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PolitikAsien

Ukraine: Kann China Frieden stiften?

William Yang
14. März 2022

Im Westen hofft man, dass Peking seinen Einfluss in Moskau geltend macht, um den Krieg in der Ukraine zu beenden. Aber China hat selbst viel zu verlieren.

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China | Wladimir Putin und Xi Jinping vor den beiden Nationalflaggen
Die Präsidenten von Russland und China Wladimier Putin (l.) und Xi JinpingBild: Alexei Druzhinin/Sputnik/Kremlin Pool Photo via AP/picture alliance

Inmitten heftiger Kämpfe und gegenseitiger Anschuldigungen haben an diesem Montag die Unterhändler der Ukraine und Russlands eine neue Verhandlungsrunde per Videokonferenz begonnen - und wieder unterbrochen. Zuvor waren schon drei Gesprächsrunden gescheitert. Nicht erst jetzt legen viele Menschen ihre Hoffnungen deshalb auf China.

Hat Russland seinen Verbündeten in Peking um militärische und wirtschaftliche Hilfe gebeten? Am Sonntag haben amerikanische Medien unter Berufung auf nicht namentlich genannte US-Regierungsvertreter übereinstimmend berichtet, Russland habe China unter anderem nach wirtschaftlicher Unterstützung gefragt, um die Auswirkungen der Sanktionen zu begrenzen. 

Schnell folgte das Dementi aus Peking. Die USA hätten in letzter Zeit ständig Desinformationen gegen China verbreitet. Das sei bösartig, sagte ein Sprecher des Außenministeriums am Montag. Der Chefdiplomat der Kommunistischen Partei Chinas Yang Jiechi, der vom Rang höher als Außenminister Wang Yi und in seiner Zeit als chinesischer Botschafter in Washington (2001-2005) als "Tiger Yang" bekannt ist, wird sich am Montag mit dem Nationalen Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden, Jake Sullivan, in Rom treffen. Dabei sollte es nach US-Angaben auch um den russischen Angriffskrieg gehen. Zuvor hatte Sullivan die chinesische Regierung vor ernsthaften Konsequenzen gewarnt, falls China Russland bei der Umgehung internationaler Sanktionen unterstützen sollte.

USA Jake Sullivan
Jake Sullivan (Bild), Nationaler Sicherheitsberater des US-Präsident Biden, trifft Chinas Chefdiplomat Yang Jiechi am Montag (14.03.22) in RomBild: Manuel Balce Ceneta/AP Photo/picture alliance

China übt Zurückhaltung

Die Regierung in Peking unterhält partnerschaftliche Beziehungen zum Kreml und ist wirtschaftlich eng mit den NATO-Staaten verknüpft. "Es gibt keine Alternative. Wir können es nicht sein und auch nicht die USA", sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell vergangene Woche der spanischen Tageszeitung "El Mundo".

Peking aber hält sich bedeckt. Absichten, eine Vermittlerrolle einzunehmen, hat es bisher nicht signalisiert und es trotz wachsenden internationalen Drucks vermieden, den russischen Angriff zu verurteilen.

Sowohl der chinesische Präsident Xi Jinping als auch Außenminister Wang Yi appellierten zwar Anfang letzter Woche an beide Seiten, den Konflikt friedlich beizulegen und betonten den Respekt vor der "Souveränität und territorialen Integrität aller Länder". Mit "aller" meinten sie aber explizit auch Russland. Denn China teilt den Standpunkt Moskaus, dass der Krieg eine Reaktion auf vermeintliche Provokationen der NATO sei - etwa der voranschreitenden Osterweiterung.

Bekenntnis zu Russland als Partner

Außenminister Wang bezeichnete Russland als wichtigsten strategischen Partner und betonte Chinas Willen, diese Partnerschaft weiterzuentwickeln, "egal wie gefährlich das internationale Umfeld" werde. Am Donnerstag dann soll er in einem Telefonat mit seinem französischen Amtskollegen Jean-Yves Le Drian erstmals von einem "Krieg" in der Ukraine gesprochen haben.

