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Kampf der Saubermänner

Ingrid Lommer/sams1. Mai 2005

Ordnung ist ein Aufreger-Thema - nicht nur in Deutschland. Während hierzulande Hundehäufchen das größte Ärgernis zu sein scheinen, ist es in China das Spucken. Und Singapur kämpft seinen titanischen Kampf gegen Schmutz.

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Eklig und manchmal auch gefährlichBild: dpa

Der Chinese an sich spuckt auf den Boden. Immer und überall. Das war schon immer so und auch groß angelegte Anti-Rotz-Kampagnen konnten dem chinesischen Mann diese Unsitte nicht austreiben. In Indien ist das Phänomen ähnlich verbreitet - wobei dort das spezielle Rotz-Rot beim Unwissenden für besondere Besorgnis sorgt. Es sei aber kein Blut, wie Reiseführer vorsorglich aufklären, sondern "nur" die Einfärbung durch Kautabak. Beruhigend.

Plakatkampagne gegen SARS
Plakate warnen in China, nicht auf den Boden zu spucken.Bild: dpa

Unschön bleibt das wilde Gespucke aber fraglos - fraglich ist nur, wie man dagegen vorgehen will. Schließlich wird nicht nur Ekel, sondern auch die Ausbreitung von Krankheiten wie TBC und SARS gefördert. Singapur versucht seit vielen Jahren sozialverträgliches Benehmen mit drakonischen Strafen durchzusetzen. Wer dort spucken will, muss flüssig sein: 1000 Singapur-Dollar, mithin fast 500 Euro, sind vom unbelehrbaren Spucker fällig, wenn in flagranti erwischt. In China sind vergleichsweise moderate fünf Euro zu entrichten - und es wird kräftig weitergespuckt.

Kippen, Kot und Kottern

Natürlich darf man auch auf hiesigen Straßen nicht immer wie und wo man vielleicht möchte. Gegen Sprayer wird das Strafgesetzbuch in Stellung gebracht - und alles andere regeln Straßenordnungen der Städte. Hier ist alles festgelegt, was man für regelnswert hält, aber weder in der Straßenverkehrsordnung noch im Strafgesetzbuch beschrieben ist. Lärmbestimmungen finden hier ebenso ihren Platz wie Verordnungen über Gesundheit und Sauberkeit. Was gehört außer Spucken noch dazu? "Wegwerfen von Papier, Hundekotverschmutzungen, das Wegschnippen von Zigarettenkippen", zählt Hans Oster, der Leiter des Kölner Ordnungsamtes, auf. "Auch die Damen und Herren, überwiegend die Herren, die glauben, sie können sich an jede Hauswand stellen, sind dran."

City Pissoir
Ein besonders schwerer FallBild: dpa

70 Ordnungshüter patrouillieren durch die Straßen und halten Ausschau nach Ausspuckern, Wildpinklern und anderen Umweltverschmutzern. Sich auf den Straßen von Köln daneben zu benehmen, kann für den Übeltäter nach dem jüngst deutlich verschärften Bußgeldkatalog inzwischen richtig teuer werden. Einige Vergehen werden jetzt nach Ermessen der Ordnungshüter gestaffelt geahndet. Zum Beispiel das Wildpinkeln: "Wir hatten früher den Durchschnittssatz von zehn Euro. Heute müssen wir aber feststellen, dass es Verhaltensweisen gibt, die durchaus mit 35 Euro angemessen zu ahnden sind", sagt Oster. Pinkeln im besonders schweren Fall bedeutet beispielsweise auf einem Platz im hellen Tageslicht. Abends auf der Grünfläche ist's dann billiger.

Bußgeld für das Bewusstsein

Vorbildlich findet das die Präsidentin des Deutschen Städtetages, Petra Roth (CDU). "Die von der Stadt Köln beschlossenen Bußgelder könnten "als Modell für andere Städte in Deutschland dienen", sagte die 60-Jährige in der "Bild"-Zeitung." Mit hohen Bußgeldern könnten die Städte das Bewusstsein der Bürger für Sauberkeit schärfen, meint die Politikerin.

Für ein Hundehäufchen auf den Straßen löhnt man in Köln zwischen 35 und 250 Euro. In Singapur wird das Bewusstsein noch ein bisschen stärker geschärft. Dort werden die "Vorschriften zur Wahrung der öffentlichen Ordnung" so streng ausgelegt, dass sogar das Auswärtige Amt der gewöhnlich doch so reinlichen Schweiz warnt. "Unter anderem werden folgende Delikte mit Bußen, Haftstrafen und/oder Stockhieben geahndet: Wegwerfen von Abfall (inklusive Zigarettenstummel etc.), Spucken, Einfuhr und Verkauf von Kaugummi." Selbst wer auf öffentlichen Toiletten nicht spült, muss zahlen.

Kampf dem Kaugummi

Aber auch der rigide Inselstaat musste inzwischen eine Schlappe im Kampf gegen den Erzfeind der öffentlichen Ordnung einstecken: Gegen den Kaugummi. Singapur verbot 1992 generell die Herstellung, den Import und den Verkauf. Nach zwölf Jahren strikten Verbots wurde jetzt der Verkauf medizinischer Kaugummis wieder zugelassen - nur in Apotheken und nur an registrierte Käufer. Apotheker, die bei der Abgabe leichtfertig auf die Angabe von Namen und Passnummer des Käufers verzichten, müssen mit Haftstrafen bis zu zwei Jahren und einer Geldstrafe von 5000 Singapur-Dollar (2400 Euro) rechnen.