürger gespeichert werden.

https://p.dw.com/p/16dUt
Caption Akten zu einer Verfassungsbeschwerde gegen die Antiterrordatei werden vor Beginn der mündlichen Verhandlung auf die Richterbank gelegt (Foto: pa/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich verteidigte vor den Richtern in Karlsruhe das umstrittene  Gesetz. Dies sei ein "entscheidender Baustein der Sicherheitsarchitektur", sagte er bei der mündlichen Verhandlung über die Rechtmäßigkeit der sogenannten Antiterrordatei. Die Datei sei eine Antwort mit Augenmaß auf die in Deutschland immer noch bestehende konkrete Anschlagsgefahr. "Ohne sie würde der Kampf gegen den islamistischen Terrorismus eines Werkzeugs von ganz entscheidender Wirkung beraubt", betonte der CSU-Minister in Karlsruhe.

Gericht: Fülle von Fragen klären

Bei der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht wurden auch der Präsident des Bundeskriminalamts, Jörg Ziercke, und der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar gehört. Ziercke sagte, die Datei helfe, bei Hinweisen auf mögliche Terrorpläne schnell reagieren zu können. Schaar machte dagegen zahlreiche Mängel geltend.

Der Vorsitzende des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts, Ferdinand Kirchhof, sagte zu Beginnn der Verhandlung, der Senat müsse eine Fülle verfassungsrechtlicher Fragen klären. So wollten die Richter unter anderem prüfen, ob zu viele Daten von zu vielen Menschen gespeichert werden oder ob und inwieweit Polizei und Verfassungsschutz beim Informationsaustausch zusammenarbeiten dürften.  

Die Richter des Ersten Senats zeigten deutliche Bedenken hinsichtlich des Umgangs mit unbeteiligten Kontaktpersonen. Richter Johannes Masing bemängelte bei der Verhandlung unter anderem die Unbestimmbarkeit der Kritierien. So würden "Unterstützer von Unterstützern" erfasst. Das Urteil des Ersten Senats wird voraussichtlich im Februar nächsten Jahres verkündet.

Auch unbeteiligte Bürger von Datei erfasst?

Gegen das im Jahr 2006 beschlossene und seit 2007 aktivierte Gesetz hatte ein ehemaliger Richter aus Oldenburg Verfassungsbeschwerde eingelegt. Die Datensammlung sei verfassungswidrig, weil die Voraussetzungen der Datenspeicherung nicht klar geregelt seien, kritisierte der Kläger. Es könnten auch die Daten von Kontaktpersonen erfasst werden, die selbst keine terroristischen Aktivitäten unterstützten. Es sei für den einzelnen "praktisch unmöglich", definitiv Auskunft darüber zu erlangen, ob Daten über ihn gespeichert sind, erklärte der Anwalt des Klägers.

Außerdem würden erstmals Informationen der Geheimdienste und der Polizei verbunden. In dieser Zusammenarbeit sieht der klagende pensionierte Richter aber einen Verstoß gegen das Trennungsgebot von Polizei und Geheimdiensten.

Datei soll vor Terroristen schützen

Die "Antiterrordatei" soll zum Schutz gegen den internationalen Terrorismus den Informationsaustausch zwischen Behörden wie Polizei und Verfassungsschutz verbessern, indem sie Auskunft darüber gibt, wo weitere Daten gespeichert sind. Die Datensammlung von 38 Behörden umfasst neben Basisdaten wie Namen, Geburtsdatum und Wohnort auch Angaben zu Telefonanschlüssen, Bankverbindungen, Religionszugehörigkeit und Beruf.

Erfasst werden Terrorverdächtige und deren Kontaktpersonen, auch wenn sie unbeteiligt sind. Die Datei soll helfen, insbesondere islamistische Terroranschläge zu verhindern - durch einen schnellen Informationsaustausch zwischen den Sicherheitsbehörden. Derzeit sind nach Angaben des Gerichts mehr als 16.000 Personen erfasst.

kis/li (dpa, dapd, rtr, afp)