Danil Botschkow vom Russian International Affairs Council in Moskau glaubt dennoch, es sei unwahrscheinlich, dass China sich freiwillig in die Vermittlerrolle zwischen der Ukraine und Russland begeben werde, weil es dann im Zentrum der internationalen Aufmerksamkeit stünde: "Das würde China unvermeidlich in den Fokus dieser Krise rücken und alle Beteiligten würden jeden Schritt genauestens prüfen", sagte er der DW.

"Grenzenlose" Freundschaft

Auch Andrew Small vom German Marshall Fund sieht Peking nicht willens, mehr zu tun, als den Wunsch nach Frieden zu äußern: "Ich glaube, dahinter steckt, dass es Russland den Freiraum lassen möchte, zu tun, was es will." China habe in der Vergangenheit meist dann eine Vermittlerrolle eingenommen, wenn es um "Kleine-Bruder-Staaten" wie Nordkorea oder Pakistan gegangen sei, wo China das Sagen habe und auf die es sich ein Stück weit verlassen könne: "China würde sich nicht wohlfühlen, auf Russland zu vertrauen, und es dürfte bezweifeln, dass das Erfolg hätte."

Neue Großmacht-Achse gegen den Westen?

In den zurückliegenden Monaten haben sich China und Russland noch einmal deutlich angenähert. Nach ihrem persönlichen Treffen Anfang Februar sagten die Präsidenten Wladimir Putin und Xi Jinping, die Freundschaft ihrer Länder sei "grenzenlos". In Summe kommen viele Beobachter zu dem Schluss, dass Peking seine Beziehungen zu Moskau nicht aufs Spiel setzen wird, obwohl - oder auch weil - Russland sich in einer schwierigen Lage befindet.

Was sich China von Russland erhofft

"Bedenkt man Putins starken kriegerischen Willen, die Notwendigkeit für ihn, seine Minimalziele in diesem Krieg zu erreichen, und Chinas Abhängigkeit von einer strategischen und militärischen Partnerschaft im Allgemeinen, kann man ernsthaft bezweifeln, dass Peking fähig oder willens ist, Putin substanziellen Einhalt zu gebieten", sagt Shi Yinhong, Professor für internationale Beziehungen an der Renmin Universtität in Peking.

Sari Arho Havrén vom Berliner Mercator Institute for China Studies (MERICS) betont, dass die Partnerschaft mit Russland China helfen könnte, die Weltordnung mitzugestalten und sich seinen eigenen geopolitischen Zielen zu nähern. Russlands zunehmend kritische Wirtschaftslage könne China zudem Investitionsmöglichkeiten eröffnen: "Mit diesen Investitionen könnte China möglicherweise seinen künftigen Energie- und Rohstoffbedarf decken, sich unabhängiger vom Westen machen und die eigene Autarkie stärken."

Hoffnungen des Westens "unangebracht"

Didi Kirsten Tatlow vom German Council on Foreign Relations hält die Hoffnungen, China könne sich als aktiver Vermittler einbringen, sogar für "ziemlich unangebracht": "Selbst wenn Peking kurzfristig vermitteln kann, lädt man es damit im Grunde ein, über etwas Kontrolle zu übernehmen, das extrem wichtig für demokratische Länder ist. Damit versetzen sich demokratische Länder in eine sehr schwache Position."

Der Russland-Experte Botschkow betont, dass das russische Vorgehen dem im Februar formulierten Ziel entspricht, die US-dominierte Weltordnung zu beenden. Dass Xi Putin an den Verhandlungstisch bringen könnte, glaubt Botschkow ohnehin nicht: "Putin hat es begonnen und er wird es bis zum bitteren Ende durchziehen", sagt er. "Die Frage ist nicht, wer ihn beeinflussen kann, sondern wann er befindet, dass er seine ursprünglichen Ziele erreicht hat."

Aus dem Englischen von Jan D. Walter.